Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
ihrer Eier und ihrer Daunenfedern zu jagen. Sie wurden teilweise vor Ort direkt in kochendem Wasser, das von den fettreichen Knochen ihrer Artgenossen befeuert wurde, abgebrüht, um die Federn leichter rupfen zu können. Durch diesen starken Nutzungsdruck, in dem Jahr für Jahr Tausende von Riesenalken getötet wurden, wurde die Art in Kanada schnell rar. Versuche, den Nutzungsdruck zu reduzieren, etwa durch ein Jagdverbot im Jahr 1786, schlugen fehl, um 1800 galt der Riesenalk in Kanada als ausgestorben.
Damit war auch der typischen Übernutzung einer Naturressource für den Menschen – zunächst als Nahrung, später vornehmlich zur Gewinnung von Federn und Eiern – ein Ende gesetzt, denn die übrig gebliebenen Riesenalke brüteten nur noch auf wenigen kleinen Inseln vor Island, wo ihre Zahl, aber auch der Nutzungsdruck geringer war. Allerdings kam nun ein neuer Druck hinzu: Die industrielle Entwicklung und das sich ausbreitende Weltreich Großbritanniens führten zu einem breiten Wohlstand und auch dem zunehmenden Zugang zu Exotischem. Das Sammeln etwa von exotischen Pflanzen wie Orchideen, aberauch von Vogelbälgen und Eiern bildete ein immer beliebteres Hobby nicht nur der Aristokratie. Und bei Sammlern erzielt das hohe Preise, was selten ist. Unter Naturkundlern wie Natursammlern – in dieser Zeit waren dies oft Forscher in Personalunion – entstand ein großes Interesse an weiteren Sammlerobjekten, auch am großen und seltenen Riesenalk. Die Eier des Riesenalks waren dabei besonders attraktiv. Zum einen sind sie mit ca. 12,5 Zentimetern Länge und 7,5 Zentimetern Breite relativ groß, und sie waren auf einer Seite untypisch zugespitzt, um ihr Wegrollen in den wenig ausgeprägten Nestern auf Felsen zu verhindert. Zudem war jedes Ei individuell und ungewöhnlich schwarz oder grau gesprenkelt – ein ideales Sammlerobjekt.
Zunächst aber war der letzte größere Bestand des Vogels noch sicher, denn der Nistplatz lag auf einer abgelegenen Vulkaninsel, dem Geirfuglasker, der kaum zu erreichen war und auch in der isländischen Sagenlandschaft ein verwunschener Ort war, den man besser mied. 1830 allerdings geschah das, wodurch einzelne Populationen seltener Arten auch gefährdet sind – eine Naturkatastrophe am falschen Ort. Durch den Ausbruch des Vulkans verschwand die Insel komplett, das sichere Refugium war passé, und die letzten Alke brüteten stattdessen auf einer anderen nahen Insel, Eldey, die im Sommer erreichbar war, wenn auch unter Schwierigkeiten. Durch die große Nachfrage nach den Vögeln kam es jedes Jahr zu Jagdexkursionen. Für das Jahr 1833 sind 24 Vögel belegt, dann wurden es weniger und weniger. Im Jahr 1840 oder 1841 waren es noch drei. Dann erfolgte, wie später rekonstruiert, am 3. Juni 1844 der letzte Jagdzug, auf dem das einzige noch gesichtet Paar des Riesenalks gefangen und erschlagen wurde. Das Ei des Paars, ebenfalls sehr wertvoll, zerbrach wohl durch eine Unachtsamkeit. Die toten Tiere sollen übrigens den Auftraggeber der Expedition nie erreicht haben: Auf dem Weg bot ein anderer Händler wohl einen besseren Preis und die Tiere gingen an ihn. Wo die ausgestopften Exemplare landeten, istheute nicht klar, evtl. sind es laut einem Buch von Errol Fuller die heute in den Museen von Brüssel und Los Angeles vorhandenen Exemplare. Die eingelegten Eingeweide der beiden Tiere befinden sich heute im Zoologischen Museum von Kopenhagen.
Ob dieser Tag im Jahr 1844 wirklich das Aussterbedatum des Riesenalks markiert, lässt sich nicht sagen. Vielleicht waren noch einzelne Tiere ein paar Jahre lang im Atlantik unterwegs. Auf den bekannten Brutinseln aber wurden keine mehr gesichtet, und damit ist der Riesenalk eines der markantesten Beispiele, wie am Ende die Gier nach dem Besonderen zum Verschwinden einer Art führt – denn ihre anderweitige wirtschaftliche Nutzung als Nahrung oder zur Daunengewinnung war schon lange nicht mehr rentabel.
Seltenheit als Grund für Rentabilität hält aber auch beim Riesenalk noch nach seinem Aussterben an, wie auch bei anderen Sammlerleidenschaften. Für einige der ausgestopften Exemplare wurden auch viel später noch hohe Preise bezahlt: 350 britische Pfund im Jahr 1895, 700 im Jahr 1936, 9000 im Jahr 1971 und 25 000 im Jahr 1974.
Nicht weit weg vom Riesenalk: Nashorn und Co.
Ähnliche Beweggründe verbergen sich auch heute noch häufig hinter der fortgesetzten Jagd nach seltenen Großtieren wie Tiger, Moschustier oder Nashorn. Um jene zu verhindern, wurde
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