Binding, Tim
Verständlicherweise machen ihre Eltern
sich Sorgen.«
»Und Sie?«
»Ehrlich gesagt, ich bin nicht so beunruhigt. Wenn ich für
jede junge Frau, die unangekündigt abhaut, um ein paar Tage später
wiederaufzutauchen, einen Karpfen bekäme, müsste ich mir einen neuen Teich
bauen. Doch angeblich sieht es ihr gar nicht ähnlich. Sich nicht zu melden.«
»Sie ist ausgesprochen lebhaft.« Audrey presste die Hände
zusammen, sah ihm direkt in die Augen. Wir wussten alle, was sie meinte. Es war
nicht richtig, dass sie so über Miranda herzog, wo die sich schließlich nicht
verteidigen konnte. DI Rump holte Stift und Notizblock hervor, kam dann wieder
zur Sache.
»Sie arbeitet bei der NAAFI, wie mir gesagt wurde.«
»Das ist richtig.«
»Genau wie Sie, Mrs Greenwood.« Audrey verzog das Gesicht.
Sie wird nicht gern daran erinnert.
»Nur am Wochenende. Und wirklich nur als Aushilfe. Es ist
wichtig für das Dorf, dass wir das Militär unterstützen.«
»Und dieses Wochenende?«
»Ich war am Samstag da, zur Lunchzeit.« Er nickte, wobei
seine Augen zu dem Foto über dem Kamin glitten. Ich hatte es in einem dieser
edlen Rahmen aufgehängt, ganz aus Gold und schnörkelig, wie ein richtiges
Gemälde, beleuchtet von einem Deckenstrahler, und es zeigte Torvill und Dean
mit geöffneten Mäulern, als würden sie aus vollem Halse singen.
»Ist das ein neueres Bild?«, fragte er.
»Vor etwa achtzehn Monaten. Da hatten sie sich schon
eingewöhnt.«
»Sie brauchen einige Zeit, um sich zu akklimatisieren,
nicht? Beheizter Teich?«
»Ich würde sie nicht gern in einem unbeheizten halten.«
»Machen aber viele. Zurück zu Miss Grogan. In der Kantine,
Mrs Greenwood, ist sie da mit jemandem befreundet? Jemandem, von dem ihre
Eltern vielleicht nichts wissen?«
»Ich glaube nicht, aber wenn doch, würde ich es nicht
wissen. Sie ist angestellt. Wir Ehrenamtlichen haben privat nichts mit den
Angestellten zu tun.«
»Sie hat aber, wie ich höre, eine Zeit lang für Sie
gearbeitet, Mr Greenwood. Etwa ein Jahr.« Er klopfte mit seinem Stift auf den
Notizblock. Alles reine Routine, mehr nicht.
»Sieben Monate. Sieben Monate und fünf Tage, um genau zu
sein.«
»Was, war sie nicht zufrieden?«
»Doch, es gefiel ihr, das Fahren, die Kunden. Sie hat auch
gern die Fische gefüttert. Jeden Freitag hat sie sie gefüttert, wenn sie kam,
um ihr Geld abzuholen.«
»Na. Das ist ja auch ein Erlebnis, nicht? Was füttern Sie?«
»Normale Sachen. Paste, Pellets. Sie mögen Salat.« Er
nickte.
»Schon mal mit einer Orange versucht?«
»Einer Orange?«
»Ja. Man halbiert sie, damit sie das Fleisch aussaugen können.«
Das Fleisch aussaugen. Hörte sich gut an. Audrey hüstelte. Ich riss mich am
Riemen.
»Nein, der Job hat ihr Spaß gemacht. Die Arbeitszeiten
waren das Problem. Eine junge Frau möchte nun mal freitagabends nicht immer nur
irgendwelche Saufbolde von Mr Singh's Curry House nach Hause kutschieren.«
»Es gab also keinen Ärger, während sie hier gearbeitet
hat? Keiner hat irgendein ungesundes Interesse an ihr gezeigt? Kein Stalker?«
»Nicht dass ich wüsste. Das mit den Saufbolden war übertrieben,
Inspector. Ich wollte damit nur sagen...«
»Ich weiß, was Sie sagen wollten, Mr Greenwood. Ich versuche
nur, mir ein klares Bild von ihr zu machen, mehr nicht, was für ein Mensch sie
ist, wohin sie gegangen sein könnte. Haben Sie da irgendeine Idee?«
»Schwer zu sagen. Wie meine Frau schon gesagt hat, sie ist
sehr temperamentvoll. Wenn sie Streit mit Ted hatte, könnte sie nach Dorchester
oder Wareham abgehauen sein. Sie hat eine Reihe von Freunden in Wareham, noch
aus der Schule und so. Und es gibt da ein Fitnessstudio. Sie hat eine Weile da
gearbeitet, als sie mit der Schule fertig war, Pat Fowler ist der Betreiber.
Sie kennen es bestimmt, das Judes.«
»Judes? Oh ja, kenn ich. Meine Frau ist da Mitglied.«
Ich bemühte mich, nicht enttäuscht zu blicken. Manchmal
frage ich mich, ob es überhaupt noch einen Menschen unter fünfunddreißig gibt,
der nicht Mitglied in einem Fitnessstudio ist. Woher kommt dieser Wahn, sich
körperlich fit zu halten? Wieso genügt es nicht mehr, ab und an mal eine
anständige Nummer zu schieben?
»Ja. Pat gibt ihr einen Sondertarif, glaube ich. Er kennt
sie, seit sie klein war, wie uns alle.«
»Haben sie ein besonders freundschaftliches Verhältnis?«
»Nicht übermäßig, würde ich sagen. Miranda war zu jedem
freundlich, wenn Sie wissen, was ich meine. Sie war von Natur aus so,
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