Binding, Tim

sagte sie. »Denken Sie nasal. Stellen Sie sich
vor, Sie müssten niesen.«
    »Garcon.«
    »Schon besser. So, hier ist noch ein Satz mit böse drin. J'ai
terriblement mal aux dents. Ich habe böse Zahnschmerzen.« Sie
streckte eine Hand aus, wackelte mit den Fingern. Ich gab den Joint zurück.
    »Ich habe böse Zahnschmerzen.«
    »Auf Französisch, Al. J'ai
terriblement mal aux dents.«
    »J'ai terriblement mal aux dents.«
    »So, jetzt beides zusammen. Ich bin ein böser Junge und
ich habe böse Zahnschmerzen. Je suis un garcon mechant
et j'ai terriblement mal aux dents.«
    »Je suis un garcon mechant et j'ai terriblement mal
aux dents.«
    »Jetzt noch zwei mehr, und dann heißt es für uns beide, ab
ins Bett. Sie haben eine böse Zunge, vous avez une mauvaise langue, und ich bin
böse verletzt, je suis gravement blesse. Na, los, los.«
    Ich tat wie geheißen. Ich war ein böser Junge. Ich hatte
eine böse Zunge und ich war böse verletzt, mehrmals hintereinander.
Schließlich gab sie mir den Joint, um ihn zu Ende zu rauchen. Ich hatte einen
bösen Schmacht darauf, aber es war nichts mehr da. Sie hatte alles weggeraucht.
    »Ich frage Sie morgen früh ab«, sagte sie. »Meinen Sie,
Sie können alles behalten?«
    »Da habe ich große Zweifel, Mrs Blackstock.«
    »Ein Jammer. Dommage. Dann sage ich gute Nacht.«
     
    Sie ging ins Bett, ihre kleine Dose sicher in ihrer Tasche
verstaut. Ich drehte mir selbst noch einen, öffnete nicht mal das Fenster, so
zugedröhnt war ich. Was sollte ich mit ihr machen? Was würde passieren, wenn
das Gras alle war oder wenn sie zurück nach Hause ging, wenn ein weiterer Erinnerungsfetzen
auftauchte, wenn sie sich erinnerte, den gelben Regenmantel gesehen zu haben,
mich gesehen zu haben? Wenn sie das alles Adam Rump erzählte, was dann? Was
sollte ich sagen? Ich war nur mal kurz draußen, um Audrey zu suchen, Inspector?
Dass ich das eigentlich nicht rausgehen nennen würde? Um Ihre Frau zu suchen,
würde er sagen, obwohl Sie wussten, wohin sie gegangen war? Ha, aber das wusste
ich gar nicht, würde ich erwidern. Sie ist aus dem Haus gegangen, ohne es mir
zu sagen, um mich mit dem heißen Grog zu überraschen. Dann sind Sie also zur
einen Tür raus und sie ist zur anderen wieder rein, wie im Bauerntheater.
Sozusagen, Inspector. Er würde vielleicht »mhm« machen, aber es würde
standhalten, oder? Oder? Aber über den gelben Regenmantel, den Pfad zum Kliff
hintenrum, über all das würde er Bescheid wissen. Er hatte mich schließlich
auch da oben gesehen, zwei Tage später. Ich hätte nie dahin gehen sollen.
Niemals.
    Ich wusste, ich würde die ganze Nacht kein Auge zutun. Und
doch...
     
    ***
     
    »W as ist
denn mit dir passiert?« Ich rieb mir die Augen. Audrey saß auf der Bettkante,
eine Tasse Tee in der Hand. Sie war vollständig angezogen, Hose mit
Schottenmuster, rote Jacke, weiße Bluse mit Schleife vorne dran.
    »Dein tolles Erbstück. Hab mir fast den Fuß gebrochen, als
ich gestern Abend nach Hause kam. Du hast es woanders hingestellt.«
    »Alice meinte, ich sollte es mehr zur Geltung bringen. Sie
sagt, es ist zu ausgefallen, um es hinter der Tür zu verstecken. So eine
Munitionshülse liefert Gesprächsstoff.«
    »Sie ist ein Türstopper, Audrey. Deshalb gehört sie hinter
die Tür. Und überhaupt, Gesprächsstoff für wen?«
    »Für Gäste. Wir verändern uns, Al, erinnere dich. Fitnessstudio,
Nilkreuzfahrt, Bungeespringen, das ist erst der Anfang. Und was spricht
dagegen, hier Gäste zu haben, Leute zum Abendessen einzuladen?«
    »Na, dann stell das Ding auf den Kaminsims, irgendwohin,
wo sie sich nicht die Beine brechen und uns wegen Fahrlässigkeit verklagen. Ich
weiß was. Häng es doch umgedreht vorn an der Veranda auf, als Glocke für die
Gäste. Dann haben sie ihren Gesprächsstoff.«
    Sie zerzauste mir das Haar. »Donnerwetter, heute Morgen sind
wir aber kreativ. Meinst du, das Ding läutet?«
    »Wenn du was zum Draufschlagen hast, wie bei diesen Triangeln.
Das würde auf jeden Fall ein Geräusch erzeugen.«
    »Eine Glocke! Keine schlechte Idee.« Sie streckte mir
einladend die Tasse mit Untertasse hin. »Hier, trink.«
    Ich nahm den Tee. Auf der Untertasse lagen zwei Kekse. Sie
stand auf, stellte sich seitlich vor den Spiegel, tätschelte sich den Bauch und
stopfte die Bluse in die Hose. Sie hatte leicht abgenommen.
    »Du machst es uns ja richtig heimelig, Audrey, so richtig
trautes Heim, Glück allein.« Sie drehte sich lächelnd zu mir um. Ihre Lippen
waren