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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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Menschenleben trägt.“ Die Software- und Hardware-Hacker, die im brmlab in der Mehrheit sind, hätten am Anfang viele Fragen hinsichtlich Sicherheit gehabt. „Ich habe als Reaktion darauf viele Sicherheitsmaßnahmen eingeführt, zum Beispiel einen verschließbaren Schrank für Chemikalien, Ess- und Trinkverbot im Labor, Verbot von unbeschrifteten Gefäßen im Laborbereich, so in der Art“, erzählt Hanečková.
    Aus Österreich kommt auch einer der derzeit jüngsten Biohacker. Andreas Stürmer, 21 Jahre alt und erst seit zwei Jahren Biotechnik-Student im österreichischen Wels, ist in Walnut Creek nicht persönlich dabei, aber den Anwesenden DIY-Biologen durchaus sehr präsent. Denn er ist einer von denen, die auf DIYbio.org derzeit am aktivsten diskutieren. Sein erstes Experiment war die genetische Veränderung von Bakterien, denen er das Leuchten im Dunkeln beibrachte. Derzeit versucht er, Pflanzen zum Leuchten zu bringen. „Aus ästhetischen Gründen“, wie er sagt. Allerdings ist das kein triviales Unterfangen. Den Bauplan für ein künstliches Gen, das die Fähigkeit zu leuchten von Bakterien auf Pflanzen übertragen soll, hat er bereits entworfen. Aber da jede Organismenart den universellengenetischen Code ein wenig anders, gewissermaßen mit unterschiedlichem genetischen Dialekt, verwendet, muss Stürmer von Bakterien- in Pflanzen-Dialekt übersetzen. Das künstliche Gen könnte er mit viel Aufwand selbst aus Genschnipseln zusammensetzen oder es bei einem Unternehmen ordern, das Kunstgene auf Bestellung produziert.
    „Entweder man hat einen Riesenaufwand oder man bezahlt einen Haufen Geld“, sagt der Nachwuchs-Erfinder, der auf Spendengelder für sein Vorhaben hofft. Über das Internetforum wurde ihm bereits Unterstützung zugesichert. Dort hat er auch die entscheidenden Hinweise für seine Konstruktionsarbeiten bekommen. Mithilfe von im Internet frei zugänglicher Fachliteratur und dem, was er in der Bibliothek seiner Universität findet, plant er sein Experiment minutiös. Bislang arbeitet Stürmer noch in einem Hochschullabor, in dem ihn einer seiner Lehrer experimentieren lässt. In fünf Jahren hätte Stürmer aber gern ein eigenes Labor, eines der niedrigsten biologischen Sicherheitsstufe, in dem man mit gentechnisch veränderten Organismen arbeiten darf, „mehr will ich gar nicht, ich will ja nicht mit gefährlichen Keimen arbeiten“, sagt er. Er würde seine medizinische Hobby-Forschung gerne als Nebenbeschäftigung betreiben und möglichst über „ein gutes Projekt, das Geld abwirft“, finanzieren.
    Stürmer (21), Hanečková (25) oder Trojok (26) und noch einige andere gehören bereits zu einer zweiten Generation von Biohackern. Sie geben sich nur noch nebenbei mit Schnapsglas-Experimenten, DNA-Extraktion aus Erdbeeren oder anderen Spielereien ab. Sie setzen sich stattdessen selbstbewusst ehrgeizige Ziele, die zu erreichen einiges gentechnisches Geschick erfordern dürfte. Sie bauen darauf, dass ihnen schon bald ein Netzwerk funktionierender und gut ausgestatteter Biohacker-Labors zur Verfügung stehen wird. Und offenbar sind es – nach der ersten, vor allem amerikanischen Generation – immer mehr Europäer.
    Als wir den stickigen Konferenzraum verlassen, um die Übertragung der Fußball-Europameisterschaft (der Klassiker Deutschland gegen Holland) auf einem der Hotelfernseher zu sehen, gesellt sich Pieter van Boheemen dazu. Er war 2010 Mitglied des iGEM-Teams der TU Delft und ist inzwischen Biohacker in Amsterdam. Eine halbe Stunde lang denken wir nicht ans Biohacking, doch nach zwei Torenfür Deutschland verliert Pieter das Interesse am Spiel, und wir unterhalten uns über die niederländische Biohacker-Szene. Er erzählt, dass die Amsterdamer ihr Labor in jenem Gebäude aufbauen konnten, in dem 1632 Rembrandts berühmtes Bild „Die Anatomie des Dr. Nicolaes Tulp“ entstand. An diesem für die Entwicklung einer freien Wissenschaft in Europa so symbolhaften Ort hat heute die „Waag Society“, eine Stiftung für Kunst, Wissenschaft und Technologie, 64 ihr Institut. Sie stellt den Amsterdamer Biohackern dort Räume zu Verfügung. Auch bei ihnen geht es zunächst um das Basteln günstiger Werkzeuge, die Biohacking erschwinglicher machen sollen. „Als wir starteten, gab es keinen Plan – zwei Freunde und ich spielten mit Arduino-Microcontrollern herum und kombinierten das mit unserem IT- und Biotech-Wissen.“ Inzwischen haben die drei eine mobile PCR-Maschine gebaut, die sie zur

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