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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cliffhanger
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bin ihr Schlüssel
zu einem bisschen Freiheit.«
    Sie hatte aufgehört zu laufen und ging jetzt den Pfad entlang,
der das Feld in zwei Hälften teilte, strich mit der Hand über das ungemähte
Gras, griff immer mal wieder nach hinten, um zu kontrollieren, ob das Seil
noch da war. Wenn die dunkle Linie, die sich hinter ihr herschlängelte, nicht
gewesen wäre, hätte es fast normal ausgesehen.
    »Wäre es tagsüber nicht einfacher, nicht so beängstigend
für sie? Wenn sie alles sehen kann, dich sehen kann?«
    »Was, und die Invalidenrente verlieren? Sie will tagsüber
nicht raus, wenn die Leute sie sehen, Fragen stellen. Das will keiner von uns.
Tagsüber gehört sie ins Haus. Nachts...«
    »Kann sie raus, ja, schon klar. Und die Perücke und so?«
    »Wir haben einmal ein Pärchen getroffen. Die haben nicht
großartig auf uns geachtet, aber es hätte sein können, sie hätten sie erkennen
können, und dann hätte es vielleicht Gerede im Dorf gegeben. Seitdem verkleidet
sie sich, lange Haare, dunkle Brille, und wenn wir mal Leuten über den Weg
laufen, umarmen wir uns, und sie denken, ich hätte eine neue Flamme oder es ist
noch meine alte, Miranda.« Er lachte. »Miranda, endlich für immer mein.«
    »Ich hab ja auch gedacht, sie ist es«, sagte ich. »Ich
dachte, du hättest sie gekidnappt.«
    »Das wär's noch!«
    Gaynor war jetzt an dem Zaunübertritt am anderen Ende. Sie
stand auf der Holzstufe, bereit, über den Zaun zu steigen. War das, was er
machte, grausam, war es human? Ich wusste darauf keine Antwort.
    »Wir müssen dann weiter«, sagte er und ging hinter ihr
her. »Wenn du nichts dagegen hast.« Er blieb stehen und sprach, ohne sich
umzudrehen. »Du hast doch nichts dagegen, oder? Audrey trinkt, Gaynor geht
spazieren, am besten, das bleibt unter uns, findest du nicht? Wenn sich so was
rumspricht, kann alles Mögliche passieren. Dein Auto, deine Fische.«
    »Kein Grund, mir zu drohen, Kim. Ich erzähl es keinem. So
was mach ich nicht. Das müsstest du eigentlich wissen.« Er nickte, ohne sich
umzusehen. »Tut mir leid wegen der Schlägerei.« Er zuckte die Achseln.
    »Also dann, gute Nacht. Sag Gaynor, es...« Er blieb
stehen, neigte den Kopf, lauschte.»... tut mir leid, dass ich sie nicht erkannt
habe.«
     
    Ich ging zurück, schloss Alice' Tür, und als ich nach
Hause kam, stolperte ich über das bescheuerte Zierteil von Audreys Dad. Sie
hatte es schon wieder poliert und nicht an seinen Platz zurückgestellt. Ich
kickte es dahin, wo es hingehörte. Was fand Audrey bloß an dem Ding? Ich meine,
wer braucht überhaupt einen Türstopper?
    Ich ging in die Küche und ließ mir kaltes Wasser über die
Hand laufen, klatschte mir welches ins Gesicht. Mir tat alles weh, Hand,
Brust, Nase, Nieren und jetzt auch noch ein angestoßener Zeh. Am Tage, bei Nacht,
wann hörte das endlich auf?
    »Ich hoffe, Sie haben's wieder abgeschlossen.« Oh Gott!
    Mrs Schnüffelnase saß im Wintergarten, Erster-Welt-Krieg
noch immer um den Kopf gewickelt, die Hände auf einem unserer besten Teller
gefaltet. Sie hatte sich keinen Zentimeter bewegt, so schien es zumindest. Ich
tupfte mich trocken, Blut am Handtuch.
    »Sollten Sie nicht im Bett sein, Mrs Blackstock?«, sagte
ich und ging zu ihr, »nach dem, was Sie durchgemacht haben?«
    Sie winkte ab.
    »Duncans Zimmer. Ich hab Licht drin angehen sehen. Haben
Sie es wieder abgeschlossen?«
    Ich nickte. Herrje, was hatte sie denn noch alles gesehen?
Wie das Kühlschranklicht anging, das Glimmen, als ich den Joint anzündete?
    »Und die Tabakdose?«
    Ich zog sie aus der Tasche. Sie nahm sie entgegen, als
wäre es ihr erstes Bier, Samstagmittag, der ganze Nachmittag noch vor ihr. Sie
hatte darauf gewartet. Sie drehte sie in den Händen, schüttelte sie, als
erwartete sie, dass es rascheln würde. Vielleicht hatte ich sie zu voll
gemacht.
    »Wo war sie?« Sie schnupperte am Deckel, beruhigt, dann
schob sie sie neben den Teller.
    »In der Sofaritze. Was haben Sie denn da?«
    »Schinkensandwich. Hoffe, Sie haben nichts dagegen. Ich
hab welchen im Kühlschrank gefunden. Und was ist mit Ihnen passiert? Sagen Sie
nicht, Sie sind auch die Treppe runtergefallen.« Sie lächelte, als hätte sie
jeden meiner Schritte beobachtet, als wüsste sie alles.
    »Ich dachte, Sie wären Vegetarierin«, sagte ich in Erinnerung
an meinen Hummer.
    »Bin ich auch, seit siebenundzwanzig Jahren, aber ich weiß
nicht. Auf einmal fühl ich mich ganz...« Sie biss in die zweite Hälfte, kaute
energisch, wobei ihr

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