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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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eine Flipperkugel, bis ich
schließlich im Wintergarten landete, das verflixte Set noch immer in der Hand.
Wir hatten einen Holzbrennofen dort stehen, Audrey hatte ihn gekauft, nachdem
sie einen Film über die Rettung des Regenwaldes am Amazonas gesehen hatte. Sie
musste da was missverstanden haben, denn das brutale Scheißding mit zwei
Klapptüren vorne und einer langen Auffangschublade für die Asche verschlang
Holz wie ein australisches Buschfeuer. Ich riss die Schublade auf, stopfte das
Set hinein und rammte sie wieder zu, dann lief ich in die Küche und holte aus
dem Schrank unter der Spüle das Kehrblech, fegte die verräterische Asche auf,
die herausgefallen war, verstaute das Kehrblech wieder unter der Spüle und nahm
mir ein Bier aus dem Kühlschrank. Ich konnte es kaum richtig eingießen, so
zitterten mir die Hände.
    Ich ging zurück in den Wintergarten, setzte mich und
starrte auf den verdammten Ofen. Er hockte da, gedrungen und schwarz, und
starrte zurück, als würde jeden Moment eine seiner Türen auffliegen wie bei
einer Kuckucksuhr, und das Geheimnis würde herausgesprungen kommen. Es war
ein ziemlich bescheuertes Versteck, oder? Was stimmte denn mit der Matratze
nicht? Ich meine, Carol würde sich wohl kaum auf mein Bett legen, wohingegen
der Wintergarten ... Was, wenn es plötzlich kalt wurde? Ich zündete mir eine
Kippe an, versuchte, mich zu beruhigen. Durchs Fenster sah ich, dass in Kim
Stokies Haus Licht brannte. Michaela war zurück. Zog sich wahrscheinlich um,
ehe sie die Karte an Audrey fertig schrieb. Abstoßend, der würd ich's zeigen.
Natürlich war die Karte nicht ausdrücklich an Audrey gerichtet. Da stand nur
Grübchenhase als Anrede. Hatte Audrey Grübchen? Sie hatte Pickel. Aber
Grübchen? Ich konnte mich nicht erinnern. Vielleicht war die Karte ja gar nicht
für Audrey. Vielleicht war sie für diesen Vogel Nelson. Vielleicht kriegte er
Grübchen, wenn er es ihr besorgte. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.
    Ein Schatten fiel auf mein Glas. Carol stand vor der Terrassentür
und schaute herein. Ich setzte mich mit einem Ruck auf, ließ die Kippe ins
Bierglas fallen. Sie trug so eine große dunkle Brille und hatte in jeder Hand
eine lange, gruselig aussehende Schachtel. Sie hatte es geschafft, obwohl Mary
sich verplappert hatte: Sie hatte mich überrascht.
    »Carol!« Ich sprang auf, öffnete die Tür, umarmte sie. Sie
wich nicht zurück, erwiderte die Umarmung aber auch nicht. Sie stand einfach
da, hielt sich an ihrem Gepäck fest. Ich erkannte sofort, was es war, weil
Audrey mal etwas Ähnliches von der Costa del Sonnenbrand mitgebracht hatte.
Gigantische Stangen Toblerone. Genau das, wonach sich jede heimwehkranke
Magenschleimhaut sehnt.
    Ich selbst habe diese Sucht von Urlaubern nach überdimensionalen
Stangen Toblerone nie verstanden. Die normal großen, meinetwegen. Du fährst in
Urlaub, du ruinierst deine Geschmacksknospen, auf der Rückreise kaufst du dir
eine Stange Toblerone. Aber anscheinend reicht das nicht, weil du auf Flughäfen
diese Monsterexemplare kaufen kannst, einen knappen Meter lang, anderthalb
Kilo schwer, mit Zacken wie diese Betonhöcker, mit denen die Deutschen die
Strände in der Normandie gepflastert hatten, um unsere Panzer an der Landung
zu hindern. Obendrein verpassen sie ihr eine Pappschachtel im Al-Capone-Stil
mit einem passenden Pappgriff. Wenn du so ein Ding durch die Passkontrolle
trägst, mit einer Sonnenbrille auf und einem Hawaiihemd an, siehst du haargenau
so aus wie der, der du bist, ein Volltrottel, der aus dem Urlaub kommt. Aber
Carol hatte zwei. Sie sah ein bisschen anders aus. Sie sah ein bisschen irre
aus, ein bisschen gefährlich, ein bisschen schokogangstermäßig. Ich weiß selbst
nicht, warum, schließlich hielt sie nicht gerade große Stücke auf mich, aber
irgendwie freute ich mich richtig, sie zu sehen. Mein eigen Fleisch und Blut
eben.
    »Was willst du denn damit?«, fragte ich und deutete auf das
tragbare Blutbad.
    »Die hab ich am Flughafen gekauft. Eine ist für Mary
Travers. Du erinnerst dich bestimmt nicht mehr an sie.«
    »Aber klar doch. Sie hatte doch dieses Pferd, Bamber.
Braun-weiß.«
    Carol wirkte baff, dass ich mich erinnern konnte.
    »Und die andere? Schätzchen, das wäre doch nicht nötig
gewesen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die ist für Robin«, sagte sie
und schwenkte sie auf und ab. »Wenn ich dich hinter Gitter gebracht hab, gehe
ich rauf aufs Kliff und esse sie in Gedenken an ihn. Toblerone war

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