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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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der Trennung von ihr einsamer fühlte, als er sich jemals hätte träumen lassen -
    Sie sagte: Es war, als würde ich mir selbst zuhören.
    Sie knickte ein, umarmte und küsste ihn und ließ sich von ihm schnurstracks ins Bett führen. Und noch am selben Abend, draußen in seinem Auto, bot er Mel ihren ersten Joint an. Sie wollte erst nicht, aber Andy schilderte ihr, wie ruhig er davon immer wurde, wie glücklich. Seine Augen leuchteten, genau wie wenn er von ihrer gemeinsamen Zukunft redete. Probier’s mir zuliebe, sagte er ihr. Damit wir das zusammen erleben. Also probierte sie, und sie rauchten die ganze Nacht durch, und am Morgen hatte sie eingewilligt, sich an die NMU zu bewerben, damit sie zusammensein konnten.
    Sie blieb nur ein Jahr dort. Sie fand Ober-Michigan wunderschön, vor allem die Seespaziergänge im Sommer, aber der Winter war brutal, bitterkalt, und die meiste Zeit hockten sie und Andy nur mit seinen grässlichen Freunden herum und kifften sich zu. Es stellte sich heraus, dass Andy auch Härteres als Shit nahm – ein paar von seinen reichen Skifahrerfreunden hatten ihn zum Koksen gebracht. Sie machte mit, ohne lange zu zögern; Andy wollte es schließlich so. Sie nahm es sogar ganz gern – das Koks machte sie zu bedröhnt zum Unglücklichsein. An warmen Wochenenden fuhren sie manchmal alle zu einem Blockhaus im Wald, ein Stück weiter die Küste hinauf, das Andys Vater gehörte. Dort koksten und kifften sie dann und taten, als fingen sie Fische. Zwischendurch fuhr Mel auch alleine hin, um von Andy wegzukommen – er hielt es nicht gut aus, draußen in der Wildnis high zu sein; er brauchte etwas zu tun. Dann graute ihr immer davor, in Andys Wohnung zurückzukommen, denn wenn er auf Koks war, wollte er ständig vögeln, und manchmal fasste er sie ziemlich derb an dabei, und ihr fiel wieder das erste Mal ein, und sie dachte, vielleicht mochte er es so ja tatsächlich lieber …
    Aber wenn es ihr dann so richtig dreckig ging, sah er sie an und senkte die Stimme und sagte: Hey, pretty girl, und sie dachte: Aber er liebt mich.
    Sie sagte: Ich hab gedacht, er ist der Einzige auf der Welt, der mich liebt.
    Und dann, an einem Abend gegen Ende ihres ersten Jahres, ging sie mit ihm auf eine Party und sah ihn mit einer Frau reden, die sie nicht kannte. Eine hübsche Blondine, genau sein Typ. Andy und die Frau standen an dem verlassenen Ende eines Korridors hinten im Haus, und die Frau ließ ihre Hand von Andys Ellbogen bis hinunter zu seinem Handgelenk gleiten, vor Mels Augen, und er zog den Arm nicht zurück; er lächelte und legte der Frau die Hand an die Taille, und Mel wusste -
    Es war so furchtbar, sagte Mel, flüsternd. Es ist mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich war die ganze Zeit allein gewesen. Ich war gleich zu Anfang allein, und dann bin ich nur immer noch einsamer geworden.
    Sie wandte Brad das Gesicht zu. Hast du dich auch schon mal so gefühlt? Als ob du ein Nichts bist? Als ob du sterben könntest, und es kümmert kein Schwein?
    Doch, sagte er. Im Knast.
    Ihre Finger schlüpften zwischen seine, schlüpften wieder hinaus.
    Am nächsten Wochenende, berichtete sie, hatte sie sich die Pulsadern aufgeschnitten. Sie war dazu heim nach Kalamazoo gefahren, weil sie wusste, im Wohnheim würde man sie finden, bevor es vorbei war. Sie sagte ihren Eltern, ihr wäre nicht gut, sie könnte nicht mit in die Kirche, und als sie fort waren, ließ sie die Badewanne vollaufen und legte sich hinein und schluckte jede Menge Tabletten, und als sie sich schlaff genug fühlte, schnitt sie sich mit einer Rasierklinge ihres Vaters die Pulsadern auf.
    Es war total friedlich, sagte sie. Es hat nicht mal besonders weh getan. Es war eher – es war eine Schläfrigkeit, wie du sie noch nie im Leben erlebt hast, und dann machst du die Augen zu, und dann kannst du endlich, endlich schlafen. Endlich aufgeben.
    Brad spürte ihren Atem an seiner Schulter.
    Sie sagte: Tja, aber meine Mutter hat sich Sorgen um mich gemacht. Weil mir nicht gut war und so. Sie ist früher heimgekommen. Ich kann mich an fast nichts erinnern. Gerade war ich noch in der Badewanne, und im nächsten Moment wache ich auf, und lauter Ärzte sind da, und meine Arme fühlen sich an, als ob jeder mindestens hundert Pfund wiegt, und ich weiß nicht, ob ich froh sein soll oder traurig -
    Man steckte sie in eine Klinik, weil man bei den Tests Rückstände von allem fand, was sie an der NMU genommen hatte, und sie machte einen Entzug und redete mit

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