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Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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war geblieben. Jahrein, jahraus blieb By the Tracks das wohl beste Restaurant in Knoxville. Nicht das teuerste – dieser Superlativ stand dem Orangery zu, einem erstklassigen, todschicken franz ö sischen Restaurant ein paar Blocks weiter. Doch ich hatte das Orangery noch nie besonders entspannend gefunden: Jedes Mal, wenn ich dort a ß , herausgeputzt in meinem besten Sonntagsanzug, erwartete ich halb, mitten w ä hrend des Essens gewogen, f ü r zu leicht befunden und als Gesocks rausgeworfen zu werden. Im By the Tracks dagegen konnte ich ohne Reservierung auftauchen, in ausgeblichenen Jeans und einem Polohemd, und sicher sein, dass man mich freundlich willkommen hie ß und mir ein k ö stliches Mahl servierte. Die Hauptgerichte reichten von mit Basilikum gef ü llten Forellen und israelischem Couscous am ausgefallenen Ende des Spektrums bis hin zum gr öß ten und besten Roastbeef-Burger der ganzen Stadt, vielleicht sogar von ganz Tennessee.
    F ü nf Minuten nachdem wir uns in eine Nische gesetzt hatten, trank Jess einen Cosmopolitan und entspannte sich sichtlich. Einen weiteren Drink, eine halbe Stunde und einen halben Schinken-K ä se-Burger sp ä ter l ä chelte sie und lachte. Ich hoffte, sie am Ende des Essens ü berreden zu k ö nnen, mit mir mitzukommen, doch ich wollte sie nicht unter Druck setzen – das konnte all das Gute, was das Essen bewirkt hatte, wieder zunichtemachen – , also plauderte ich in leichtem Tonfall. Ich konnte nicht widerstehen, ihr zu sagen, wie wundersch ö n und hinrei ß end sie in der Nacht neulich gewesen war. Sie err ö tete sch ü chtern bei dem Kompliment, aber sie wirkte nicht ver ä rgert.
    Man hatte uns zum Nachtisch gerade eine Cr è me brul é e serviert und f ü r Jess einen Kaffee, als ich sah, dass ihr Blick sich irgendwo bei der Bar auf etwas richtete. Ihre Miene erstarrte zu einer Maske aus Schmerz, Angst und Wut. » Jess «, sagte ich, » was ist los? « Ich drehte mich um, konnte jedoch nichts ausmachen, was nicht stimmte.
    » Preston «, sagte sie. » Mein Ex. Er sitzt da dr ü ben an der Bar. Er beobachtet uns. Der Schei ß kerl stellt mir nach.«
    Ich drehte mich noch einmal um. Diesmal erinnerte ich mich vage, dass ich dem Mann an der Ecke der Bar schon einmal begegnet war, vor mehreren Jahren, auf einer forensischen Konferenz. Er war Anwalt – Staatsanwalt, wenn ich mich recht erinnerte, wodurch er und Jess sich wahrscheinlich auch kennen gelernt hatten. » Soll ich zu ihm gehen und ihm sagen, er soll verschwinden? «
    » Nein «, sagte sie. » Das muss ich schon selbst regeln.« Sie schob die Cr è me brul é e von sich, atmete tief durch und schob den Unterkiefer vor. Dann stand sie aus der Sitznische auf und st ü rmte zur Bar. Ich m ö chte jetzt nicht in seiner Haut stecken, dachte ich. Jess’ H ä nde flogen w ü tend durch die Luft, w ä hrend sie redete. Ich konnte zwar nicht h ö ren, was sie sagte, doch ihr Tonfall drang zu mir durch, und er war alles andere als freundlich. Ich sah, wie er energisch den Kopf sch ü ttelte, als leugnete er etwas – dass er ihr gefolgt war? –, und dann schien er in die Offensive zu gehen. Er zeigte auf mich, und eine Weile klangen beide ziemlich sauer. Dann wurde sein Tonfall flehentlich und ihrer weicher. Sie setzte sich auf einen Barhocker neben ihn. Inzwischen starrte ich die beiden offen an; was Jess anging, sie schaute aufmerksam in sein Gesicht. Er wischte sich die Augen. Sie wischte sich ihre.
    Jess blieb zehn Minuten an der Bar, die mir vorkamen wie eine Ewigkeit. Als sie schlie ß lich in unsere Nische zur ü ckkam, wich sie meinem Blick aus und setzte sich z ö gerlich, als w ä re die Bank mit Sprengstoff verdrahtet. Sie sagte nichts. » Sprich mit mir, Jess «, sagte ich.
    » Er ist zu einer Konferenz in der Stadt «, sagte sie. » Bob Roper, der Staatsanwalt von Knox County, hat ihm das Lokal empfohlen. Er schw ö rt, er w ä re niemals hergekommen, wenn er nur die leiseste Ahnung gehabt hätte, ich k ö nnte hier verabredet sein.« Sie schaute kurz zu mir auf und senkte den Blick wieder. » Ich glaube ihm.«
    S ä mtliche Alarmglocken schrillten wie verr ü ckt. » Was hat er noch gesagt, Jess? Du wirkst ziemlich durcheinander, nur auf introvertiertere Weise als vorhin, als du dachtest, er w ü rde dir nachstellen.« Mir d ä mmerte, was meine Intuition mir sagte. » Du hast mich gerade verlassen, nicht wahr? Wir haben kaum angefangen, da ist es schon zu Ende. Ist es zu Ende? «
    Diesmal sah sie

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