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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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obersten Kamm eines Bergrückens gegen eine kleine Schar Japaner. Pearl und Wanipe wurde mitgeteilt, dass zwölf Australier zu dieser Einheit gehörten. Inzwischen konnte sich diese Zahl reduziert haben; es konnte sogar sein, dass sie inzwischen alle tot waren. In dieser Nacht kampierten sie mit den Amerikanern unter einem provisorischen Schutzdach nahe bei der Landebahn. Nachdem sie im Morgengrauen aufgewacht waren, lieh ihnen einer der GI s ein Walkie-Talkie, damit Wanipe und sie mit dem Flugplatz Kontakt halten konnten. Das Gerät war so schwer, dass Wanipe es sich auf den Rücken schnallen musste. Auch Pearl hatte schwer zu tragen, schließlich hatte sie ihren Instrumentenkasten mit dem Saxofon dabei. Sie marschierten bei Sonnenaufgang los und hatten ein paar Stunden später bereits den Bergkamm ausfindig gemacht, wo die australischen Soldaten die Stellung gehalten hatten. Sie suchten die ganze Umgebung nach Weißen ab, seien sie nun tot oder lebendig. Aber alles, was sie fanden, war der geräucherte Leichnam eines Einheimischen, der auf einen Stuhl gebunden auf einer Bambusplattform saß.
    Tagelang verfolgten sie inmitten von Nebelschwaden verschiedene Fußspuren, die immer wieder im Nichts zu enden schienen. Sie fanden stets nur spärliche Hinweise wie rostige Blechdosen, gelegentlich eine Rasierklinge, zwei zerrissene Schnürsenkel und mehrere angerissene Streichhölzer. Gelegentlich stießen sie auf Pflanzgärten der Eingeborenen, Schweineställe und Süßkartoffelfelder. Wenn sie dann auf die zugehörigen Dorfbewohner trafen, reagierten diese auf den Anblick von Pearl mit ähnlichem heiligem Schrecken wie die Leute im Bismarck-Gebirge und hielten sie für einen Geist oder eine göttliche Erscheinung.
    Über das Walkie-Talkie hielt Pearl Kontakt mit den Amerikanern auf dem Flugplatz, und diese wiederum kommunizierten mit dem Feldlazarett und mit Rudolph, der nach Lae zurückgekehrt war. Doch als Wanipe und sie immer weiter Richtung Gipfel vorstießen und die Luft immer dünner wurde, ließ auch ihre Entschlossenheit weiterzumachen immer mehr nach. Einige Tage nach dem Fund des Uniformknopfes wurden auch die ohnehin nicht besonders vielversprechenden Funde wie Schnürsenkel und Streichhölzer immer spärlicher. Pearl bekam eine schlimme Erkältung, Nase und Rachen wurden trocken und wund vom ständigen Husten. Als sie über einen steilen Grat kletterten, glitt sie an einer Stelle aus, und ihr Gewehr rutschte ihr von der Schulter; es verschwand in einer so tiefen Kluft, dass sie erst nach einer Weile hörte, wie es auf dem Felsgrund aufschlug. Pup winselte unablässig, bis Pearl eine Zecke in ihrem Hinterbein fand, die sie mit Hilfe einer Rasierklinge entfernte. Wanipe schnitt sich den Fuß beim Überqueren eines Baches an einem scharfkantigen Stein auf; nach zwei Tagen war die Stelle deutlich entzündet und dick angeschwollen. Jedes Mal, wenn Pearl urinierte, fing sie den Strahl mit den Händen auf und benetzte damit die entzündeten Stellen sowohl bei Pup als auch bei Wanipe, denn weit und breit gab es kein anderes Desinfektionsmittel.
    Am dreizehnten Tag begegneten sie einer Familie von Eingeborenen, die beim Anblick des weißen Geists nicht zutiefst erschrocken waren. Der Vater, ein kleiner Mann mit einer breiten, flachen Nase, die von einem hakenförmigen Knochen durchbohrt war, lächelte sie an und begrüßte sie, als ob sie alte Nachbarn wären. Er und seine sieben Kinder drängten die beiden geradezu in ihre geräumige Hütte. An einer Seite gab es eine breite Öffnung in der Wand, die auf eine Veranda führte, von der aus man auf einen Wasserfall blickte, der in einen Abgrund stürzte. Dort ließen sie sich auf Strohmatten nieder, und während sich die Kinder mit Pup vergnügten und mit ihm herumtollten, bot der Mann Pearl und Wanipe mit rotem Lehm und Paradiesvogelfedern verzierte Grünschalmuscheln an. Außerdem zeigte er ihnen zwei Rasierklingen und eine Streichholzschachtel mit genau fünf Streichhölzern. Rasierklingen und Streichholzschachtel hielt er hoch, deutete auf sich und dann auf Pearl und wiederholte diese Geste mehrmals. Pearl verstand, dass er weitere Rasierklingen eintauschen wollte. Es konnte gar nicht anders sein, dass er diese Sachen erst vor kurzem einem Trupp Soldaten abgehandelt hatte. Pearl wurde ganz aufgeregt bei dem Gedanken.
    Sie gab ihm bis auf eine alle Rasierklingen, die sie dabeihatte, sowie zwei ihrer drei Streichholzschachteln. Außerdem überließ sie ihm etwas

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