Bis auf die Haut
Geld dabei.
Nein, nein, ich würde lieber mit der U-Bahn fahren, das geht schneller. Ich will bloß noch nach Hause.
Ganz wie du willst.
Du gehst die Straße entlang, Cole legt seinen Arm fest um deine Schultern. In solchen Momenten ist er einmalig, so liebevoll und fürsorglich, dass dein Herz aufspringt wie ein von einer Windböe aufgestoßenes Fenster.
Ich liebe dich, sagst du dankbar.
Das hast du einmal jeden Tag gesagt.
84. Lektion Altes Linnen ist Goldes werth
Die nächsten Tage zwingst du dich, die Taxifahrer aus deinen Gedanken zu verdrängen, das musst du unbedingt, damit nicht die Panik über dir zusammenschlägt. Du musst wieder Ordnung in dein Leben bringen, dein Verhalten war abscheulich und es wird Zeit, dir solche Kindereien zu verkneifen und zur Normalität zurückzukehren.
Du machst Termine für eine Massage, eine Kosmetikbehandlung, eine Pediküre. Putzt die Wohnung durch. Rufst ein paar alte Freundinnen an und verabredest dich zum Kaffeetrinken, Essengehen und fürs Kino. Du räumst im Arbeitszimmer einen Platz für deinen Laptop und deine Bücher frei; nicht einmal dazu hattest du dich bisher aufgerafft.
Du wirfst die Pille in den Müll.
Und als du so weit bist, als dir die Vorstellung von Sex kein Grauen mehr einjagt, forderst du deinen Mann auf, mit der Zunge in dich einzutauchen und deine Klitoris zu umkreisen; vier Jahre hast du dazu gebraucht, bis du ihn um so konkrete Dinge bitten konntest, die dir gut tun.
Ich finde diese Bücher wunderbar, sagt er.
Er öffnet deine Schenkel und legt seine Zunge dazwischen und du drehst dich zum Fenster, legst die Arme über den Kopf und lässt dich treiben: Endlich weiß Cole, dass er sich auf deine Klit konzentrieren muss, um dir Lust zu verschaffen, dass er sie aufwecken muss. An einem Wintersonntag verbringt ihr, während es draußen nieselt, fast den ganzen Tag im Bett, als wärt ihr nie verheiratet gewesen oder hättet euch nie lieber schlafen gelegt. Seine Finger streichen über deine Haut wie ein langsames Wasserrinnsal an einem brütend heißen Sommertag, und ihr rollt euch zusammen und döst und küsst euch und beschnuppert euch in der hereinbrechenden Dunkelheit, und am Schluss liegst du ganz ruhig da, lauschst seinem tiefen, gleichmäßigen Atem und lässt dich in seinen Schlaf hineinfallen.
Cole nimmt sich den Montag frei, das hat er deinetwegen noch nie getan. Das weckt Erinnerungen an Edinburgh, als eure Liebe noch frisch war und er alles liegen und stehen ließ, damit er mit dir im Bett sein konnte.
Und nach langer Zeit erinnerst du dich wieder an ihn, an den Mann, den du geliebt hast. Erinnerst dich an eine Zeit, als die Liebe so klar und rein war wie ein weihnachtliches Schneegestöber. Es war so einfach. Ihr habt einander geliebt, einander vertraut, wart nicht wie andere Paare. Dein Mann schenkte dir innere Ruhe. Es gab keine Zweifel, von denen dir übel wurde, kein Gift zerfraß dich. Du erinnerst dich an die frühere Unschuld.
Bevor dein Herz in einem Hotelzimmer in Marrakesch ins Schlingern geriet.
85. Lektion Höchst bedauerlich, wenn eine Frau von gesundter
Leibesverfassung durch ein leidenschaftliches Temperament beeinträchtiget wird
Noch ein Brief, du liest ihn kaum. Du hattest diese Briefe schon so gut wie vergessen. Sie zu lesen wird dir fast unerträglich, sie triefen nur so vor Emotionen, dein Herz hat ihm gegenüber dichtgemacht, dein Verlangen nach ihm ist auf dem Nullpunkt.
Mein ganzes Leben ist durchtränkt von dir, ich kann dich nicht aus ihm herausscheuern.
Du kehrst ins Schlafzimmer zurück, zu Cole. Schließt die Tür hinter dir, ohne zu wissen, warum.
Das Telefon klingelt, ein Wochentag, seine übliche Zeit am Vormittag. Du nimmst nicht ab.
Hallo, spricht der Anrufbeantworter, hallo?
Du kauerst dich auf dem Sofa zusammen, die Hände zwischen den Beinen, und willst nur noch, dass er endlich damit aufhört. Du versuchst alles zu vergessen und stürzt dich in die Rolle der guten Ehefrau.
Er ruft um zehn Uhr abends an. Cole fordert dich auf, das Klingeln zu ignorieren, aber du weißt, wer es ist, noch nie hat er sich einen solchen Übergriff auf dein Privatleben erlaubt. Du willst nicht, dass dein Mann seine Stimme auf dem Anrufbeantworter hört. Schnell reißt du den Hörer hoch, tust so, als wäre es Martha, sagst Gabriel, du wärst müde und wolltest nicht so spät angerufen werden, du würdest dich am nächsten Vormittag melden.
Als du auflegst, zittern deine Hände.
Am nächsten Vormittag
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