Birne sucht Helene
unheimlich schwer, die Tasten zu drücken, so als beständen sie aus Granit und gäben keinen Millimeter nach. Auch Pauls Kopf verwandelte sich langsam zu Stein und sank Richtung Schreibtisch. Irgendwann schlief er ein und träumte von Eli. Sie hörte ihm zu, die ganze Nacht. Und alles wurde geklärt, alles wurde wieder richtig zwischen ihnen.
Als Paul jedoch geweckt wurde, war nichts mehr richtig.
Die Kollegen und Kolleginnen standen um ihn herum. Inklusive Chefin. Sein Kopf dröhnte so laut, als starte gerade ein Jumbo-Jet im Kleinhirn. Das Adressprogramm, zu dem er eigentlich keinen Zugang haben durfte, war noch geöffnet. Doch Elis Adresse zeigte es immer noch nicht an. Kein Wunder, bei den zwölf Tippfehlern, die er in den Namen eingebaut hatte.
Es war das Ende seiner Karriere als Einbrecher.
Und das Ende seiner Zeit bei der KFZ -Zulassungsstelle.
David rannte johlend in die neue Wohnung, drehte sich wie ein tanzender Derwisch, die Arme hoch erhoben, und ließ sich dann rücklings aufs Kirschholzparkett fallen. Dieses Penthouse war ein Traum – der nur noch darauf wartete, eingerichtet zu werden. Die Zimmer waren riesig, die Front zum Rhein bestand nur aus Fenstern, das Badezimmer war das reinste Wellness-Paradies. Es war kein Exemplar für die Schöner Wohnen , sondern für die »Noch Schöner Wohnen«. Für Eli fühlte es sich zwar nicht wie zuHause an, das würde auch dauern, schließlich war es eine ganze Nummer größer als ihr altes, doch sie würde hineinwachsen. Ganz sicher.
»Das feiern wir jetzt!«, rief David. »Ich koche uns was, mit Trüffeln und Safran, richtig dekadent!«
»Und es geht schon in zwei Wochen los?«
»Ja, live im WDR . Mit Studiogästen und Publikum. So was wollte ich schon immer machen – welcher Koch nicht? Und du kommst natürlich mit!«
Eli stellte die Kiste mit den Einkäufen aus dem Feinkostladen in der Küche ab. David hatte sie in seinem Überschwang im Wagen vergessen. »Nee, lass mal. Das ist nichts für mich. Da bin ich dir nur im Weg, ich guck von zu Hause zu. So wie alle anderen auch. Was musst du denn kochen?«
»Lamm.«
Elis Miene verfinsterte sich, als hätte jemand ein Gitter heruntergelassen. »Oh.«
»Aber … das, das lehne ich natürlich ab. Ich koche was Vegetarisches – und den anderen Köchen nehme ich das Fleisch weg!«
Eli streckte ihm die Zunge raus.
»Und weißt du, was wir beiden jetzt gleich nach dem Essen machen? Babys!«, rief David. »Und zwar drei. Zwei Mädchen, einen Jungen. Catharina, Charlotte und Christopher Robin.«
Eli schmiss ein Ciabatta nach ihm. »Boah, du Schuft! Die Namen weißt du von Löschi, dieser Tratschtante.«
»Was? Nein! Löschi? Wer ist das?«
Eli kam aus der Küche herbeigerannt und warf sich auf ihn. »Bevor ich mit dir über Nachwuchs rede, will ich alles von dir wissen! Egal, was. Jedes Detail aus deinem Leben. Mit Daten.«
»Okay, einverstanden! Aber dafür hörst du auf mich zu erdrücken. Und Auskunft gebe ich grundsätzlich nur beim Kochen. Da kann ich am besten denken. Außerdem sterbe ich vor Hunger.«
Elibrachte David am Herd dazu, seinen ganzen tabellarischen Lebenslauf zum Besten zu geben. Sie hakte genau nach, doch ihre Zahl tauchte nicht auf. Schließlich griff sie sich den Kassenzettel und studierte ihn am Küchentresen.
»Warum schaust du dir die Rechnung so genau an?«, fragte David. »Haben die sich etwa vertan?« Er setzte sich neben sie an den Küchentresen. »Du schaust dir häufig Zahlen an. Ist das irgendein Tick von dir? Das sollte ich wissen, bevor wir heiraten.« Er grinste.
Eli blickte ihn an, schaute tief in Davids braune Augen. Und auf einmal wusste sie, dass sie ihm vertraute. Wie einem Bruder. Sie musste, sie wollte nichts vor ihm geheim halten. Er sollte wissen, wie sie war, wer sie war. Alles. Damit er später keine böse Überraschung erlebte – und sie ebenfalls. Ungeschminkt, schlechtgelaunt, Oberlippenenthaarung, jeglicher Glamour weg, Eli hatte ihm in den letzten Wochen alles zugemutet. Die volle Packung. Schluss mit Märchenprinzessin, Frau total, Frau normal. Er hatte alles ertragen.
Sogar Fußnägelschneiden vor dem Fernseher.
Fehlte nur noch ihre Suche nach der Glückszahl. Vielleicht würde er das für Spinnerei halten.
Dann wäre es eben so.
»Glaubst du an … Schicksal?«, fragte sie zaghaft.
»So wie bei uns?«
»Nein, eben nicht. Aber das macht auch nichts.« Sie blinzelte leicht, die Sonne schien ihr direkt in die Augen.
»Muss ich das jetzt
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