Binding, Tim
nicht damit, wie ich rückwärts aus der Einfahrt
setze? Schließlich hab nicht ich ihn überfahren.«
Sie saß da, umklammerte das Lenkrad, als würde es sonst
wegfliegen. Ich holte tief Luft.
»Es ist alles in Ordnung damit, wie du rückwärts aus der
Einfahrt setzt. Und auch wie du einparkst. Wir sind einfach beide ein bisschen
nervös, schließlich ist das deine erste Tour, offiziell. Ich bin nervös wegen
dir. Du bist nervös wegen mir. Und wir beide sind nervös wegen diesem schönen
Prachtstück. Es ist ein großes Auto, mit einem großen Motor, großen
Abmessungen. Es kann dir durchgehen, wenn du nicht aufpasst. Du musst dich
konzentrieren, du musst die Ruhe bewahren.«
»Ich bin konzentriert. Ich bin ruhig.«
»Das Frühstück war auch keine Hilfe. Passez-moi
dies, passez-moi das. Wie lange bleibt Madame noch?«
»Solange wie nötig, Al. Sie hatte einen schlimmen Unfall.
Überhaupt, du hast doch gesagt, unser Haus würde ihr jederzeit offenstehen.
Nicht ich.«
»Das hab ich gesagt?«
»Bei ihrem dritten Spiegelei.«
»Das war Ironie, Audrey. Ironie oder Sarkasmus, ich weiß
nicht mehr, was. Wobei sie das offenbar nicht gemerkt hat. So, jetzt lass uns
fahren und deine ersten Kunden abholen, ja?«
Sie waren ein wenig verdutzt, als sie Audrey erblickten,
die sie über das Lenkrad hinweg angrinste. Sie hatten sie noch nie am Steuer
des Vanden Pias gesehen, kaum einer hatte das. Sheila hatte ein Stück Fuchs um
die Schultern hängen, obwohl es ein warmer Tag war. Donald wirkte zwangloser,
schönes Baumwollhemd, gute Schuhe, Stock als Gehhilfe. Sie wollten für zwei
Tage nach Salisbury, in ein Spitzenhotel. Geschäft und Vergnügen, sagte sie.
Ich half ihm zuerst hinein, dann ihr. Normalerweise gehört
es sich umgekehrt, aber sie sollte wissen, dass ich wusste, wer die Hosen
anhatte. So gefiel es ihr, entspannt zurückgelehnt, schon so gut wie da.
Genauso sollte es auch sein, alles rundum in Ordnung, noch ehe sie sich angeschnallt
haben.
Wir fuhren los. Ich war angenehm überrascht, wie Audrey
mit dem Wagen zurechtkam, wie sie drin saß, wie sie alles bediente. Klar, sie
fuhr ihn auch sonst schon mal, aber nicht regelmäßig, nicht beruflich, nicht,
als wäre er ein Teil von ihr, von mir. Aber vom Einstellen der Außenspiegel bis
dahin, wie sie kurz vor den Radarfallen Gas wegnahm, machte sie den Eindruck,
als wäre sie in ihrem Element. Auch im Umgang mit den Colemans war sie gut,
vergewisserte sich mit einem Blick in den Spiegel, ob bei ihnen auch alles in
Ordnung war, machte die eine oder andere Bemerkung, während sie sich weiter auf
die Straße konzentrierte. Und dann, auf halber Strecke: »Wie ich höre, war bei
Ihnen in der Bucht die letzten Tage ganz schön was los, Mrs Coleman? Die
Polizei.«
Mrs Coleman schnalzte mit den Lippen.
»War gar nicht gut fürs Geschäft, dass sie den Strand abgeriegelt
haben. Den ganzen Tag durfte niemand drauf.«
»Ich hätte gedacht, das wäre gerade gut fürs Geschäft. So
sind die Gäste im Hotel geblieben.«
Sheila Coleman schnaubte. Ich stupste Audreys Knie an,
runzelte die Stirn. Nicht ratsam, Kunden so zu widersprechen, erst recht
keiner Selfmadewoman wie Sheila Coleman. Der Selfmademan oder die
Selfmadewoman haben immer recht, vor allem wenn es um ihren eigenen Laden geht.
Wenn die Polizei am Strand schlecht fürs Geschäft war, dann war sie auch
schlecht fürs Geschäft. So einfach war das.
»Aber andererseits wollen Sie mit so einer Sache bestimmt
nicht in Verbindung gebracht werden«, fügte Audrey hinzu, »bei dem Renommee
Ihres Hotels.«
Das war schon besser. Genau die Einstellung, die Sheila
Coleman zu schätzen wusste.
»Es ging um diese Miranda Grogan«, sagte sie mit einer
Stimme, als hätte sie sich eben die Gummihandschuhe übergezogen, um das Klo zu
putzen. »Anscheinend haben die was gefunden, das ihr gehört, am Strand. Haben
ihre Eltern kommen lassen, um zu sehen, ob sie es identifizieren können. Die
arme Mutter.«
»Wissen Sie, was es war?« Audrey warf mir einen Blick zu.
»Wollten sie nicht sagen. Anscheinend keine Strandkleidung.«
»Dann also keinen gelben Regenmantel«, warf ich ein.
»Regenmantel?«
»So einen hatte sie an dem Nachmittag an. Einen gelben
Regenmantel.«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Es war ein Schuh.«
Wir drehten uns alle um, sogar Audrey. Donald starrte
geradeaus, ein Tropfen Speichel lief ihm übers Kinn. Sheila wischte ihn weg.
»Ein Schuh, Donald? Woher weißt du das?«
Die rechte Seite seines
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