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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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ein bisschen durcheinander, mehr nicht,
wo doch jetzt ans Licht gekommen ist, was Mum dem armen Mädchen angetan hat.
Ich hab an sie gedacht. Natürlich auch an dich. Wo bist du?«
    »Ich bin in Heathrow. Ich bin eben durch die Zollabfertigung.«
    Beim heiligen Känguru, sie war hier? Was wollte sie?
Hoffte sie, es würde was von meinem Geld in ihren Beutel springen? Es hatte
alles in der Zeitung gestanden. Fünfzig Riesen Entschädigung mindestens,
meinten die Anwälte, womöglich eine Viertelmillion. Anscheinend war sie in den
nächsten Flieger gestiegen, als sie davon erfahren hatte. Ich sah sie förmlich
schon, wie sie mich umgarnte, als wäre ich ihr Ein und Alles. »Komm und leb bei
uns, Dad. Fang ein neues Leben an.« Na, sie würde keinen roten Heller kriegen.
Das konnte sie sich abschminken.
    »Du kommst extra deinen alten Dad besuchen. Ich kann es
kaum fassen. Ich bin so was von gerührt, Schätzchen, ob du's glaubst oder
nicht. Ich meine, es muss schwer für dich sein, die Mutter wandert ins
Gefängnis und der Vater kommt raus - ein bisschen so wie die Wetteruhren, die
sie in der Schweiz haben. Trotzdem. Kein Grund für uns, nicht zu feiern. Wie
sind deine Pläne? Kommst du direkt her?«
    »Eher nicht. Ich fahr zuerst zu Scotland Yard. Ich möchte,
dass sie noch mal Robins Tod untersuchen. Ich weiß, du hast ihn umgebracht, du
Scheißkerl, und diesmal werd ich's beweisen. Ich bring dich wieder in den
Knast, Dad, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
    Und sie legte auf. Nicht der schönste Anruf, den man sich
für den ersten vollen Tag in Freiheit erhoffen würde, aber was soll's. Torvill
sah mich an, ganz vorwurfsvoll.
    »Vielleicht hatte sie einen schlechten Flug«, spekulierte
ich. »Vielleicht hat Audrey ihr den Floh ins Ohr gesetzt. Ja, das wird's sein.
Konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ich wieder zu Hause bin, wo ich
hingehöre. Jedenfalls, hier kriegt mich keiner mehr raus, das schwör ich dir,
schon gar nicht Meister Parker. Es war seine Schuld. Er hätte eben nicht...«
    Ich verstummte. Ich war noch nicht so weit, ihr alles zu
erzählen. Wir waren schon zu lange ein Team, Torvill und ich. Sie hatte mir
geholfen, so manche harte Zeit im Knast durchzustehen. Das macht das Gefängnis
mit dir, du begreifst, wer deine Freunde sind, auf wen du dich verlassen
kannst. Torvill war eigen. Wenn ich ihr erzählen würde, was ich getan hatte,
könnte sie mir das krummnehmen.
    Robin Parker war Carols erster Verlobter gewesen. Sie
hatte eine Reihe Freunde gehabt, ehe sie bei ihm landete, überwiegend
Australier, die sie hier anschleppte, nur um mich sauer zu machen. Was sie an
ihr fanden, war mir schleierhaft, aber sie bissen an, schlürften Tee bei uns auf
der bequemen Ausziehcouch, mit Beinen wie ein tropischer Regenwald, faselten
ohne Ende darüber, wie toll es doch wäre, am Weihnachtstag im Adamskostüm
herumzuhüpfen, und Carol wackelte mit dem Kopf, als könnte sie's kaum erwarten,
dabei zu sein. Mir rollte es glatt die Zehennägel auf, wenn ich sah, wie sie
sich benahm, an den Lippen der Typen hing. Und genau das vergraulte sie letzten
Endes alle. Wer will schon eine nickende Klette als Freundin? Ich kriegte schon
vom Zuhören Gänsehaut.
    Robin hatte keinen Tropfen australisches Blut in den
Adern. Bis er von dem Berg stürzte, war ich nicht sicher, ob er überhaupt Blut
in den Adern hatte. Die Australier schleppten Carol wenigstens hin und wieder
ab, gingen mit ihr irgendwohin, wo sie ungestört waren, um sie mal ordentlich
ranzunehmen. Sie verstehen schon, wenn von »down under« die Rede ist, muss
damit nicht unbedingt ein Besuch im Opernhaus von Sydney gemeint sein. Aber
Robin, Robin interessierte sich für das alles nicht. Er hatte Tieferes im Sinn.
    Sie hatte ihn im Zug kennengelernt, auf der Fahrt von
London zu uns. Sie war arbeitslos und konnte sich das Zimmer in der WG nicht
mehr leisten. Im ersten Monat durften wir ihn nicht sehen, danach kam er eine
Zeit lang immer dann vorbei, wenn ich tagsüber eine längere Tour hatte. Das,
was ich über ihn hörte, fand ich nicht so prickelnd. Er war an der Uni
gewesen. Er war ein Besserwisser mit zig Abkürzungen vor seinem Namen. Er
kochte gern und ging gern bergwandern und hatte zu Carol gesagt, ihre Nase
hätte die gleiche Form wie der Zinken von dieser englischen Königin vor ewiger
Zeit - Matilda die Unglückliche oder so. Er war in unsere Gegend gekommen, um
oben auf dem Kliff den Grabhügel, den wir Beule nannten, unter die Lupe

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