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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cliffhanger
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jedes Mal dieselbe
Person, Mann oder Frau. Sehen Sie, was ich meine? Sechs Permutationen der
Geschlechter. Die sind nicht wie unsere Fische, jeder mit einem besonderen Muster.«
    »Doch, eigentlich schon.«
    »Na ja, stimmt, aber sie werden nicht so gesehen. Groß,
dunkel, klein, blond, meiner Erfahrung nach verschmelzen Männer und Frauen
meistens zu einer Art grauen Masse. Überlegen Sie mal, wie viel besser das
wäre, wenn wir alle Muster an Händen und im Gesicht hätten, wie Ihre Asagi, wie
viel interessanter wir anzuschauen wären, wie viel einfacher zu
identifizieren. Wäre auch lohnender, was die Fortpflanzung betrifft.«
    Ich sah ihn an. Audrey hatte recht. Der Mann war ein Vollidiot,
faselte hier über seine Fische, wo er doch eigentlich draußen sein sollte und
nach ihr suchen.
    »Also, dieser Fund in der Bucht«, hakte ich nach. »Sie sagen,
er deutet nicht speziell in Richtung Miranda?«
    »Um das zu sagen, ist es noch zu früh. Natürlich, wenn
sich herausstellt, dass das Kleidungsstück ihr gehört, dann würde es auch
daraufhindeuten, dass sie die Frau im gelben Regenmantel war, die den Pfad
hochgegangen ist.«
    Bitte, sagen Sie das nicht. Bitte. Nur nicht das.
    »Beunruhigt Sie das, Mr Greenwood?« Er musterte mich
jetzt, bohrte sich förmlich in mein Gesicht.
    »Mich beunruhigen? Nur insofern, als ich wünschte, sie
wäre jetzt zu Hause in Sicherheit, die Füße hochgelegt, und wäre nie an dem
Nachmittag nach draußen gegangen, schon gar nicht in die Nähe vom Kliff bei dem
Wetter, dem Wind. Allerdings ist sie ein vernünftiges Mädchen. Sie hätte sich
niemals dicht an den Klippenrand gestellt, nicht nach dem, was ihr Vater so
alles erlebt.«
    »Dann ist sie nicht wie Sie?«
    »Absolut nicht«, sagte ich, hoffte, dass es stimmte,
wusste, dass es nicht stimmte. »Ich bin ein Mann. Nur Männer machen so blöde
Sachen. Das erleben Sie sicher andauernd.«
    »Jeden Tag. Wir sind keine rühmliche Spezies.«
    »Sie bevorzugen Fische, hab ich den Eindruck.«
    »Sie nicht?« Er sah sich um. »Tun wir das nicht alle? Sind
Sie nicht aus dem Grund hier?«
    Er öffnete seine Hand, Fragefalten auf der Stirn. Die Karpfenanstecknadel
lag da, Fischlippen, die sich küssten, genau wie Torvill und Dean, einander
kaum berührten, als wären sie schüchtern, wie beim ersten Kuss. Ich holte mein
Scheckbuch heraus und unterschrieb, stand dann ganz still, als er das kleine
Abzeichen ans Revers meiner Jacke steckte, dieselbe Jacke, in der sich
Mirandas Zahn sicher eingewickelt in Mirandas Taschentuch befand. Es gab mir
ein besonderes Gefühl, dass ihr Zahn und ihr Taschentuch nur einen Hauch
Kammgarn entfernt von ihm waren und er nichts davon wusste. Was wusste DI Rump
schon von Männern und Frauen, in Wohnwagen, in Autos und auf Rastplätzen, mit
gelben Regenmänteln an oder aus, die sich gegenseitig große Brocken rausrissen,
blutiges Leben in den Händen? Er sah das alles, aber was wusste er schon? Was
würde er jemals wissen?
    »Na, ich will Sie nicht aufhalten, Adam. Sie müssen sicher
nach Hause.«
    »Nach Hause.« Er lachte, ein bitter schmeckendes Lachen.
»Meine Frau hat mich verlassen, man sollte es nicht für möglich halten.
Anscheinend verbringe ich zu viel Zeit mit meinen Unterwasserfreunden. Ich
meine, ich frage Sie, wie kann man mit seinen Fischen je zu viel Zeit
verbringen?«
    Da war was dran.
    »Bei Audrey ist es das Gleiche«, gestand ich. Sein Kopf
nickte wie bei einem Wackeldackel.
    »Was meinen Sie, was ist das, mit Frauen und Fischen? Neid,
weil Fische Flossen haben? Ich meine, es ist ja nicht so, dass Frauen nicht
auch eigene Attribute hätten.«
    Ich fühlte mich verpflichtet, etwas zur Verteidigung zu
sagen.
    »Es war eigentlich Audreys Idee, die Karpfen.«
    »Wirklich?« Er klang fast neidisch. »Sie sind ein Glückspilz,
Al, ein richtiger Glückspilz.«
    Er stand an der Tür, als ich wegfuhr, und sah mir nach.
     
    Als ich nach Hause kam, war der Bungalow fast dunkel, nur
Audreys Nachttischlampe schien durch die Vorhänge auf den Rasen neben dem Haus.
Audrey liest gern noch spätabends im Bett, dicke, klobige Bücher, die eine
Delle in die Matratze drücken, hauptsächlich Geschichten über alte Zeiten,
mittelalterliche Mönche, Ritter auf Streitrössern, die ein oder andere Jungfrau
in Not. Sie hat's auch gern blutig, blutige Schlachten und blutige Morde,
Folterbänke und rotglühende Feuerhaken und das Ding, das bei der spanischen
Inquisition so beliebt war, das aus Seilen. Früher las sie

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