Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
Nachfrage und des geringen Angebots immensen Preisen, und wer denkt als Naturkundemuseum schon daran, dass die eigenen Exponate wertvoller sind als Gold? Heute tun sie es, die meisten Naturkundemuseen haben ihre Nashorn-Hörner oder -Köpfe in die gesicherten Bereiche verlegt. Und zahlreiche Zoos haben bei ihren Nashörnern in den Ställen Überwachungskameras installiert, da auch sie fürchten, man könne sich an ihnen vergreifen. Stellen Sie sich vor, das würde sich auf Löwen und Tiger, Elefanten und andere Tierarten ausweiten. Dann würden unsere Zoos und Naturkundemuseen zu Hochsicherheitstrakten – oder schlicht geschlossen.
Aalglatt – oder eben nicht. Wie Wirkungen auf die Natur immer komplexer werden
Auch der Europäische Aal (Anguilla anguilla) ist eine Art, die mehr und mehr unter Druck gerät. Früher eine der häufigsten und auch robustesten Fischarten Mitteleuropas, sind die Bestände mittlerweile stark zurückgegangen. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN führt den Aal auf der Roten Liste der gefährdeten Fischarten inzwischen als stark gefährdet. Die Nutzung spielt dabei eine wichtige Rolle, aber in diesem Fall sind auch andere Faktoren entscheidend.
Evolutionsbedingt führt der Aal ein äußerst kompliziertes Leben. Anders als der Lachs, der in Flüssen seinen Nachwuchs zeugt und dann im Meer lebt, leben Aale den Großteil ihres Lebens im Süßwasser, pflanzen sich aber im Meer fort. Lange war unbekannt, wie und wo das überhaupt geschieht, bis man allmählich entdeckte, dass alle europäischen Aale in die 5000 Kilometer von den europäischen Küsten entfernte Sargassosee nördlich der Karibik wandern, um dort zu laichen und dann zu sterben. Manvermutet, dass diese ungewöhnlich weite Wanderung mit der Evolution des Aales über die letzten Jahrmillionen während der Kontinentalverschiebung zusammenhängt. Anfänglich war das Meer zwischen Europa und Afrika sowie Nord- und Südamerika noch klein und der Weg für die Aale bzw. deren Vorfahren kurz. Deshalb blieben sie auch bei ihrem angestammten Brutgebiet, als der Atlantik durch die Ausdehnung des mittelatlantischen Rückens größer wurde. Heute noch schiebt sich der mittelatlantische Rücken mit einer Geschwindigkeit von zwei Zentimetern pro Jahr auseinander, der Weg für die Aale quer über den Atlantik wird also noch immer länger.
Im Laufe der Zeit hat sich der Aal aber in faszinierender Weise angepasst. Den Weg in die Sargassosee legen die Elterntiere ohne Nahrungsaufnahme zurück und zehren rein von ihren Fettreserven – wer einmal Aal gegessen hat, weiß, dass er sehr fettreich ist. Die Verdauungsorgane bilden sich zurück und machen den Geschlechtsorganen Platz. Die in der Sargassosee geschlüpften Fische nehmen schon als Kleinstfische den Weg nach Europa in Angriff, und nach etwa ein bis zwei Jahren kommen sie als wenige Zentimeter lange sogenannte Glasaale vor den europäischen Küsten an. Wo die vielfältigen Herausforderungen durch den Menschen beginnen. Schon die Glasaale gelten als Delikatesse. Ferner werden sie abgefischt, um Besatzmaßnahmen in Flüssen und Seen vorzunehmen, aber auch um die Aale in Aquakulturen zu züchten – nicht nur in Europa, sondern zunehmend auch in Asien, wo Aal eine Delikatesse ist. Der Japanische Aal ist überfischt – und so weichen dortige Züchter, ebenso wie die europäischen Fangflotten der Hochseefischerei, zunehmend auf den Europäischen Aal aus. Aufgrund der komplizierten Biologie des Aals ist eine direkte Zucht nämlich nicht möglich, man muss die Jungtiere fangen und großziehen. Ein Problem, das sich ebenso beim Thunfisch und anderen Zuchtarten stellt, auch wenn man mit ausgeklügelten Methoden an einer Vermehrung in Gefangenschaftarbeitet. Die starke Nachfrage hat dazu geführt, dass ein Kilogramm Glasaal für die Zucht, etwa 3000 Tiere, heute bis zu 1000 Euro kostet. In den 1990er-Jahren waren es noch umgerechnet 120 Euro.
Da Glasaale so teuer geworden sind, gibt es nun etwa für Angulas, das klassische baskische Weihnachtsgericht, das aus kurz in der Pfanne gebratenen Glasaalen besteht, nur noch einen Ersatz. Dieser wird aus Surimi, zerkleinertem Fischprotein, hergestellt, das mit Aromen und Lebensmittelfarbe in die Form von Glasaalen gebracht wird – inklusive des kleinen schwarzen Punkts an einem Ende, der das Auge darstellen soll. Auch Garnelen und andere Meeresfrüchte werden zunehmend imitiert, da das eigentliche Naturprodukt schlicht zu teuer geworden ist.
Aber nicht allein
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