Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
der Export nach Asien ist für die starke Befischung der Glasaale in der Nordsee verantwortlich – der komplexe Kampf zwischen Mensch und Aal spielt eine bedeutende Rolle. Zunächst einmal wird der Aal der zunehmenden Verschmutzung der Gewässer ausgesetzt. Als stark fettanreicherndes und fleischfressendes Tier nimmt er große Mengen an Schwermetallen und organischen Schadstoffen aus dem Wasser und seiner Nahrung auf und lagert sie ein. Außerdem sind die verschiedenen Lebensräume immer schlechter zu erreichen: Durch Verbauungen diverser Art in Flüssen, vor allem Wasserkraftwerke, können kleine Aale häufig gar nicht die Flüsse hinaufwandern, die Alttiere hingegen haben Probleme, flussabwärts zu kommen, um in die Sargassosee zum Laichen zu gelangen. So werden – hier weichen die Schätzungen stark voneinander ab – je nach Flusssystem und den bestehenden Verbauungen zwischen zwanzig und sechzig Prozent der wandernden Tiere in den Turbinen von Kraftwerken getötet. Ein Problem, das auch für viele andere wandernden Fischarten besteht und nur durch die Einrichtung von Fischtreppen, quasi „Umgehungsstraßen“ für Fische an den Turbinen und Wehren vorbei, entschärft werden kann. Die Wasserrahmenrichtlinieder EU sieht die Sicherstellung dieser Durchgängigkeit der Flüsse für alle Fischarten vor, aufgrund der hohen Anzahl von Querverbauungen in unseren Flüssen wird es aber noch lange dauern, bis dies an allen Flüssen der Fall ist. Dabei gilt der Aal noch als relativ flexibel. Er kann sich als erwachsenes Tier bei feuchter Witterung auch über Land fortbewegen, da er über die Haut atmen kann. Dadurch ist es ihm möglich, kleinere Hindernisse zu umgehen.
Ein weiterer Faktor sind die natürlichen Feinde. Gerade der Kormoran, Hauptfischjäger in Mitteleuropa und seit den 1950er-Jahren fast ausgerottet, hat in seinem Bestand stark zugelegt und befischt wieder Flüsse und Seen. Eine weitere Gefahr muss der Mensch verantworten. Durch Importe japanischer Aale in den 1980er-Jahren wurde der parasitische Schwimmblasenwurm (Anguillicola crassus) in die europäischen Aalpopulationen eingeschleppt und verbreitete sich unter ihnen schnell. Der Parasit wird als Larve zunächst von anderen Tieren, kleinen Fischen oder Krebstieren, aufgenommen, wächst in ihnen heran, um dann mitsamt seinem Wirt von einem Aal gefressen zu werden. Im Aal wandert er vom Magen in die Schwimmblase und setzt sich dort fest. Er wird dabei gerade einmal drei Zentimeter lang, allerdings können bis zu siebzig Individuen in einem Aal leben. Dies führt zu einer starken Schwächung des Aals bis hin zum Tod. Vor allem aber wird die Schwimmblase geschädigt, die Auftriebswirkung der Blase funktioniert nicht mehr ausreichend, sodass die Aale gezwungen sind, mehr Energie auf das Schwimmen zu verwenden. Wie viele Aale durch den Parasiten umkommen, ist nicht bekannt, man vermutet aber, dass gerade auf dem langen Weg in die Sargassosee viele befallene Tiere verenden.
Am Ende seines Weges durch Flüsse und Seen steht wieder der Mensch – und befischt den Aal. Weswegen die Schwierigkeiten des Aals, seinen Bestand zu erhalten, durch den Menschen zunehmend umgangen werden. Schon sehr lange übernehmenAngler und Fischer den Aufstieg der Fische durch Besatzmaßnahmen. Im Jahr 2007 wurden stolze 13,5 Millionen Aale in deutschen Gewässern ausgesetzt (Kostenpunkt: ca. vier Millionen Euro), damit sie später befischt werden konnten. Entsprechend ist auch die Fischerei zentral für die Erhaltung der Aale in Deutschland. Ohne das jährliche Aussetzen von Jungfischen sähe die Situation vermutlich noch wesentlich schlechter aus.
Wie genau diese verschiedenen Faktoren nun zusammenwirken, sodass die Bestände der Glasaale seit den 1970er-Jahren um etwa 98 Prozent zurückgegangen sind, ist sehr schwer zu sagen. Aber an vielen Stellschrauben ist auch hier wieder der Mensch beteiligt – und hat zugleich ein Interesse, den Aal als natürliche Ressource und Einnahmequelle zu erhalten, weswegen es nun europaweit Aal-Management-Pläne gibt. Der deutsche Begriff „Aal-Bewirtschaftungsplan“ macht deutlich, wie man hier denkt – in erster Linie geht es um die Erhaltung eines Wirtschaftsgutes. Und zwischen Aal und Mensch hat sich eine gewisse Abhängigkeit ergeben. So kommt der Aal-Bewirtschaftungsplan zu dem Schluss, dass sich der Aalbestand ohne Besatzmaßnahmen, die es schon seit hundert Jahren gibt, nicht erholen könne. Andererseits darf die Befischung nicht allzu
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