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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cliffhanger
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Donnerstagabende. Sie waren
eine Art Freiheit für sie, Freiheit, mit Männern zu tanzen, die sie respektvoll
behandelten, ein bisschen zu plaudern, das Gewicht der Arme eines anderen
Mannes um sich zu spüren, seinen Geruch zu riechen, die Anstrengung in seinem
Atem zu hören, und es dabei bewenden zu lassen. An diesen Abenden legte sich
eine Art Frieden über ihr Gesicht, wie eine Religion, als hätte sie Gott gefunden,
erkannt, wo ihr Platz auf der Welt war. Dann, als ich ungefähr dreizehn war,
hörten wir damit auf. Ich hatte keine Lust mehr. Tanzen war was für Weichlinge,
zumindest diese Art, so dachte ich. Also gingen wir nicht mehr hin. Sie vermisste
es, vermisste es schrecklich. Sie fragte mich immer mal wieder, ob ich es nicht
doch noch mal versuchen wollte, aber dann grinste ich höhnisch und drehte
gleichzeitig den Kopf von ihr weg, damit ich ihr Gesicht nicht sehen musste,
die Enttäuschung, die sie zu verbergen versuchte. Das hatte ich meiner Mum mit
meiner Selbstsucht angetan, ich hatte sie davon abgehalten, weiter zum Tanzen
zu gehen, hatte sie einfach da rausgerissen, ihr das einzige bisschen Vergnügen
auf dieser Welt genommen, die anderthalb Stunden, die sie einfach sie selbst
sein konnte. Sie hatte nie viel verlangt, und ich nahm es ihr. Noch heute fühl
ich mich deshalb mies.
    Ich sah mich um. Rund zwanzig Männer standen zwischen den
Stühlen herum und quatschten, alle in Strickjacken und braunen Schuhen. Ein
Typ mit rötlich braunem Haar packte hinten im Raum einen altmodischen Diaprojektor
ein und schob jedes Mal, wenn er sich bückte, seine Brille wieder zurück.
    »Mr Greenwood! Alan! Da haben Sie ja doch noch den Weg zu
uns gefunden.«
    DI Adam Rump kam aus dem Nirgendwo auf mich zu. »Sie haben
knapp was verpasst«, sagte er und schüttelte mir kräftig die Hand. »Archie
Warren hat soeben einen sehr aufschlussreichen Vortrag über das Entfernen von
Warzen gehalten.« In seiner Stimme lag eine Erregung, die irgendwie nicht zu
dem Thema passte. Er hatte eine kleine Anstecknadel am Revers. Zwei Karpfen,
die sich küssten.
    »Kriegt man die, wenn man Mitglied wird?«, fragte ich.
    »Unterschreiben Sie auf der gepunkteten Linie, und Sie
gehen heute Abend mit einer nach Hause. Kommen Sie, ich stelle Ihnen die
Mitglieder vor. Die sind bestimmt neugierig auf Ihre Asagi. Sie haben doch
sicher Fotos mitgebracht.«
    Allerdings. Ich hatte immer welche mit. Ich hatte sie gern
dabei. Sie gehörten zur Familie, Torvill und Dean. Ich wurde vorgestellt, erst
einer Gruppe, dann einer anderen, einer ganzen Schar übereifriger
Karpfenliebhaber, die einander beschnüffelten wie Terrier. Sie hatten eine Art
verrückter Intensität an sich, als wären sie ein Geheimbund. Sie redeten in
knatternden Salven, und dann und wann entfernten sich zwei, um unter vier Augen
zu tuscheln, wobei sie mit den Händen durch die Luft fuhren, als wollten sie
eine Bombe basteln oder so. Sie interessierten sich aber alle für Torvill und
Dean. Für sie war es etwas ganz Neues, jemanden kennenzulernen, der sich für
derart altmodische Fische begeisterte. Ich war richtig stolz, und wissen Sie
was, ich dachte, dass Torvill und Dean auch stolz auf mich wären, so wie ich
über sie sprach. Trotzdem behielt ich Rump die ganze Zeit über im Auge. Nicht,
dass er verduftete, ehe ich Gelegenheit hatte, richtig mit ihm zu reden. Ich
glaube, er behielt mich auch im Auge, denn nach rund vierzig Minuten waren wir
wieder da, wo wir angefangen hatten, hinten im Saal, und standen einander
gegenüber.
    »Ganz nette Truppe, nicht?«, sagte er. »Nächsten Monat
kommt einer von den Topschiedsrichtern in Irland her und hält einen Vortrag.
Wir bringen jeder unsere Prachtexemplare mit, um zu sehen, was er sagt.
Vielleicht hätten Sie ja Lust, einen von Ihren zweien mitzubringen, oder alle
beide, wenn Sie sie nicht so gern trennen möchten.«
    Torvill und Dean aus dem Teich holen? Sie in einen Plastikeimer
mit Wasser tun und hinten im Auto durchrütteln? Nie im Leben.
    »Ich weiß nicht, Inspector. Meine Fische sind am liebsten
zu Hause.«
    »Adam bitte. Keine Förmlichkeiten hier. Das müssen Sie
entscheiden, aber wenn Sie mit dem Gedanken spielen, sie irgendwann mal auf
einer Ausstellung zu zeigen, dann müssen Sie sie dran gewöhnen, damit sie nicht
übermäßig unter Stress geraten, wenn es so weit ist. Stress kann ihre Chancen
zunichtemachen.« Ich nickte zustimmend. Torvill neigte tatsächlich dazu, ein
bisschen fleckig zu werden, wenn Dean zu

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