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Bis ans Ende des Horizonts

Bis ans Ende des Horizonts

Titel: Bis ans Ende des Horizonts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Sayer
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stand, den er gerade aushob; dann sah sie dort noch einen zweiten Mann, der ebenfalls mit einer Schaufel am Graben war. Als sie sich auf gleicher Höhe mit den beiden befand, versteckte sie sich zunächst hinter einem Baumstamm, um die beiden auf und nieder gehenden Köpfe zu beobachten. Augenblicke später erkannte sie den zweiten. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht einfach das Saxofon fallen zu lassen und schnurstracks zu versuchen, über den Zaun zu klettern.
    Pearl hatte sich noch gar keine Gedanken darüber gemacht, was sie tun würde, falls sie ihn tatsächlich fand, und nun stand sie erst einmal mit klopfendem Herzen wie angewurzelt da und fragte sich, ob sie nicht lieber unauffällig den Rückzug antreten sollte, bevor er bemerkte, dass sie in der Nähe war. Die Vorstellung, dass es sich bei dem Mann, der dort im Graben heftig schwitzend Erde wegschaufelte, um ihren stolzen, stets so würdevollen James handelte, wollte ihr nicht so recht in den Sinn. Sie hatte den Eindruck, als hätte sie die Queen beim Bodenschrubben oder einen Prinzen beim Toilettenputzen überrascht. Sie konnte gar nicht glauben, dass ein Mann, der gemeinsam mit Jazzgöttern wie Count Basie und Benny Goodman aufgetreten war, hier mit einfachsten Schanzarbeiten beschäftigt wurde.
    Er war keine zehn Meter von ihr entfernt. Sie versuchte, sich durch Zischen bemerkbar zu machen, aber er fuhr mit seiner Arbeit fort, ohne sie zu bemerken. Erst als sein Kamerad und er eine Zigarettenpause einlegten, nahm sie wieder all ihren Mut zusammen und pfiff die Melodie von Cherokee . Um zu sehen, woher das Pfeifen kam, warf er den Kopf herum. Sie kam hinter dem Baum hervor und trat an den Zaun. Er sprang seinerseits auf und lief mit breitem Grinsen zu ihr hin. Während James sie durch eine kleine Lücke im Zaum mit einem Kuss begrüßte, gab Tyrone, sein Kamerad, Obacht und hielt wegen des Feldwebels Ausschau. »Oh Baby«, flüsterte er, »es tut mir so leid.« Sie stammelte ebenfalls Worte der Entschuldigung, doch er brachte sie mit weiteren Küssen zum Schweigen.
    »Ich muss dir unbedingt etwas sagen«, murmelte er und schaute verstohlen über die Schulter zurück. »Ich habe über all das nachgedacht, worüber wir vergangene Woche gesprochen haben.« Er klammerte seine Finger um den Maschendrahtzaun. »Und gestern habe ich einen Antrag gestellt.«
    »Einen Antrag – wofür?« Sie musste schlucken. »Willst du dich versetzen lassen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, für eine Erlaubnis« – er blickte wieder über die Schulter –, »für eine Heiratserlaubnis.«
    »Mit wem?«
    »Mit wem?«, fragte er. »Was meinst du wohl? Etwa mit Tyrone?«
    Ihr Herz schlug unglaublich schnell, als sie fragte: »Soll das heißen, dass du mir einen Heiratsantrag machst?«
    »Nun ja, ich muss erst die Erlaubnis meines Vorgesetzten haben. Ich muss zwei Monate von dem Tag der Antragstellung an gerechnet warten, aber …« Mit einem Mal sah er nun etwas schüchtern zu Boden. »Natürlich müssen wir es dann noch irgendwie deinen Eltern erklären. Mein Kumpel Tyrone hat allerdings bereits herausgefunden, dass es hier keinerlei Gesetze gibt, die uns daran hindern, zusammen zu sein. Und da habe ich mir schon gedacht, dass Australien am Ende vielleicht gar kein so schlechtes Land ist, wo man leben könnte.«
    So viele Dinge schwirrten Pearl bei diesen Worten durch den Kopf, doch sie war von allem zu überwältigt, um auch nur einen Ton hervorzubringen. Sie flocht ihre Finger in seine. Ihre Lippen fanden sich erneut. Sie küssten sich durch den Zaun hindurch, und sein Geschmack auf ihren Lippen gab ihr das Gefühl, als würde sie gleichzeitig emporgehoben und fallen.
    Nachdem sie schließlich wieder voneinander abgelassen hatten, lächelte er und leckte sich über seine Lippen. »Dein Ansatz hat sich deutlich verbessert«, meinte er grinsend.
    Tyrone stieß plötzlich einen Warnruf aus, dass der Feldwebel im Anmarsch war. Pearl zog sich hastig vom Zaun zurück und flüchtete zurück ins Gebüsch.
    Die folgende Woche verging schnell, wie ein Rausch. Pearl glitt wie auf Wolken durch ihre Proben, Auftritte im Trocadero, ihre Pflichten im Haushalt und ihre täglichen vier Übungsstunden. Für ihr Leben gern hätte sie jemandem von dem Heiratsantrag erzählt, am liebsten Martin, aber er war inzwischen unterwegs, irgendwo in Richtung Westen, quer über den Kontinent.
    An einem dieser Tage rief Nora Barnes Pearl im Trocadero an, um ihr mitzuteilen, dass sie mittlerweile

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