Birne sucht Helene
Spatzner?«
»Ja, wieso? Wer ist denn da?«
»Hier ist die Universitäts-Klinik. Ihre Mutter wurde gerade eingeliefert.«
Birne sucht Helene. Beamter, 29 J./ 1 , 78 , kann kochen (keine Soufflés, nicht litauisch) und Wein einkaufen (weiß wie rot), mit Messern umgehen und Servietten in Muschelform falten. Sucht Frau, die sich gern bekochen lässt, die es liebt, gut essen zu gehen, und sich bei alldem unsterblich in ihn verliebt. (Dann muss er seiner Oma nämlich keine Beziehung mehr vorgaukeln, damit sie sich keine Sorgen um ihn macht.) Nur ernsthafte Zuschriften – alles andere schmerzt zu sehr (selbst aufregende One-Night-Stands). 965938 Chiffredienst, 50590 Köln. -Chiffre 0900 / 5000958 - 78591 .
SECHSTERGANG
Zwei Glückskekse
Paul liebte es, wenn die Schafe auf den Poller Wiesen weideten, direkt am Rhein, zwischen Südbrücke und Rodenkirchener Brücke. Für ein Rendezvous konnte es keinen schöneren Platz geben.
Leider hatte er heute keins.
Aber der Frau seines Lebens würde er dieses kleine Geheimnis der Domstadt zu Füßen legen. Wenn sie eines Tages an seiner Seite wäre. Die Schafherde wirkte wie eine Fata Morgana, wie ein Blick zurück in die Epoche, als die Landwirtschaft noch einen Großteil des Kölner Lebens bestimmte. Im Mittelalter wurde sogar innerhalb der Kölner Stadtmauern Wein angebaut, weil dies die profitabelste Form der Landnutzung war. Rainer hatte dies an einem seiner gesprächigen Tage erzählt, und Paul wurde seitdem den Gedanken nicht los, dass der Schäfer besser in ein früheres Jahrhundert gepasst hätte. Er war jetzt wieder gut auf den Beinen und freute sich, Paul zu sehen, was er durch ein kurzes Nicken zeigte. Und das, obwohl Paul heute die Kamera mitgebracht hatte. Rainer hasste es, fotografiert zu werden.
Bienchen, das älteste Mutterschaf, war da anders. Es kam sofort zu Paul – ohne dass er einen Pfiff abgegeben hätte. Bienchen hatte Güte in den Augen und wusste, wie man vor der Kamera posierte. Eine Claudia Schiffer im Schafspelz. Woll-Moden-Katalog.
»Noch ein Stück nach rechts, Bienchen, Kopf leicht anheben, jetzt deinen verruchten Blick, ja, ja, ganz genau! So bleiben!«
Rainer blickte zu ihnen. »Machst aber schöne Bilder von meinen Schafen, ja?«
»Weißt du doch, Rainer. Bienchen ist heute mein Topmodel.«
»Dahast du dir die Richtige ausgesucht.«
Auch die anderen Schafe kamen jetzt, und nach ein paar Pfiffen standen sie genau richtig. Im Hintergrund prangten die mächtigen Brückenpfeiler, ein Frachtkahn schob sich neben ihnen schwer rheinaufwärts. Die Sonne stand perfekt in Pauls Rücken, er stellte auf Weitwinkel, so bemerkte Rainer gar nicht, dass er mit auf dem Bild war – und schoss ein Foto. Es war der Anfang einer langen Serie an diesem Tag. Einige der Lämmer zeigten sich als hoffnungsvolle Model-Anwärter. Vielleicht sollte er Heidi Klum informieren? Schafe statt Zicken in der Sendung. Wär mal was Neues. Und irgendwann schaffte Paul es sogar, Rainer für ein Foto zu einer Art Lächeln zu bewegen.
Die Tiere verwirrte das völlig.
Wo um alles in der Welt lag eigentlich das Bonner Universitäts-Klinikum? Eli war einfach ins Auto gestiegen und Richtung Ex-Hauptstadt gedüst. Jetzt hatte sie keine Ahnung, wohin sie fahren sollte. Sie musste deshalb bei der Auskunft anrufen, sich die Telefonnummer des Krankenhauses geben, dann dort anrufen und sich den Weg beschreiben lassen. Eli wechselte auf die rechte Spur der A 555 und suchte in der Handtasche nach ihrem Handy – was leichte Schlingerbewegungen zur Folge hatte. Immer rutschte das blöde Ding nach unten, vorbei an den beiden Labellos ohne Kappe, der Wimperntusche, der Tempo-Packung und dem verlorenen Bonbon mit Flusenkruste. Wenn man Pech hatte, brach man sich einen Fingernagel bei der Suche. Ihre Tasche war wie ein riesiges schwarzes Loch, das alles verschluckte.
Hinter ihr gab ein Laster Lichthupe und Eli merkte, dass sie nur noch 60 km/h fuhr. Gut, also Gas geben und suchen. Kein Problem. Da war es! Eli tippte schnell die Nummer der Auskunft ein. Hinter ihr hupte jemand. Was? Schon wieder unter 60 ? War ihr gar nicht aufgefallen.
Einblaues Schild teilte ihr mit, dass in 500 Metern ein Rastplatz kam. Doch sie hatte keine Zeit zu verlieren. Vorhin am Telefon wollte die sture Krankenhaustante keine Auskunft über den Gesundheitszustand ihrer Mutter geben. Nur so viel: Sie schwebe nicht in Lebensgefahr, und sie habe nach ihrer Tochter gefragt.
»Ich hätte gern die Nummer von der
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