Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
Raum. Die Niederlande als Kolonialherren der Banda-Inseln, auf denen der Muskatnussbaum wuchs, bauten erfolgreich ein entsprechendes Monopol auf. Erst als es 1770 gelang, Muskatnussbaum-Setzlinge von der Insel zu schmuggelnund auf Mauritius zu kultivieren, fiel das Monopol und die Kämpfe verlagerten sich auf andere Produkte.
Betrachten wir die „guten sozialen Beziehungen“ als wichtigen Faktor unseres Wohlergehens, so mag es uns aus unserer westlichen Perspektive etwas schwierig erscheinen, hier die Bedeutung von Ökosystemen zu erkennen. In anderen Kulturen gilt dieser Faktor aber als essenziell. Die gemeinsame Versorgung mit Lebensmitteln und Gebrauchsgütern aus der Natur ist dort häufig entscheidend für den Familien- oder Gruppenzusammenhalt. Besonders bei vielen Naturvölkern ist der Umgang mit der Natur nach bestimmten Regeln ausschlaggebend für die Erhaltung der Familien und Stämme.
Eng damit verbunden ist auch das Thema Sicherheit – weit über die Lebensmittelversorgung hinaus. Das Dach über dem Kopf, das vor Regen und Unwettern schützt, besteht häufig noch aus Naturgütern. Oder denken wir an die Regulationsfunktion einer intakten Flussaue bei Überflutungen oder an die Klimaregulation von großen Grünanlagen in der Stadt. Gibt es für all diese Bedürfnisse genügend Optionen aus der Natur, erhöht sich auch in erheblichem Maße die Entscheidungsfreiheit. Für viele von uns erscheint das als selbstverständlich. Entscheidungsfreiheit haben wir zur Genüge, wenn das Einkommen stimmt. Dann können wir auch im Winter Erdbeeren aus Marokko, Spargel aus Peru oder Kaviar aus Russland kaufen. Oder Weine und Wasser aus der ganzen Welt.
Wie man an den Beispielen erkennt, gestaltet sich der Einfluss der Natur auf das menschliche Wohlergehen vielfältig. Er kann sich positiv, er kann sich aber auch negativ auswirken, denkt man etwa an Krankheitserreger oder die tierischen Feinde des Menschen. Der US-amerikanische Autor David Quammen beschreibt dies sehr eindrücklich in seinem Buch „Das Lächeln des Tigers“ über das ambivalente Verhältnis von menschlichen Kulturen zu den Tierarten, die dem Menschen die Rolle als Endpunkt derNahrungskette streitig machen und gelegentlich sogar Menschen töten und fressen – sei es das Krokodil, der Tiger, Löwe oder Braunbär. Solche Beziehungen sind aber zugleich eine wichtige Basis für die ganze Entwicklungsgeschichte der Menschheit.
Raubtiere können auch die Existenz von Schaf- und Rinderhaltern gefährden, indem sie deren Nutztiere töten. Die Natur hier als Service zu betrachten wird uns allen schwerfallen, und genau diese Wahrnehmung von Raubtieren hat nicht zuletzt dazu geführt, dass in Mitteleuropa viele von ihnen schon zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert ausgerottet worden sind, so etwa Wolf, Braunbär und Luchs. Der Löwe, den wir heute als rein südund ostafrikanisches Tier wahrnehmen, war noch zur Zeit der Römer über ganz Afrika bis hin nach Griechenland, die Türkei, Persien und das nördliche Indien verbreitet, wurde aber fast überall ausgerottet. Neben den afrikanischen Savannenlöwen hat nur eine kleine Population im indischen Gir-Wald zwei Jahrtausende der Nachstellungen überlebt.
Auch andere Arten, die in Nahrungskonkurrenz zum Menschen stehen – etwa der Fischotter oder der Kormoran –, wurden gezielt verfolgt und standen in Mitteleuropa zuweilen am Rande der Ausrottung. Heute kommen viele dieser Tiere wieder in unseren Breiten vor, teilweise sogar vom Menschen gefördert. Mit dem Ergebnis, dass fast überall die öffentliche Meinung sofort wieder von einer „Fehlleistung“ der Natur spricht, da diese Arten Wild, Fisch und Vieh fressen, also genau dieselbe Nahrung brauchen wie der Mensch. Kompensationsmaßnahmen müssen sichergestellt werden, der durch diese Tiere verursachte Schaden muss sich in Grenzen halten, etwa indem der Verlust eines Schafes, das durch einen Wolf oder einen Luchs gerissen wird, kompensiert wird.
Einen viel größeren Effekt als all diese Raubtiere haben Krankheitserreger jeglicher Art, die unzählige Menschen das Leben kosten und damit eine weitaus größere „Fehlleistung“ darstellenals Fischotter oder Kormoran. Allein an Malaria sterben jährlich etwa eine Million Menschen, neunzig Prozent davon in Afrika. Gelbfieber verursacht pro Jahr ca. 30 000 Tote, Grippeviren sind für schätzungsweise 250 000 bis 500 000 Tote verantwortlich. Laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation waren es auch 2008 wieder
Weitere Kostenlose Bücher