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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden . [16]
    Wie wahr und anschaulich doch die Bibel ist. Und wohl jeder im Raum kannte diese Stelle und nahm daran regen Anteil. Dann kam ein Pater und brachte mich an das richtige Tischende. Das unterste. Ich habe vorher wohl die Richtung verwechselt. Es war kein Namensschild da für mich, dafür aber als Nachbar der Prophet vom Gang. „Ich habe Sie vor den Kroaten gewarnt,“ meinte er nonchalant und ziemlich laut. „Sie sind überall, und sie sind gefährlich.“ Mehr konnte er mir nicht erzählen. In einem Benediktinerkloster wird während des Essens nicht gesprochen. Einer liest, andere schweigen. Außerdem hatte man sich zu konzentrieren, die Hausgäste schienen mir alle außergewöhnlich hungrig. Und sie kannten sich aus. Der hier zur Suppe gereichter Käse schmolz dahin wie ein Schneeball im Ofen. Auch der Wein fand regen Zuspruch, wenn sich auch manche noch zierten. Beim Schlußgebet war er unwiderruflich weg.
    Satt schlenderte ich zurück auf mein Zimmer. Ich ging Treppen auf und ab, bog links und rechts, bald war ich verloren. Da hörte ich hinter einer Tür im unterem Erdgeschoß seltsames Heulen und dunkles Pochen. Vielleicht ein Fanatiker des Opus Dei bei der abendlichen Kasteiung? Andererseits klang die Litanei auch irgendwie orientalisch. Ein Pater brachte mich schließlich auf den richtigen Weg. Freundlich legte er dar, daß Pilger nichts in der Klausur zu suchen haben. „Wie sind sie denn nur hineingekommen, war die Tür nicht zu?“ Doch er klärte auch das Geheimnis auf: „Ach, das sind koptische Mönche aus Syrien, davon haben wir hier einige — samt Abt.“ Alles klar. Koptische Mönche. Was sonst. Freundlich schob er mich in den richtigen Gang zurück und stellte sicher, daß die Tür hinter mir proper verriegelt wurde. Zurück auf dem Zimmer fand ich mehrere Neuankömmlinge vor. Meist junge Leute. Es wurde ein- und ausgepackt, Praktisches diskutiert. Man war sinnvoll mit sich selbst beschäftigt. Vom Fenster aus war der Fackelzug der Kroaten zu sehen. Ich ließ das Fenster trotzdem auf. Ein sympathischer junger Schweizer, Bauingenieur vom Beruf, erzählte mir, er sei gekommen, um ein paar Wochen im Kloster auszuhelfen. Versteht sich gratis, natürlich. Er habe heute, gleich nach der Ankunft, bereits im Stall gearbeitet. Er habe Pferde gern. Ich fragte ihn, warum man ihm noch kein eigenes Zimmer gegeben habe. Nein, im Kloster wohnen könne er nicht, aber man habe ihm ein günstiges Zimmer in der Umgebung vermittelt. Da ich ihn im Refektorium nicht gesehen habe, wußte ich, daß er auch kein Eßprivileg genoß. Ich forschte ihn daher nicht weiter aus und gab keine Kommentare an den Herrn ab. Ich wollte meiner Schwäche nicht nachgeben. Sollte ich am Ende noch vornehm wie die Schweizer werden? Der junge Bauingenieur jedenfalls verdiente es, in seiner Feste nicht abgegraben zu werden. Hätte er als Begründung für den Klosteraufenthalt geistliche Interessen oder gar nur das Bedürfnis nach Ruhe und Frieden vorgetragen, so hätte es den Patres wohl mehr gefallen, und er hätte mit den Pharisäern und Krawattenträgern da oben den Tag verbummeln können. Er hätte seinen Platz am Tisch des Herrn — mit Namenskarte, Serviette, und Brot und Käse zur Suppe – haben können. Aber er machte sich zum Knecht.
Brunnen, km 541
    Morgens bin ich immer ein Zauderer. Viele Pflichten treffen auf eine zarte Motivation. Auf der Pilgerschaft ist es noch viel schlimmer als sonst. Die Körperpflege, die man sich unter günstigen Umständen zur Gewohnheit machte, ist unterwegs plötzlich viel komplizierter. Auch kramt man ständig den Rucksack um, dauernd braucht man etwas, was garantiert ganz unten ist, und stets sucht man die Umgebung ab, ob nichts liegengeblieben ist, was kurzfristig nicht so einfach zu ersetzen wäre. Und das ist praktisch alles, weil man nur das Nötigste mitnehmen, sprich tragen kann. Nirgends gibt es Platz genug, um alles auf einmal auszupacken und auf Lage und Vollständigkeit zu kontrollieren. So kam ich an diesem Tag eine Minute zu spät zum Sammelpunkt. Der Gang war leer, die Tür zu, und ich draußen. Keine Laudes, es sei denn, ich würde um das Haus herum zum Kircheingang laufen und den Mönchen durch das Gitter zuschauen. Nicht mehr zu schaffen, vor allem hatte ich keinen Schlüssel, um wieder ins Haus zu kommen. Frühstücken sollte ich heute ohnehin nicht mit den Hausgästen im Refektorium, das teilte man mir schon am

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