Binding, Tim
unsicher, ob das ein Druckmittel war oder
Verarschung.
»Sie widern mich an.«
»Damit kann ich leben. Ich meine, es ist besser als Geld,
oder? Was kümmert es Sie?«
»Ich hänge an meiner Frau.«
»Das sagen Sie nur. Also, sie geht in dieses
Fitnessstudio. Um welche Uhrzeit?«
»Ich weiß nicht.«
»Doch, das wissen Sie. Sie ist Stammkundin, sie geht zu
regelmäßigen Zeiten. Also hören Sie auf mit dem Scheiß und sagen Sie's mir.«
»Halb elf.«
»Jeden Tag?«
»Montags, mittwochs und freitags.«
»Und wann geht sie wieder?«
»Eine Stunde später.«
»Und zieht sie sich da um oder zu Hause?«
»Zu Hause. Hören Sie, was soll das?«
»Sie wissen, was das soll, Major. Das hier ist Ihr Schlüssel
zu Frieden, Sicherheit und einem geschlossenen Mund. Aber mal abgesehen davon,
was haben Sie zu verlieren? Vielleicht steht sie ja gar nicht auf mich. Sie
kriegen die Tasche, ich kriege gar nichts. Das Tauschgeschäft des Jahrhunderts.
Denken Sie drüber nach.«
Ich ging, fuhr den Wagen ums Haus und wartete, bis er in
seinen Passat stieg und losfuhr. Dann ging ich wieder rein und trank noch zwei
Bier. Ich wollte seine Frau eigentlich gar nicht. Er sollte sich bloß dreckig
fühlen. Dreckig und unsicher, dreckig und besorgt, besorgt, wie die Sache enden
würde, so besorgt, dass er den Mund hielt. Wenn er anfangen würde, über
Miranda zu sprechen und was sie vorgehabt hatten, würde der Wohnwagen im Nu
auffliegen, und das wollte ich nicht.
Es war spät, als ich zurückkam, später, als ich gehofft
hatte, aber als ich den Wagen parkte, war es ein schönes Gefühl, ein schönes
Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Ich rieb mir das Gesicht, um sicherzugehen,
dass ich nicht träumte. Zu Hause bei Audrey. Herrje, so hatte ich mich seit
Jahren nicht gefühlt. Ich stieg aus dem Wagen, wackelig auf den Beinen, nicht
vom Alkohol, sondern durch das, was ich fühlte. Audrey stand an der Hintertür,
die Grillschürze um die Taille gebunden. Es war in Ordnung. Der Hut war noch an
Ort und Stelle.
»Tut mir leid, dass ich so spät komme. Was riecht denn da
so lecker? Brutzelt da was auf dem Grill?«
»Brutzeln eigentlich nicht mehr.« Sie reichte mir ein Glas
Wein. »Hör mal, du hast doch nach Mrs Blackstock gefragt?«
»Hab ich das?«
»Ja. Heute Morgen. Du hast gesagt, du hättest sie schon
länger nicht gesehen.« Sie bereitete mich auf einen Schock vor, die Gute.
»Kann mich nicht erinnern. Himmel, riecht das gut,
Audrey.«
»Tja, trink aus. Ich hab eine Überraschung für dich.« Sie
ging vor mir her.
Mrs Schnüffelnase saß auf der Terrasse und ließ sich meinen
Hummer schmecken. Sie hatte einen mordsgroßen Verband um die Stirn, genauso
einen, wie ich für den Riss brauchte, der sich in meinem Kopf auftat.
»Al«, hörte ich Audrey rufen. »Al, alles in Ordnung mit
dir?«
***
A ls ich zu mir kam, lag ich auf der
Sonnenliege, Audrey stand über mich gebeugt und wedelte mit einem Reststück
Hummer unter meiner Nase hin und her. Ich wich zurück. Mit so was rechnet man
nicht unbedingt nach einem Blackout.
»Ich hatte kein Riechsalz mehr«, sagte sie zur Erklärung.
»Was war denn? Du bist aus den Latschen gekippt.«
»Ich bin wohl zu schnell aus dem Wagen ausgestiegen«,
sagte ich. »Das Blut ist mir aus dem Kopf gesackt.« Ich senkte die Stimme. Mrs
Schnüffelnase saß am anderen Ende und verdrückte eine Scheibe Brie. »Was macht
sie hier?«
»Alice ist gestürzt«, verkündete Audrey laut, wechselte in
diese kindliche Singsangstimme, die sie immer für die Kellner bei Mr Singh's
benutzte. »Sie hat einen ganzen Tag auf der Erde gelegen, nicht, Alice?«
»Eine ganze Nacht«, berichtigte Mrs Schnüffelnase. »Ich
bin die Treppe runtergefallen und hab die ganze Nacht auf der Erde gelegen. Als
ich zu mir kam, wurde es gerade hell. Ich hab's geschafft, zum Telefon zu
kriechen und den Krankenwagen zu rufen. Eine Viertelstunde später war er da.«
Sie tätschelte sich den Kopf.
»Wir haben gar nichts gehört, nicht, Al?«
Ich versuchte, den Kopf zu schütteln, aber es tat zu weh.
Wie hätten wir auch was hören sollen, Audrey mit einem Liter Shiraz intus und
ich, nachdem ich am Teich den Rest von Mrs Schnüffelnases Gras geraucht hatte.
»Die wollten mich über Nacht dabehalten«, sagte sie jetzt,
»aber nicht mit mir, nicht bei den ganzen Killerkeimen, die sich da unter den
Betten tummeln. Außerdem ging's mir ganz gut, dafür, dass ich die ganze Nacht
auf den Fliesen verbracht hatte.« Und sie
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