Birnbaeume bluehen weiß
der ihn gerufen hatte, hob ihn kurz aus dem Wasser, so dass er sich ausruhen konnte, und dann paddelte er schnaufend zum Nächsten, der ihn rief.
»Gerson, es ist Ende Juli«, sagte Gerard irgendwann.
»Nicht jetzt«, antwortete Gerson.
»Du kannst nicht ständig ›nicht jetzt‹ sagen.«
»Ich habe heute Geburtstag.«
»Daan, hierher«, rief Kees.
»Und morgen bist du müde, und übermorgen hast du keine Lust, und in drei Tagen hast du Kopfweh.«
»Lass mich doch einfach in Ruhe.«
»Du musst doch etwas tun? Es muss etwas geschehen. Wir müssen entscheiden, was du willst.«
» Wir müssen entscheiden, was ich will«, sagte Gerson. »Das geht nicht.«
»Du weißt genau, was ich meine. Daan, komm her.«Das Gespräch zwischen Gerard und Gerson hatte Daan ein wenig verwirrt. Er schwamm unschlüssig im Kreis, und erst als Gerard ihn rief, schwamm er wieder geradeaus. »Du musst angemeldet werden. Irgendwo. Wir müssen entscheiden, ob du einen Hund möchtest, ich muss rausfinden, ob das möglich ist, ich muss Kontakt mit einem Institut aufnehmen, das Hunde ausbildet.«
Gerson antwortete nicht und rief Daan.
»Es muss etwas geschehen«, sagte Gerard. »Klaas und Kees haben nicht ewig Ferien.«
»Was haben Klaas und Kees damit zu tun?«
»Klaas und Kees sind zu Hause. Weil sie zu Hause sind, kannst du auch zu Hause sein. Oder meinst du, du würdest es alleine schaffen?«
»Ja, natürlich. Ich bin doch kein Kind.«
Gerard seufzte tief.
»Daan, hierher«, rief Klaas. Daan kam, aber er schwamm ganz langsam. »Wir müssen raus«, sagte Klaas, »Daan ist müde, er kann den Kopf kaum noch über Wasser halten.«
»Ich will nach Hause«, sagte Gerson. »Jetzt. Mir ist kalt.«
Abends aßen wir Spaghetti. An Geburtstagen essen wir immer, was derjenige essen möchte, der Geburtstag hat. Gerson hatte am Tag davor gesagt, er wolle Spaghetti mit Champignons, Petersilie, Käse und saurer Sahne essen. Wir kochten zu zweit, und Gerson rief Anweisungen aus dem Wohnzimmer. »Die Petersilie muss ganz fein gehackt werden.« Oder: »Ihr lasst die Spaghetti immer zu lange kochen«, obwohl sie noch nicht mal im Topf waren.
Wir tranken ein Glas Rotwein beim Essen. Ein einziges Glas. »Warum sollte ich keinen Wein trinken dürfen?«, fragte Gerson, als Gerard sagte, dass er dafür vielleicht noch zu jung war. »Ich bin schon fast ein Mann, frag mal meine Mutter.« Der Wein löste seine Zunge nicht. Er aß schweigend seine Spaghetti, und als er damit fertig und der Tisch um seinen Teller herum ein Schlachtfeld war, sagte er: »Na ja, das war auf jeden Fall besser als die Croissants heute Morgen.«
Kurz bevor er an diesem Abend schlafen gehen wollte, fragte er uns beleidigt, warum wir ihm nichts geschenkt hatten. Jetzt fanden wir, dass wir an der Reihe waren zu schweigen. Es gibt da Grenzen, was die Rücksichtnahme betrifft. Mussten wir ihn ständig schonen, weil er blind war? Nach einer unangenehmen Stille holte Kees doch unser Geschenk aus der Küche und gab es Gerson. Er packte es sehr langsam aus, als wenn der Tag, der hinter ihm lag, ihn erschöpft hätte. Oder wollte er uns zeigen, dass er diesen Streit gewonnen hatte? War das langsame Auspacken sein triumphierender Sieg, den er so lange wie möglich auskosten wollte? Aber als er fühlte, was für ein Geschenk es war, verschwand der Triumph aus seinen Bewegungen.
»Ein Buch?« Wir sahen das Fragezeichen fast um seinen Kopf kreisen, so erstaunt war er.
»Fühl noch mal weiter«, sagte Kees.
Gerson fühlte weiter. »Eine CD ?«, fragte er.
»Der Autor liest aus seinem eigenen Werk«, sagte Klaas.
»Das Buch ist eigentlich für uns«, sagte Kees. »Dannkönnen wir dir die Geschichten vorlesen, die der Autor nicht selbst eingesprochen hat.«
»Was für ein Buch ist es?«, fragte Gerson.
»Die Geschichten vom Eichhörnchen und der Ameise. Und vom Elefanten, dem Karpfen, dem Nashorn und natürlich deinem Lieblingstier, dem Bockkäfer. In dem Buch stehen alle Geschichten drin.«
»Der Bockkäfer«, sagte Gerson. »Der den gebrochenen Geruchssinn der Grille wieder ganz macht, indem er ihn schient. Und der die Grille wieder zusammensetzt, als sie explodiert ist.«
»Ja, der«, sagte Kees.
Gerson war einen Moment still. »Danke«, sagte er danach leise. »Das finde ich ein tolles Geschenk.«
Das war genau, was wir erwartet hatten. Das Buch mit Geschichten, das wir hatten, war völlig zerfleddert. Als Gerson klein war, wollte er immer eine Geschichte über den Bockkäfer
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