Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
uralten Augen sind auf Emiko gerichtet; er wartet auf ihre Reaktion.
Kannika reißt sie wieder an den Haaren. »Bai!«
Emiko gehorcht, steigt von dem Barhocker herunter und schwankt ruckartig in Richtung Bühne. Die Männer lachen und deuten auf das japanische Aufziehmädchen und ihren kaputten, unnatürlichen Gang. Eine Missgeburt, die aus ihrem natürlichen Umfeld gerissen wurde, von Geburt an darauf abgerichtet, den Kopf zu senken und sich zu verneigen.
Emiko versucht sich von dem zu distanzieren, was gleich geschehen wird. Sie ist darin geschult, dergleichen nicht an sich heranzulassen. In der Krippe, in der sie geschaffen und ausgebildet wurde, hatte keiner Illusionen darüber, für welch unterschiedliche Zwecke ein Neuer Mensch eingesetzt werden würde, selbst ein so kultivierter. Neue Menschen dienen, ohne Fragen zu stellen. Emiko geht mit den bedächtigen Schritten einer vornehmen Kurtisane auf die Bühne zu, stilisierte, wohlüberlegte Bewegungen, über Jahrzehnte hinweg
geübt, um ihrem genetischen Erbe gerecht zu werden, um ihre Schönheit und ihr Anderssein zu betonen. An diese Menge ist das jedoch verschwendet. Sie sehen nur die abgehackten Bewegungen. Einen Witz. Ein fremdartiges Spielzeug. Ein Aufziehmädchen.
Sie zwingen sie, sich auszuziehen.
Kannika spritzt ihr Wasser auf die eingeölte Haut. Die Tropfen funkeln wie Juwelen auf Emikos Armen und Beinen. Ihre Brustwarzen richten sich auf. Über ihr flirren die Glühwürmchen und verbreiten ihr phosphoreszierendes Paarungslicht. Die Männer lachen sie aus. Kannika schlägt ihr mit der Hand auf die Hüfte, damit sie sich verneigt. Schlägt ihr so fest auf den Hintern, dass es brennt, fordert sie auf, sich noch tiefer zu verneigen, vor diesen kleinen Männern, die sich für die Speerspitze einer neuen Expansion halten, um ihre Ehrerbietung zu erweisen.
Die Männer lachen und winken, deuten mit dem Finger und bestellen noch mehr Whisky. Raleigh sitzt in seiner Ecke und grinst, ganz der liebevolle ältere Onkel, der den Neuankömmlingen nur allzu gerne die Gepflogenheiten der alten Welt nahebringt – diesen kleinen Angestellten großer Konzerne, die völlig high sind von Fantasien über multinationale Profite. Kannika bedeutet Emiko hinzuknien.
Ein Gaijin mit einem schwarzen Bart und der wettergegerbten braunen Haut eines Klippermatrosen beobachtet alles aus unmittelbarer Nähe. Emiko erwidert seinen Blick. Er starrt sie so konzentriert an, als würde er ein Insekt durch eine Lupe betrachten; fasziniert, aber auch irgendwie angewidert. Sie verspürt den Drang, ihn anzufahren, damit er sie richtig anschaut, sie wirklich sieht, anstatt nur ein Stück genetischen Abfalls zu betrachten. Stattdessen verneigt sie sich tief und schlägt mit dem Kopf auf das Teakholz der Bühne, während Kannika auf Thai ihre Lebensgeschichte erzählt. Dass sie einmal
das Spielzeug eines reichen Japaners war. Dass sie nun ihnen allen gehört und dass sie mit ihr spielen, ja, sie sogar kaputt machen können.
Dann packt sie Emiko wieder an den Haaren und reißt sie hoch. Emiko stößt ein lautes Keuchen aus, als ihr Körper sich nach hinten wölbt. Aus den Augenwinkeln sieht sie, dass der Bärtige äußerst überrascht ist angesichts dieser plötzlichen Gewaltanwendung, dieser Demütigung. Dann schweift ihr Blick über die Menge und richtet sich schließlich zur Decke mit den Käfigen der Glühwürmchen. Kannika zerrt sie noch weiter nach hinten, biegt sie wie einen Weidenzweig, zwingt sie, ihre Brüste der Menge entgegenzurecken, ihr Kreuz noch weiter durchzudrücken, ihre Schenkel zu spreizen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Mit dem Kopf berührt sie das Teakholz der Bühne. Ihr Körper bildet einen vollkommenen Bogen. Kannika sagt etwas, und die Menge lacht. Die Schmerzen in Emikos Rücken und Hals werden unerträglich. Sie spürt die Blicke der Männer wie einen körperlichen Missbrauch. Sie ist vollkommen entblößt.
Flüssigkeit ergießt sich über sie.
Sie versucht sich zu erheben, aber Kannika drückt sie nach unten und schüttet ihr noch mehr Bier ins Gesicht. Emiko würgt und prustet, hat das Gefühl zu ertrinken. Schließlich lässt Kannika sie los, und sie richtet sich hustend auf. Flüssigkeit schäumt ihr über das Kinn, läuft ihr über Hals und Brüste, rinnt ihr in den Schritt.
Alle lachen. Saeng reicht dem Bärtigen bereits ein frisches Bier, und er grinst und gibt Saeng ein Trinkgeld, und alle lachen darüber, wie Emikos Körper jetzt, da sie
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