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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fischnapping
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streu was davon ins
Wasser, sobald ich sie drinhabe, das wird sie während des Transports bei Laune
halten. Aber wir müssen sie auf alle Fälle so schnell wie möglich herbringen,
klar?«
    Sie nickte. »Verstanden. Ein toter Fisch nützt keinem was.
Gummihandschuhe?«
    Ich klopfte auf meine Tasche. »Gummihandschuhe, Handy,
alles hier drin.«
    »Ich hab dir was mitgebracht«, sagte sie. Sie griff in
ihre Tasche und holte ein T-Shirt heraus, faltete es auseinander. Vorne drauf
saß ein Typ in Badehose und Sonnenbrille rittlings auf einem Hai. Der Hai
durchpflügte die Wellen, mit einem Bikini-Mädchen zwischen den Zähnen. Er
lächelte.
    »Soll ich das jetzt anziehen?«
    »Wenn du willst.«
    »Heben wir es auf, bis die Sache über die Bühne ist.« Ich
gab es ihr zurück und nahm die Schlüssel von Carols Mietwagen.
    Michaela folgte mir nach draußen, sah enttäuscht aus. »Wir
fahren also nicht mit dem Citroen.« Sie klang auch enttäuscht.
    »Der hat die letzten dreihundert Jahre in einer Garage
gestanden. Wir wissen nicht, wie zuverlässig er ist, oder? Außerdem war er 1987
zuletzt beim TÜV. Auto ohne TÜV, unsicherer Motor, Mutter Teresa auf der
Rückbank. Könnte Probleme geben. Deshalb die Nuckelpinne.«
    Die Hinfahrt zog sich, war angespannt. Während der ersten
zwanzig Minuten sagten wir beide kein Wort. Das ist am besten so, vor einem
Coup. Dann fuhr sie mit der Hand an meinem Bein hoch.
    »Ein Jammer, das gestern. Du warst so ... kraftvoll, und
auf einmal ist alles einfach zusammengesackt. Hast du Probleme in der
Hinsicht?«
    Na toll. Eine vertrauensbildende Gesprächseröffnung wie
aus dem Lehrbuch.
    »Nur wenn ich mit dem Kopf über einem hundert Meter tiefen
Abgrund hänge«, erwiderte ich. »Audrey muss es so ähnlich ergangen sein, als
sie über dem Fluss baumelte. Da vergeht einem die Lust auf Gefummel in all
seinen vielfältigen Formen. Wie auch immer, Schluss mit dem
Kummerkastengequatsche. Hast du den Erpresserbrief?«
    Sie klopfte auf ihre Umhängetasche.
    »Was steht drin?«
    Sie faltete die Hände. »>Falls Sie Ihren Fisch
wiedersehen wollen, heben Sie bis Freitag £ 100 000 ab und warten Sie am
Telefon auf Anweisungen. Ein Anruf bei der Polizei, und er verwandelt sich in
Fischstäbchen.< Hier, nimm du ihn«, sagte sie und zog den Brief aus der
Tasche. »Du musst ihn irgendwo hinlegen, wo er deutlich zu sehen ist.«
    Ich nahm ihn, legte ihn mir auf den Schoß. »Prima. Und was
kriege ich von den hundert Riesen?«
    Sie tätschelte mir das Knie. »Du kriegst mich, Al, auf einer
Kreuzfahrt nach Rio. Wenn du willst, erfährst du auch, was die Frau auf dem Weg
zum Kliff hoch als Letztes zu mir gesagt hat.«
    Ich hätte fast eine Vollbremsung gemacht. »Was sie als Letztes
gesagt hat? Davon war nie die Rede. Du hast gesagt, du hättest mir schon alles
erzählt.«
    »Hab ich doch auch, oder etwa nicht? Aber wie hätte ich
mir sicher sein können, dass du die Sache hier auch wirklich durchziehst?
Anreize, ohne Anreize läuft nichts auf der Welt, eine kleine Karotte, ein
kleines Stöckchen ...« Sie beugte sich zu mir, knabberte an meinem Ohr. »Ganz
schön aufregend, nicht?«
    Als wir die Küste erreichten, wurde die Straße schmaler,
und es wimmelte von Urlaubern, die einen Ausflug ans Meer machten. Der
Parkplatz lag rund eine halbe Meile vom eigentlichen Strand entfernt. Michaela
löste ihren Sicherheitsgurt.
    »Du parkst den Wagen«, sagte sie. »Ich gehe schon mal und
miete das Tretboot. Spart Zeit.« Sie pflanzte sich den Hut auf den Kopf und
marschierte los.
    Ich zahlte meine drei Pfund fünfzig und kurvte herum, bis
ich eine Lücke in der Nähe vom Ausgang fand, in die ich rückwärts einparkte.
Ein altes Paar saß vorn in seinem Fünftürer, das Radio eingeschaltet. Sie
hielten Händchen und aßen Sandwiches, dem Geruch nach mit Krabben. Ich weiß, es
hört sich dämlich an, aber genau so war's: Er mampfte mit der rechten Hand, sie
mampfte mit der linken. Auf einmal fühlte ich mich traurig und leer, als ich
die beiden da so sitzen sah. Sie beobachteten, wie ich die Kühlbox aus dem
Kofferraum holte. Die alte Oma hinterm Steuer stupste ihren Mann an.
    »Solo-Picknick«, sagte sie. »Dabei sieht er so nett aus.«
    »Ich tippe eher auf Flüssig-Lunch«, sagte er, sah mich an
und machte eine Handbewegung, als würde er sich einen zur Brust nehmen. Ich
grinste, versuchte, meine Zähne nicht zu zeigen. Scheiß-Oldies. Denen entgeht
auch nichts.
    Ich spazierte über den Bohlenweg zum Bootsverleih.

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