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Binding, Tim

Binding, Tim

Titel: Binding, Tim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cliffhanger
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und geschmeidig überwand, wie nur sie es konnte. Aber trotzdem
stimmte irgendwas nicht, die Chemie zwischen ihnen, so wie sie über das Feld
davonstapften, sie wollte offenbar schneller gehen, und er bremste sie irgendwie.
Dann sah ich es. Sie trugen das Seil gar nicht. Es war an ihr festgebunden, um
die Taille, und er hielt das andere Ende in der Hand. Er hatte sie gefangen
genommen, wie im alten Rom, als wäre sie seine Sklavin, als wäre sie sein
Eigentum!
    Jetzt wurde mir alles klar. Sie hatte ihm gesagt, dass es
aus war. Er konnte das nicht ertragen. Ich weiß, wie sich so etwas in einem
Mann aufbauen kann, die Ungerechtigkeit, etwas zu verlieren, was du dein Eigen
wähntest. Und dann sah er sie an diesem Sonntagnachmittag, an der
Bushaltestelle, wo sie sich vor dem Regen untergestellt hatte, oder auf dem Weg
in die Bucht, und er dachte, »Jetzt oder nie, Junge«, genau wie ich bei
Audrey, und er sprang aus seinem Peugeot und verfrachtete sie ins Auto, ohne
dass irgendwer was mitbekam. Vielleicht wusste er, wo sie hinwollte, sah
alles, was nicht mehr ihm gehörte, in ihrem Gesicht geschrieben und flippte
aus. Ich hatte sie gar nicht getötet. Niemand hatte sie getötet. Kim Stokie
hatte sie gekidnappt, mit zu sich nach Hause genommen, sie in irgendeinen Raum
bugsiert und die Tür verriegelt - was bedeutete, dass Gaynor mit ihm unter
einer Decke steckte. Kein Wunder, dass sie über Audreys Auftauchen an dem
Nachmittag nicht gerade glücklich war. Miranda war die ganze Zeit eingesperrt
gewesen, direkt vor meiner Nase. Und ich hatte sie gefunden. Ich. Ihr Dad, der
richtige Dad, der, der nicht existierte. Ich hatte sie gefunden, kein anderer,
und jetzt würde ich sie befreien!
    Ich sprang die Treppe hinunter, immer zwei Stufen auf
einmal, riss dabei den Göttergatten von der Wand, der Bilderrahmen hüpfte mir
vor die Füße, während ich nach unten sprang, Glas knirschte unter meinen
Schuhen. Dann war ich zur Vordertür hinaus und rannte ums Haus herum auf den
Zaun zu. Sie waren jetzt mitten auf dem Feld, näherten sich dem Pfad zum Kliff,
Miranda lief los, versuchte zu entkommen, Kim zerrte sie zurück, riss sie fast
zu Boden, Kreischen und Warnungen füllten die Luft. Ich schlüpfte zwischen
den beiden oberen Zaundrähten durch und lief los, geduckt und leise, meine Füße
weich auf dem Gras. Er hörte mich nicht, war zu sehr auf mein armes Mädchen
konzentriert, das sich krümmte und wand wie ein Fisch am Haken, bemerkte mich
erst, als ich schon fast bei ihm war und mir das Herz aus dem Mund sprang, und
dann drehte er sich um, hob eine Hand, mit der Handfläche nach außen, als
wollte er mich abwehren, aber dafür war es zu spät, zu spät für ihn, um zu
begreifen, was oder wer da los war, und ich krachte in ihn hinein, rammte ihm
meinen Körper in den Unterleib, schlang die Arme um seine Beine, spürte, wie er
umkippte und mit voller Wucht auf die Erde knallte. Ich warf mich auf ihn
drauf, drückte ihm mit den Knien die Arme nach unten und traktierte seinen Kopf
mit den Fäusten. Er war jünger als ich, stärker, aber ich hatte die Wut, die
Oberhand, das gottgegebene Recht, die Sache ein für alle Mal zu erledigen. Ich
wollte ihn umbringen, spürte diesen Drang in den Knochen wachsen mit jedem
Schlag, den ich landete. Ich wollte ihn umbringen, nicht wie Audrey oder Alice
Blackstock, sondern ihm vorher richtig wehtun, ihn brutal treten, ihm den Kopf
eintreten, ihn leiden lassen, zusehen, wie er starb, eine einzige blutige
Masse, Gesicht, Würde, wer er war, alles futsch, ihn fertigmachen, wie ich mein
ganzes beschissenes Leben lang schon immer jemanden fertigmachen wollte. Ich
wusste, auf wen ich da in Wirklichkeit einschlug, wusste es die ganze Zeit,
aber es war mir egal. Es war auch so gut genug.
    Dann trat mir jemand in die Seite, genau in die Nieren,
und Kim schnellte hoch, knallte mit dem Kopf gegen meine Nase, katapultierte
mich von sich runter auf die Erde. Ich rollte mich auf alle viere, aber ein Fuß
traf mich fest unter den Rippen, raubte mir den Rest Luft, der noch in mir war.
Ich rollte mich wieder ab und setzte mich auf, rang nach Luft. Ich war nicht so
fit, wie ich gedacht hatte. Und meine Hand! Ich hatte nichts gespürt, aber
jetzt, Himmel. Ich pustete darauf, versuchte, den stechenden Schmerz zu
lindern. Kim lag drei Schritte entfernt, hielt sich die Nase, Miranda stand
zwischen uns.
    »Miranda«, keuchte ich, fragte mich, womit sie sie gemästet
hatten, dass ihre Beine so aussahen. »Was sollte

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