Biohacking - Gentechnik aus der Garage
gerade gegen Krankheitserreger kämpft oder wir am Strand liegen und lesen. In professionellen Labors werden solche Pufferlösungen normalerweise selbst angerührt. Man könnte sie auch kaufen, aber das ist meist zu teuer. Auch wir haben bei einem Laborbedarf-Händler TBE-Puffer gefunden, aber unseren Bedarf über diese Quelle zu decken würde unser Budget sprengen. Um den Puffer selber anzusetzen, müssten wir jedoch drei Chemikalien kaufen, und das ist als Privatperson in Deutschland gar nicht so einfach, jedenfalls wenn man auf den offiziellen Wegen bleiben möchte. Außerdem müssten wir uns ein pH-Messgerät zulegen, um den pH-Wert des Puffers durch Zugabe von Säure oder Lauge exakt einstellen zu können.
Die Rettung bringen ein Fachartikel aus dem Jahr 2004 und eine Diskussion im DIYbio-Forum, in dem wir uns inzwischen heimisch fühlen. In der Debatte ging es damals darum, ob es nicht einen einfacheren Ersatz für den antiquierten TBE-Puffer geben könnte, den bereits Generationen von Forschern anrührten, um ihre Gele darin zu baden, während sie die Elektrophorese laufen lassen. Ein Hacker hatte den Artikel zweier Forscher von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore gefunden, in dem diese Natriumborat als Puffersubstanz empfehlen, das in vielen Haushaltsreinigern enthalten ist und auch pur als Fleckentferner von Onlinehändlern angeboten wird.
Zwar wurde auch noch diskutiert, das Natriumborat selbst herzustellen aus Borsäure und ätzendem Natriumhydroxid, das als Abflussreiniger verkauft wird – aber über Ebay bekommen wir einen kleinen Eimer voll Borax, wie Natriumborat auch genannt wird, für ein paar Euro. Daraus können wir einen funktionierenden Puffer machen, indem wir 1,907 Gramm Borax in einem Liter Wasser lösen. Profis würden dann noch den pH-Wert perfekt einstellen, aber für unsere Zwecke wird es hoffentlich auch dieses vereinfachte Rezept tun. Kay Aull hatte uns noch mit auf den Weg gegeben, es gar nicht erst mit Leitungswasser zu versuchen, sondern ausschließlich destilliertes Wasser aus dem Drogeriemarkt zu verwenden. Leitungswasser enthält Salze und andere Spurenelemente, die das chemische Gleichgewicht in den Reaktionsansätzen stören können. Aull hattees eine Zeitlang mit Bostoner Leitungswasser versucht – nichts klappte, bis sie erkannte, worin das Problem lag.
Per Internetvideo haben wir gelernt, worauf beim Agarose-Kochen zu achten ist. Wir halten den Glaskolben, in dem wir das Gemisch angesetzt haben, geschützt durch dicke Arbeitshandschuhe, über die offene Flamme des Campingkochers. Das Ganze ist wie Gelee kochen, nur dass wir einen anderen Zucker verwenden. Vorsichtig, wie Mac es uns gezeigt hat, gießen wir die Flüssigkeit in die Gelkammer und warten, bis sie erstarrt. Es ist Juli, das Büro kühlt in den heißen Nächten des Sommers kaum ab, und so haben wir bereits am Vormittag nahe 30 Grad Celsius an unserem Arbeitsplatz. Der Gaskocher heizt zusätzlich ein, aber unerträglich macht den Aufenthalt im improvisierten Labor erst unsere PCR-Maschine. Das zwanzig Jahre alte Monster produziert so viel Abwärme, dass wir das Gefühl haben, die Agarose schon fast ohne Gasflamme auflösen zu können. Das Erstarren des Gels dauert dafür umso länger. Es im Kühlschrank gelieren zu lassen ist übrigens keine gute Idee. Es bilden sich Schlieren im Gel. Haben wir ausprobiert.
Für alle, die sich auch selbst einmal ein Labor einrichten wollen, haben wir einen Tipp: Sucht euch einen kühlen Ort. Wir schwitzen wie ein Bautrupp, der im Hochsommer Asphalt legt. Dabei besteht unsere körperliche Aktivität überwiegend darin, die „Eppis“, jene kleinen Reaktionsgefäße aus Plastik, zu öffnen und zu schließen, und zu pipettieren. Das ist für den Daumen in etwa so anstrengend, wie stundenlang nervös die Mine eines Kugelschreibers herauszudrücken und wieder einzufahren.
So simpel sich diese Tätigkeit anhören mag – ein Fehler beim Pipettieren, und das ganze Experiment ist verloren. Für jede einzelne PCR-Reaktion müssen wir sechs verschiedene Zutaten mischen: den Puffer und etwas Wasser, Magnesiumchlorid, ohne das das Kopierenzym nicht arbeiten kann; Nukleotidbausteine mit A, T, G und C, aus denen das Enzym die neuen DNA-Stränge zusammensetzt; die Probe mit dem Original-Erbgut aus dem Sushi-Fisch. Und ganz zum Schluss das Kopierenzym namens Polymerase.
Manchmal müssen wir nur einen einzelnen Mikroliter umfüllen, eine Menge, die man mit bloßem
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