Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
Dürreperioden auftreten, finden die Bienen nur wenig Nahrung und sind als Kolonie geschwächt.
In Europa scheinen dagegen mehr die Einzelfaktoren zu überwiegen, vor allem die Varroa-Milbe. Allerdings kam es sowohl hierzulande als auch in Frankreich regional zu starken Verlusten, nachdem Neonekotonoide vermutlich unsachgemäß eingesetzt worden waren. In Baden-Württemberg kam es etwa 2008 zu einem massiven Verlust an Bienen. Dort wurde das Neonekotinoid Clothianidin verantwortlich gemacht. Das Mittel wird durch Beizung, das heißt durch Besprühen der Mais-Saatkörner, ausgebracht. Es wird dann von den wachsenden Pflanzen aufgenommen, um Fraßfeinde zu töten und ihre Vermehrung zu verhindern. Im betroffenen Gebiet war der Westliche Maiswurzelbohrer aufgetreten, einer der größten Maisschädlinge, der sofort durch Quarantänemaßnahmen bekämpft werden muss. Hierzu brachte man im weiten Umkreis Saatgut mit einer deutlich erhöhtenKonzentration von Clothianidin als üblich aus, was wohl dazu führte, dass sich das Mittel in der Umwelt verteilte und die Bienen und andere Insekten massiv schädigte. Um wieder auf das Bild des Aktienhändlers zurückzukommen: Ein hoch spezialisierter Investor in Mais muss sein Investment in einer einzigen Anlageart durch massive Zusatzmittel, wiederum in ein einzelnes Produkt, das Pestizid, schützen. Dieses wiederum schädigte mit der Honigbiene das einzige Produkt eines anderen Investors, des Imkers, immens. Ein durchdachtes Portfoliomanagement auf Basis der Vielfalt der Natur sähe wohl anders aus.
Kriege um Natur als Ressource – von Fischen und ihren Lebensräumen
Auch an anderer Stelle sind die Investitionen in die Nutzung von Naturressourcen zumeist eindimensional ausgerichtet. Konflikte um diese Ressourcen sind häufig die Konsequenz, Konflikte, die sich bis hin zu Kriegen verschärfen können. Wussten Sie, dass sich Deutschland bereits zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren mehrfach im „Krieg“ um knapper werdende Ressourcen befand? Und zwar mit Island?
Zwischen 1958 und 1977 gab es zwischen Island und mehreren europäischen Staaten, vor allem Großbritannien, aber eben auch Deutschland, die sogenannten Kabeljau-Kriege. Neben der nordamerikanischen Küste verfügte Island über die reichsten Kabeljau-Bestände im Atlantik. Und europäische Fischtrawler kamen, nachdem sie nach dem Zweiten Weltkrieg die Nordsee, wo sich die Fischbestände während des Krieges stark erholt hatten, schon wieder recht leer gefischt hatten, zunehmend vor die isländische Küste, um sich am Allgemeingut Fisch im Meer zu bedienen. Da Islands Wirtschaft in hohem Maße vom Fischexport abhängig war, beschloss die Regierung, die Zone an derKüste, die man zum Hoheitsgebiet des Landes rechnete, zu erweitern. Von drei Seemeilen auf zwölf, dann auf fünfzig und schließlich, im Jahr 1977, auf 200 Seemeilen. Andere Länder taten Ähnliches. Vor allem Großbritannien wollte dies nicht akzeptieren und ließ seine Fischtrawler von Marineschiffen eskortieren. Die isländische Küstenwache besaß nur eine Handvoll Schiffe, um ihre Gewässer wirklich verteidigen und Fischtrawler kontrollieren zu können. Doch die Küstenwache entwickelte ein einfaches Mittel: die Netzsäge. Im zweiten Kabeljau-Krieg Anfang der 1970er-Jahre wurden damit die Netze von 84 Trawlern zerstört, indem das Boot mit der Säge unter Wasser einfach hinter dem Trawler kreuzte und dessen Netz kappte. Und ohne Netz mussten die Schiffe zurück nach Großbritannien und Deutschland fahren, denn sie konnten stets nur ein großes Schleppnetz mitnehmen. Nachdem die Effektivität der Säge deutlich geworden war, verlegte man sich auf das gegenseitige Rammen der Boote. Zum Glück kam nie jemand wirklich zu Schaden.
Die Kabeljau-Kriege waren ein Auslöser dafür, dass man sich im Jahr 1982 auf globaler Ebene auf die internationale Seerechtskonvention einigte, die die 200-Meilen-Zone als „ausschließliche Wirtschaftszone“ für die Anrainerstaaten festschrieb – eines der ersten globalen Beispiele, wie knappe Naturressourcen zu einer weltweiten Einigung über Eigentumsrechte führten.
Nur leider hat das kaum dazu beigetragen, die Fischbestände der Küstenregionen besser zu bewirtschaften. Den Isländern gelingt das zwar recht gut, die EU zeigt aber Jahr für Jahr, das sie eben dies nicht schafft. Nach offiziellen Zahlen der Europäischen Union gelten 63 Prozent der Fischbestände im Nordatlantik – einschließlich vor Nordamerika und
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