Binding, Tim
wirklich
abstoßend, aber falls ja, warum dann die Ausziehcouch, warum die Dusche und
warum der Wintergarten, ihre Zähne tief im Kissen mit dem Jesuskindmotiv, das
Audrey aus Lourdes mitgebracht hatte?
Und dann wurde mir klar, was es mit dieser Postkarte
wirklich auf sich hatte. Audrey hatte die Sache von Anfang an geplant, mit
Michaela, und das wahrscheinlich schon, bevor ich entlassen und sie eingelocht
worden war. Fisch an der Angel? Michaela war gar nicht die Drahtzieherin in der
ganzen Sache. Michaela war der Köder. Ich meine, wer sollte denn den Fisch
stehlen, das ganze Risiko auf sich nehmen? Meine Wenigkeit. Und weswegen? Wegen
dem, was Michaela mir versprochen hatte. Aber vielleicht hatte Michaela die
Frau ja gar nicht auf dem Kliff getroffen. Vielleicht hatte sie sich das alles
bloß ausgedacht, damit ich ihr half, Rumps Fisch zu klauen. Das war ganz klar
Audreys Handschrift. Ich sah förmlich vor mir, wie es abgelaufen war.
Michaela erzählt Audrey, sie hätte nicht übel Lust, Rump
seinen heiß geliebten Fisch zu klauen, um an das Geld zu kommen, das rechtmäßig
ihr gehören müsste, in Anbetracht all der Jahre, die sie es mit ihm ausgehalten
hat. Zweihunderttausend Mäuse für seinen blöden Fisch! So ticken diese Frauen
doch, oder? Bonsai-Idee, sagt Audrey, aber wie willst du den kleinen Scheißer
klauen? Keine Ahnung, sagt Michaela, mit einem großen Netz? So einfach ist das
nicht, erwidert Audrey, denn sie weiß schließlich Bescheid. Das sind
temperamentvolle Biester, diese Fische. Ah, ich weiß, wir bringen Al dazu, dir
zu helfen. Der kennt sich mit Fischen aus. Und wieso zum Teufel sollte dein
Exmann mir helfen?, sagt Michaela, die nicht richtig einschätzt, wie tief
Audreys perverser Verstand sinken kann. Du bietest ihm was an, dem er nicht
widerstehen kann, sagt Audrey, die jetzt unter den Armen schwitzt, wie immer,
wenn sie unnatürlich erregt ist. Michaela läuft es kalt den Rücken runter. Du
willst doch wohl nicht, dass ich ... Audrey lacht. Nein, obwohl du dich schon
ein bisschen aufbrezeln solltest, damit er Stielaugen kriegt, abgelenkt ist.
Nein, du sagst ihm, du weißt über die Frau auf der Klippe Bescheid, die, die er
in Wirklichkeit runtergestoßen hat. Sag ihm, du hast sie gesehen, sag ihm, du
hast mit ihr gesprochen. Mach ein Geschäft mit ihm. Wenn er Rumps Fisch
stiehlt, erzählst du ihm alles. Er wird es wissen wollen. Er weiß, er sollte
besser die Finger davon lassen, aber er wird nicht anders können. So ist er nun
mal.
Und dann haben die zwei sich totgelacht, hundertpro, sind
vor lauter Freude zusammen ins Bett, haben sich in den Kissen gewälzt, ein
vierbrüstiges Sandwich, mit dem guten alten Al Greenwood als Füllung
dazwischen. Ich hatte gedacht, jetzt, wo sie im Knast war, wäre ich sicher vor
ihr, aber nein, sie hockte in ihrer Zelle, während ihre Klamotten hier im
Zimmer nebenan lagen, und wartete darauf, von Michaela zu hören, wie die Sache
lief, mit Rump, dem Fisch und mir.
Ich brauchte einen Drink, aber keinen Whisky, den ich
allein trank, oder einen Sherry mit Mrs B. Diese ganzen irren Frauen gingen
mit gehörig auf den Senkel. Ich musste in den Pub, mir ein paar Gläser
Testosteron genehmigen, mich richtig besaufen, rumflachsen, mich ein bisschen
zoffen, wieder ein Mann sein. Das Spread Eagle rief mich.
Doc war nicht da, aber dafür Mickey Travers. Mickey war
ein kleiner Kerl mit einem Gesicht wie eine zerdrückte Banane, dünn,
Säuferbeine, piepsige Stimme, wie eine von diesen alten 33er-Langspielplatten,
wenn sie mit 45 Umdrehungen abgespielt werden. Er trug einen Pork-Pie-Hut, den
er nie abnahm, wenigstens hatte ich ihn nie ohne gesehen. Die Travers und die
Stokies waren Todfeinde, weshalb er in der Vergangenheit nie viel mit mir
gesprochen hatte, weil Kim Stokie mein direkter Nachbar gewesen war, aber
jetzt, wo Kim nicht mehr da war, hatte sich das Blatt gewendet. Er streckte mir
die Hand hin. Ich drückte sie fest. Er war selbst mal im Gefängnis gewesen.
Weil er ein Fischerboot von den Stokies abgefackelt hatte.
»Doc war vorhin hier. Hat mir erzählt, du suchst eine
Kettensäge«, kam er gleich zur Sache. »Ich hab genau das Richtige. Mavis sagt,
entweder sie geht oder die Säge, und für Mavis würde ich jetzt wohl nicht mehr
viel kriegen, nach dem, was passiert ist. Mavis, zeig ihm deine Hand.«
Wir drehten uns zu zwei Frauen um, die in der Ecke saßen,
Mavis, seine bessere Hälfte, mit seiner ältesten Tochter Mary. Carol und Mary
waren als
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