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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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Feriensitze kaufen, die dann häufig leer stehen. Jedenfalls gestaltete sich das französische Landleben sehr ruhig. Ich kam an einer nagelneuen privaten Pilgerherberge vorbei. Sie hatte ein kleines Schwimmbad, von dem man direkt in die trockene karge Landschaft rundherum blicken konnte. Die Grillen sangen dabei um die Wette und der Wind strich warm über die Haut wie die Hand der Geliebten. Es war eine hitzige Versuchung. Ich stampfte durch das menschenleere Dorf und malte mir aus, wie schön es sich hier faulenzen ließe. Um mich abzulenken, stellte ich mir Sissi vor, wie sie vor mir geht, unbeirrt und zielbewußt, als ob sie keine Müdigkeit kannte. Es sah ziemlich echt aus. Bis ich mich umsah, war der verführerische Platz weit hinter mir.
    Le Quercy Blanc heißt die Landschaft südlich von Cahors wegen der weißen Kalkformationen. Weiter im Süden ist das Land sehr fruchtbar, Wein und Gemüse werden angebaut und ihre Qualität hochgelobt. Der Wein, den ich zu Hause zu Tisch trinke, kommt von da. Vorläufig aber war von dieser Fruchtbarkeit nur wenig zu merken. Vor mir lag eine rauhe, naturbelassene Landschaft. Sie liegt zwar nur etwa zweihundert Höhenmeter über dem Meer, aber das Gelände ist zerklüftet und mannigfaltig und stellt einige Anforderungen an den Wanderer. Die herrliche, malerische Schlucht des Flusses Tarn lag hier irgendwo in der Nähe, aber eben nicht direkt an dem Camino. Über die Schlucht haben die Franzosen eine futuristische Autobahnbrücke gebaut, wie aus einer anderen Welt. Beides kannte ich von Bildern und hätte es gerne mit eignen Augen gesehen. Aber der Camino hielt mich in seinem Bann, Santiago zog mich an wie ein Magnet. Ich freute mich dennoch, so nah dem ersehnten Platz gekommen zu sein, und nahm es wieder zum Anlaß, später einmal mit dem Wagen zu kommen und das Versäumte nachzuholen. Ich wärmte mich an diesem Gedanken und genoß vorläufig das, was sich einem Fußgänger von sich aus bot.
    Es wurde immer heißer und schwüler, und ich sehnte mich bald nach einer Pause, obwohl die Zeit dafür noch nicht reif war. Am Horizont ballten sich dicke Gewitterwolken zusammen. Ich sah ihnen von einer struppigen Bergwiese eine Weile zu, und kalkulierte, wann sie mich wohl erreichten werden. Aber es gab hier sowieso keine Deckung gegen Sturm, Blitz und Hagel. Ich schob also die Sorgen auf den Herrn und genoß das Schauspiel. Die bleierne Hitze ließ aber keine große Freude über die Schönheit der Natur aufkommen. Die Knorreichen und Kiefern schienen sich vor der Sonne zu ducken. Die meisten Pflanzen hier waren hart und stachlig, wehrhaft gegen Eindringlinge. Man saß nicht sehr bequem, es piekte in den Hintern. Kein Mensch ließ sich blicken, weder Einheimische noch Pilger, und mich zog es bald weiter. Zum Ausgleich machte ich hinter dem Berg eine längere Pause auf dem Kinderspielplatz eines Familienhauses. Es gab da keinen Zaun, dafür zwei nach Harz riechende Lerchenbäume gleich am Weg und darunter einen schönen warmen Rasen. Ich konnte einfach nicht widerstehen. Der Besitzer hielt gerade das Mittagsschläfchen. Als er dann nach der Siesta verschlafen herauskam und mich in seinem Garten liegen sah, winkte er meine Entschuldigung nur freundlich davon, sprang in den Wagen und sauste wieder zur Arbeit. Das sollte ich nur zu Hause versuchen, die Pest und die Polizei wären mir sicher. Als Pilger war ich inzwischen ziemlich abgebrüht, das stand nun fest.
    Trotz allem Pausieren kam ich noch zeitig in Lascabanes an. Die kleine Pfarrherberge lag direkt neben der kleinen Kirche, dahinter schlenkerte sich der Camino durch die Wiesen weiter. Es war ein guter Ort, um zu verweilen. Nach und nach trödelten andere Pilger ein, die mich von nun an bis zu den Pyrenäen begleiten sollten. Thibaud, ein Doktorand von der Sorbonne, Jean-Luc mit seiner Ehefrau, Philippe, ein Klavierspieler aus der Normandie, die hübsche Laure mit Freundin, beide Optiker aus Nord-Paris. Später gab es einen Gottesdienst für die Pilger, sehr intim und emotionell. Der Pfarrer gab sich große Mühe. Während wir wie die Apostel rund um den Altar saßen, wusch er uns der Reihe nach die Füße, wie der Herr es mal getan hat. Doch eigentlich jeweils nur den einen, es war ja schließlich eine symbolische Handlung. Das muß mich arg ausgehungert haben. Zum Abend aß ich gleich drei Portionen, spülte mit einem halben Liter Rotwein nach. Als ob ich seit Tagen nichts gegessen hätte. Danach ging ich in den Garten, wollte mich

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