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Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource

Titel: Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Neßhöver
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Millionen von Touristen in National- und Naturparks fahren. Die Idee, die Natur zum Erholungsort und damit auch explizit zur Geldquelle für die Erhaltung eben dieser Natur zu machen, kam über den deutschen Zoologen und Direktor des Frankfurter Zoologischen Gartens Bernhard Grzimek nach Deutschland. Um die Steppenlandschaft der Serengeti in Tansania zu retten, drehte er zusammen mit seinem Sohn Michael den Oscar-prämierten Film „Serengeti darf nicht sterben“. Dadurch wurde Grzimek in Deutschland bekannt, und seine Sendung „Ein Platz für Tiere“ lief über dreißig Jahre im deutschen Fernsehen. Um die Serengeti zu erhalten, warb Grzimek für einen Pauschaltourismus als Einnahmequelle – mit Erfolg: Prompt fragten interessierte Deutsche massenhaft bei Reiseveranstaltern nach. Auch vor Ort nutzen Grzimek und andere westliche Naturschützer das Argument. Um das Bild der intakten, menschenfreien Natur zu sichern, wurde dafür aber auch die einheimische Bevölkerung aus Nationalparks wie der Serengeti verdrängt, die Einnahmen blieben nur wenigen vorbehalten. Ein Bild, das auch heute noch mancherorts vorherrscht, wo „wilde“ Natur verkauft wird. Und dieses Argumentationsmuster ist noch heute im Naturschutz wichtig. In den letzten Jahren wurden auch in Deutschland zahlreiche Studien angefertigt, die verdeutlichen, wie bedeutsam der Tourismus auch für die deutschen Nationalparks ist. So kommen in die Sächsische Schweiz, wie ein Team um Professor Job von der Universität Würzburg ermittelte, 530 000 Besucher einzig wegen des Nationalparks. Zusätzliche 1,18 Millionen Gäste kommen zu anderen Besuchszielen der Region, vor allem ins nahe gelegene Dresden. Jeder Tourist gibt im Durchschnitt 34 Euro pro Tag aus, was einem Gesamtumsatz von etwa 58 Millionen Euro entspricht – ein großer Teil davon verbleibt in der Sächsischen Schweiz und sichert das Einkommen von annähernd zweitausend Personen.
    Schätzungen aus dem Jahr 2003 besagen, dass alle Nationalparks, Biosphärenreservate und Naturparks in Deutschland zusammen ca. 290 Millionen Besucher zählten. Das reicht vom einfachen Tagesausflug und Spaziergang in einem Naturpark nahe den Ballungszentren bis hin zu mehrwöchigen Urlauben etwa im Nationalpark Wattenmeer. Alleine dort nahmen im Jahr 2007 insgesamt 125 000 Menschen an rund 6200 Wattführungen teil.
    War zu Zeiten von Bernhard Grzimek der Tourismus vielleicht noch eine gute Idee, um den Wert intakter Natur für den Lebensraum zu verdeutlichen und zu sichern, ist der Tourismus heute allerdings ein Problem in vielen dieser Gebiete. Durch die hohe Zahl an Touristen – zum Beispiel kommen gegenwärtig ca. 140 000 jährlich in die Serengeti – sind die Störungen für die Tierwelt massiv. Aus ökologischer Sicht müsste der Zugang stärker beschränkt werden, was der örtlichen Tourismusbranche aber wenig behagt. Der Natur-Tourismus im südlichen Afrika ist schon lange ein Massenphänomen. Neben den großen Nationalparks gibt es in Südafrika unzählige private Parks oder Wildfarmen, die die Sichtung der „fünf Großen“ jeder Safari – Elefant, Spitzmaulnashorn, Afrikanischer Büffel, Löwe und Leopard – versprechen. Diese fünf Großen hatten ursprünglich eine ganz andere Bedeutung – sie waren die fünf großen Ziele der Großwildjäger – und sie sind es für die Wilderer in doppelter Hinsicht auch heute noch.
    Solche Beispiele für das Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Tourismus gibt es etliche in der Welt, etwa am Kilimandscharo, den mittlerweile mehr als 20 000 Touristen pro Jahr besteigen wollen. Auch der Mount Everest wird von den Massen überrannt, wenn man das beim höchsten Berg der Erde so nennen kann. In den letzten Jahren schafften es immerhin durchschnittlich 500 Menschen pro Jahr auf den Gipfel. Am 23. Mai 2010 wurde mit allein 170 Personen an einem Tag der bisherigeRekord aufgestellt. Und auf jeden Gipfelbesteiger kommen weit über zehn Begleitpersonen im Basislager. Entsprechend stark belastet wird die empfindliche Hochgebirgsnatur.
    Gerade auch in den Industrieländern ist das Problem immanent: Im Wattenmeer, das jährlich viele Millionen Urlauber besuchen, wachsen die Herausforderungen, die Natur vor Störungen zu schützen. In den amerikanischen Nationalpark-Ikonen, dem Yosemite-Nationalpark in Kalifornien oder dem Yellowstone-Nationalpark in Wyoming, wo Jahr für Jahr 3,5 bzw. 3,6 Millionen Besucher vor allem im Sommer herbeiströmen, werden die Zufahrtsstraßen

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