Binding, Tim
ein Geschirrtuch,
nahm damit das Päckchen und ließ es im Hängeschrank verschwinden, wo ich das
Fischfütter aufbewahre, ehe sie zur Haustür ging.
»Denk dran, was wir abgesprochen haben, ja?«, rief ich ihr
nach.
Falls sie mich gehört hatte, so erwiderte sie nichts. Ich
hörte, wie die Haustür aufging, höfliches Gemurmel, Schuhe, die auf der Fußmatte
abgeputzt wurden.
»Die Polizei ist da, Schatz«, rief sie. Ich nahm einen
letzten Schluck Kaffee und ging ins Wohnzimmer. Irgendwie war ich froh. Ich
wollte, dass sie Miranda gesund und munter fanden und mir die Last von den
Schultern nahmen. Ich wollte nicht, dass sie unten an der Klippe lag, ihr Blut
an meinen Händen. Sie waren zu zweit, PC Hühneraugenpflaster, auch bekannt als
Police Constable Dave Stone, und DI Rump. Ich hatte Rump ein paarmal im Spread
Eagle gesehen, beim Abendessen mit der werten Gattin. Geldverschwendung in
meinen Augen. Ich meine, du isst jeden Abend mit deiner Frau zusammen. Wenn du
schön ausgehen willst, nimm jemand anderen mit, jemanden, mit dem du reden
kannst.
»Adam Rump«, sagte er freundlich und streckte die Hand
aus. »Nett, Sie kennenzulernen.«
Dito, Kumpel. Sein Name passte irgendwie. Er war fleischig
wie ein Rumpsteak, hatte große runde Augen in einem großen runden Kopf, die
Füße auf den Boden gepflanzt, als hätte er vier davon. Er würde nicht so leicht
umfallen. Audrey klopfte ein Kissen auf dem Sofa in Form und setzte ihr
Sonntagslächeln auf. Sie hatte sich auch mit etwas Lippenstift beschmiert. Sah
aus, als hätte sie die Zähne soeben in eine frische Jungfrau geschlagen.
»Möchten Sie eine Tasse Kaffee, Inspector? Ich habe welchen
in der Kanne, frisch gekocht.« Ich hatte ihn frisch gekocht, meinte sie, aber
ich sagte nichts.
»Sehr gern, Mrs Greenwood. Mit zwei Stück Zucker bitte.«
Audrey rieb sich die Hände, als hätte sie gerade in der
Kirchentombola gewonnen. Ich bedeutete ihm, Platz zu nehmen.
Hühneraugenpflaster sollte sich von mir aus hinsetzen, wo er wollte. Während
er sich niederließ, sortierte er sich mit der rechten Hand den Schritt. Schon
seltsam, wie ungeniert manche Männer so etwas in der Öffentlichkeit
fertigbringen. Denken die etwa, wir sind blind? Audrey kam mit dem lackierten
Tablett zurück, zwei Tassen mit Untertasse und ein Teller mit Keksen. An
seiner Stelle hätte ich sie stehenden Fußes verhaftet.
»Sie mögen wohl Fische, was?«, sagte er. Sie hatte nicht
mit Smalltalk gerechnet.
»Wie bitte?«
»Ich hab das Foto an der Wand gesehen, dann das Muster
auf den Kissen hier, die Glasfigur auf dem Sideboard. So groß wie das Ding ist,
müssen Sie Fische mögen.«
»Es waren ursprünglich mal zwei«, warf ich ein, »aber
Audrey hat die andere fallen lassen. Sie ist aus massivem Glas. Wie sie die
vielen Farben da reingekriegt haben, ist mir schleierhaft.«
»Die muss ganz schön was wiegen.«
»Die andere, die auf meinem Fuß gelandet ist, auf jeden Fall.
Ich hab sie in Tenby gekauft. Sie waren wie Komplementärstücke zu den echten
Exemplaren draußen.«
Er beugte sich vor.
»Dann sind Sie Koi-Liebhaber?«
»Und ob.«
»Was für welche haben Sie?«
»Zwei Asagi. Im Teich hinterm Haus. Ich hab sie Torvill
und Dean getauft, wegen ihrer Färbung.«
»Weil er ein bisschen plemplem ist«, fügte Audrey hinzu.
DI Rump warf ihr ein goldiges Strahlelächeln zu.
»Ich steh vor allem auf Kohaku. Schauen Sie mal.«
Er kramte ein Foto aus seiner Brieftasche. Es waren zwei,
in einem Netz halb aus dem Wasser, rote Kleckse tanzten ihnen über den Rücken.
»Die beiden zeige ich auf Wettbewerben. Richtige Prachtexemplare.
Sehen Sie sich den hübschen vierfleckigen an. Der links hat den Bronze-Koi von
Dorsetshire und Hampshire gewonnen, letzten Sommer.«
Ich war ein wenig perplex. Mein Mädchen wurde vermisst,
kein Mensch wusste, was mit ihr passiert war, und der Typ ließ sich über seine
Fische aus. Trotzdem konnte ich es ihm nicht ganz verdenken. Sie sahen toll
aus, grazil und elegant, aber zugleich auch irgendwie stark und dominant. Was
für eine Kombination. Ich wurde ein kleines bisschen neidisch. Ich gab das Foto
zurück. »Prächtig«, sagte ich. »Aber Sie sind nicht gekommen, um sich über
Fische zu unterhalten.«
»Leider nein.« Er schob das Foto zurück in seine Brieftasche.
»Sie wissen vermutlich, warum wir hier sind. Miranda Grogan? Sie ist seit
Sonntagnachmittag nicht mehr gesehen worden und hat sich auch bei niemandem
gemeldet. Sie geht nicht an ihr Handy.
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