Biodiversität: Unsere wertvollste Ressource
stark eingeschränkt werden, sonst würde die Bereitschaft zu solchen Maßnahmen entschieden zurückgehen. Zwar werden die Kosten von Bund und Ländern mitgetragen, aber auch Angler- und Fischereivereinigungen tragen stark zu den Maßnahmen bei. Der Mensch übernimmt also zunehmend die Umgehung der Gefahren für den Aal, die der Mensch geschaffen hat: Kleine Glasaale werden in Küstennähe gefangen, gegebenenfalls aufgezogen und im Binnenland wieder ausgesetzt. Umgekehrt werden erwachsene Aale gefangen, um sie dem Schicksal, in Wasserkraftturbinen umzukommen, zu entziehen und zur Fortpflanzung in den Ozean zu bringen. Dies ist weniger aufwändig, als Umgehungsmaßnahmen zu schaffen oder die Turbinen umzubauen.
Durch die vielfältigen Gefahren für den Aal, wenn er sich denn natürlich zwischen der Sargassosee und den Binnengewässern in Europa bewegen will, ist also eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Mensch und Tier entstanden. Der Schutz von natürlichen Beständen und deren Nutzung durch Fischer und Angler sind zu einem Ineinander geworden, und es ist schwierig, ohne sehr großen Aufwand die menschlich bedingten Gefahren, aber auch die natürlichen Gefahren für den Aal so kontrollieren zu können, dass eine Erhaltung des Bestandes ohne den weiteren Eingriff des Menschen möglich ist.
Kampf um das Riff – die Miesmuschel und die Pazifische Auster
Das Beispiel des Aals zeigt, wie schwierig es sein kann, eine Art mit komplexer Ökologie, an der zudem ein großes Nutzungsinteresse besteht, nachhaltig zu erhalten. Ähnliche Probleme sehen wir in der Nordsee, wo nicht nur bei vielen Fischarten, sondern auch anderen wichtigen Lebewesen des Ökosystems die Situation als kritisch bezeichnet werden muss. So bei einer anderen beliebten Speise auf unseren Tellern, die man am besten, so heißt es, in den Monaten mit R am Ende genießt, also von September bis Februar: der Miesmuschel. In einem Sud aus Weißwein mit Knoblauch, Zwiebeln, Safran und Olivenöl gekocht und mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt, gilt sie bei vielen als eine Delikatesse. Zuvor haben die Muscheln in ihrem mehrjährigen Leben unzählige Tonnen Nordseewassers gefiltert und die Nährstoffe herausgezogen. Damit nehmen sie aber auch viele Schadstoffe auf, die Muschel aus der Nordsee gilt als relativ stark belastet, etwa mit Schwermetallen wie Blei, Cadmium und Quecksilber. An allen europäischen Küsten wurde und wird sie gefischt, außerdem wird sie im zunehmenden Maße entlang der Nordsee und des Atlantiks gezüchtet. 2007 betrug die Produktionsmenge in der EU ca.175 000 Tonnen, was einem Marktwert von 231 Millionen Euro entspricht. Marktführer sind Frankreich, die Niederlande und Großbritannien. Die Ernte in Deutschland dagegen ist vergleichsweise klein. In Niedersachsen gibt es Muschelfarmen, die etwa 8000 Tonnen jährlich produzieren. In Schleswig-Holstein werden neben der Zucht noch bestehende Miesmuschelriffe befischt, dort beträgt die gesamte Ernte ca. 20 000 Tonnen. Die Geschichte der Miesmuschelzucht lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen, wo die Muschel bereits in Frankreich an Pfählen kultiviert wurde.
Nicht zu vergessen ist, dass die Miesmuschelbänke nicht nur für den Menschen eine wichtige Nahrungsquelle sind. Im Wattenmeer mit seinen Hundertausenden von Zugvögeln jährlich stellen sie auch eine wichtige Nahrungsquelle für zahlreiche Vögel dar.
Das Miesmuschelfischen von den natürlichen Riffen ist schwierig und zerstörerisch, da mit schweren, metallverstärkten Netzen die Bänke per Schleppnetz befischt werden. Mehr und mehr ist daher die Zucht zum Fokus der Muschelproduktion geworden, auch weil die direkte Fischerei in den Nationalparks des Wattenmeeres immer stärker eingeschränkt wurde. Allerdings ist die Zucht, wie bei vielen aquatischen Organismen, zunächst auf das Fangen oder Sammeln von Jungtieren angewiesen, im Fall der Muscheln auf die noch im Wasser frei schwimmenden, wenige Millimeter großen Jungmuscheln. Sie mit speziellen Netzen zu fischen ist den Muschelfarmern erlaubt. Die Jungmuscheln werden dann in bestimmten ausgewiesen Zonen des Watts ausgebracht, um sich dort zur vollen Größe zu entwickeln. So werden in Niedersachsen etwa 1300 Hektar Wattfläche für diese Kultur genutzt. In Niedersachsen sind 102 Muschelriffe bekannt, davon sind 29 von der Muschelgewinnung ausgenommen. Im Durchschnitt wurden in den Jahren 1994 bis 2007 6300 Tonnen an Jungmuscheln gefischt, um sie dann weiter zu
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