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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cliffhanger
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Brie ab und biss hinein, als wäre es ein Stück
Kuchen. Der Käse gehörte zu dem Lunchpaket, das wir mit nach Salisbury nehmen
wollten.
    »Sie machen gar keine Umstände, Alice«, beruhigte Audrey
sie. »Dafür sind Nachbarn doch da. Also, können wir Ihnen sonst noch was
holen?«
    »Meinen iPod vielleicht, irgendwas zu lesen. Und würde es
Sie sehr stören, wenn ich rauche?«
    »Überhaupt nicht. Al geht meist gegen sieben auf eine Zigarette
in den Abstellraum, aber solange wir die Fenster auflassen, können Sie
jederzeit auch im Wintergarten rauchen. Nehmen Sie sich ruhig welche von Al. Er
lässt die Packung immer herumliegen.«
    »Nicht mehr. Ich lasse inzwischen nichts mehr rumliegen,
Socken, Zigaretten, Ausflüchte, alles aus dem Haus verbannt. Man könnte sagen,
sobald ich einen Raum verlasse, deutet nichts mehr daraufhin, dass ich drin
war.«
    Alice drohte uns mit dem Finger. Sie genoss dieses eheliche
Geplänkel.
    »Oh, ich werde keine von Al schnorren. Ich bevorzuge
Selbstgedrehte. Sünden meiner Jugend. Ich hab irgendwo eine alte Tabakdose.
Müsste in meiner Handtasche sein, aber da ist sie nicht. Vielleicht könnte
jemand mal bei mir zu Hause nachsehen. Hier, ich hab einen Ersatzschlüssel.«
Sie griff in ihre Handtasche und kramte herum. »Nicht schlimm, wenn Sie sie
nicht finden«, sagte sie, als sie Audrey den Schlüssel gab. »Ich hab
normalerweise immer ein paar Gramm in Reserve.« Sie lehnte sich zurück,
schüttelte ihr Kissen auf.
    »Al macht das gern, nicht, Al?«
    »Klar«, sagte ich und stand auf. »Her mit dem Schlüssel,
und ich schnüffel ein bisschen rum.«
    Ich brauchte noch einen Drink. Nicht genug damit, dass ich
damit gescheitert war, Audrey und Mrs Schnüffelnase um die Ecke zu bringen,
dass ich die falsche Frau von der Klippe gestoßen hatte, jetzt musste ich auch
noch Mrs Schnüffelnases Dopedose mit einem glaubwürdigen Ersatz wieder auffüllen.
Es war beunruhigend. Jedes Mal, wenn ich jemanden umlegte, zack, tauchte er in
meinem Wohnzimmer wieder auf. Bungeespringen war nichts dagegen.
    Doc saß auf seinem Stammplatz, ein Hocker in der Ecke,
unter dem ausgestopften Fuchs, den er durchs Fenster seiner Praxis erlegt
hatte. Nicht viele Ärzte bewahren eine Schrotflinte unter der
Untersuchungsliege auf. Wacko Jacko saß mit einem Kumpel am anderen Ende. Sie
sahen aus wie unerwünschte Verwandte auf einer Billighochzeit, grässliche
glänzende Jacketts, grässliche bunte Krawatten, grässliches Pomadenhaar,
angeklatscht wie bei einem Leichnam. Sie lächelten auch. Jacko hob sein Glas
in meine Richtung, ob zur Begrüßung oder als Warnung, konnte ich nicht sagen.
Ich nahm den Hocker neben dem widerwilligen Mediziner.
    »Doc. Wie ist die Lage in Dodge City?« Er schob sein leeres
Glas nach vorn, nickte Paul dem Barmann zu. Schon drei, tippte ich, dem Zustand
seiner Augen nach.
    »Ich spuck schon den ganzen Tag Blut ins Taschentuch«,
sagte er. Ich klopfte auf meine Tasche.
    »Bitte kein Wort mehr über Taschentücher.« Ich fing seinen
Blick auf. »Egal. Wie läuft das Geschäft? Viel zu tun?«
    »Die üblichen Urlauberwehwehchen. Gaskocherverbrennungen.
Blasenentzündung. Der obligatorische gequetschte Daumen. Zeltheringe«, sagte er
zur Erklärung. »Ihr Einheimischen rennt ja jetzt alle in die neue Praxis in
Wool. Mein Wartezimmer ist so leer, ich fang schon selbst an, die Zeitschriften
zu lesen. Und ich hab sie inzwischen alle durch.
    Jetzt muss irgendwas Drastisches passieren. Ich dachte,
ein paar Spielautomaten wären vielleicht der Bringer.«
    »Was ist mit dem neuen Partner, der alles umkrempeln
wollte?«
    Er hielt drei Finger hoch. »Weg«, sagte er. »Was, Wochen?«
    »Tage«, gestand er. »Einen Tag, um einzuziehen, einen Tag,
um mich kennenzulernen, einen Tag, um an die Kammer zu schreiben.«
    Er legte die Hand um sein nächstes Glas. Er hatte gefleckte
Hände, gelbe Finger. Das Zittern lag nicht nur in seiner Stimme. Es hatte
seinen ganzen Körper ergriffen, wie eine Krankheit. Ich konnte mich noch gut an
den Tag erinnern, als er herkam, wie er in seinem MG mit offenem Verdeck
angebraust kam. War noch gar nicht so lange her.
    »Du meinst die Ärztekammer?«
    »Was denn sonst?« Er kippte seinen Drink runter. »Obwohl,
treffender wäre Ärschekammer.«
    Er versuchte, es witzig klingen zu lassen, aber er lachte
nicht. Bittere Erinnerungen und ein Platz an der Bar, mehr war ihm nicht
geblieben. Das Leben hatte es mal richtig gut mit ihm gemeint; ein flotter Hut,
ein verwegenes

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