Bis aufs Blut - Thriller
ausgestiegen.«
»Hab ich nix von gesehen«, erwiderte Hughie. Hoffer rückte zum dritten Gast weiter.
»Was ist dann passiert?«
»War komisch. Der Mann und die Frau haben ihren Kram aus dem Kofferraum geholt und zum anderen Auto getragen, und dann sind sie mit dem weggefahren, während die zwei Leute aus dem Auto hinten beim dritten Auto rumstanden.«
Alle sahen sich an. Diese Geschichte würde hier noch sehr, sehr lang die Runde machen. So was Spannendes war seit Wochen nicht mehr passiert.
»Wo ist das Ganze passiert?«
»Gleich hinterm Abzweig nach Cleigh.«
Während Hoffer eine Lokalrunde schmiss, zeichnete der dritte Gast auf der anderen Seite der braunen Papiertüte eine Kartenskizze.
Er brauchte nicht lang, um das Auto zu finden.
Man hatte es ziemlich lieblos auf den Seitenstreifen geschoben. Der Escort war praktisch fabrikneu, aber jemand hatte ihm quer über die ganze Seite eine Schramme gezogen. Das sah aus wie einer dieser Kratzer, die Kids mit einem Schlüssel, einer Münze oder einem Messer machten.
»Aber, aber, Jungs«, sagte Hoffer, während er das Auto gründlich unter die Lupe nahm. Er hätte wetten können, dass es sich wie bei seinem eigenen um einen Mietwagen handelte. Da waren mit Sicherheit Fingerabdrücke des Killers und Bel Harrisons drauf. Fingerabdrücke würden nützlich sein, also machte sich Hoffer auf die Suche nach einem Telefon. Ein paar Kilometer weiter südlich fand er einen Campingplatz. Es gab einen - für den Tag geschlossenen - Informationskiosk und daneben eine Telefonzelle. Er ging hinein und rief die Vine-Street-Wache an. Broome war nicht zu erreichen, aber Edmond nahm endlich den Anruf an.
»Lassen Sie sich nur Zeit«, sagte Hoffer, »das kostet mich ein Schweinegeld, und ich tu Ihnen einen Gefallen.«
»Was für einen Gefallen?«
»Ich hab hier in der Nähe einen Wagen, der mit den Abdrücken des D-Man und seiner Freundin übersät ist.«
Edmond klang schon ein bisschen interessierter. »Wo sind Sie?«
»Ich bin in den schottischen Highlands, südlich eines Orts namens Oban an der A 816.«
»Wo steht der Wagen?«
»Am Straßenrand, direkt südlich von einem Ort namens Cleigh.« Er buchstabierte Edmond den Namen.
»Ich geb das den zuständigen Kollegen vor Ort durch.«
»Die wissen wahrscheinlich schon von dem Auto. Das ist da stehen gelassen worden, nachdem der D-Man in Schwierigkeiten geraten war. Da könnten alle möglichen sonstigen Fingerabdrücke drauf sein, aber ein paar von denen stammen mit Sicherheit von ihm.«
»Moment mal, was denn für Schwierigkeiten?«
»Kleingeld ist langsam alle, wir sehen uns.«
Hoffer legte auf. In der Nähe ragte ein Zapfrohr aus dem Boden, aus dem ein Mädchen gerade einen großen Kanister mit Wasser füllte. Er schlenderte hinüber.
»Na, auf Urlaub mit den Eltern?« Sie nickte. »Ich suche einen Freund, Schätzchen. Er ist heute Vormittag mit einem Wohnwagen hier angekommen.«
»Die Wohnwagen sind da drüben.« Sie deutete in die entsprechende Richtung.
»Danke«, sagte er. »Darf ich dir tragen helfen?«
»Das würden meine Eltern nicht gut finden. Sie sind ein Fremder.«
Hoffer lächelte. »Mach’s gut, Süße.«
Er sah ihr nach. Sie musste sich schwer anstrengen, damit der Kanister nicht über den Boden schleifte. Er schätzte sie auf elf oder zwölf. Er kannte in New York Zwölfjährige, die erwachsener wirkten, als die Kleine hoffentlich je sein würde. Er mochte Kinder aus Prinzip, und zwar aus dem schlichten Prinzip heraus, dass irgendwann der Tag kam, an dem er alt und sie jung und stark sein würden. Möglich, dass er dann auf ihre Hilfe angewiesen wäre, nicht mehr imstande, ihnen eins über die Rübe zu geben oder ihnen sein Messer unter die Nase zu halten. Man musste Respekt vor der Zukunft haben, sonst konnte es passieren, dass sie einem den Krückstock wegkickte und das Kunstgebiss in den Hals boxte.
Er musste erst ein paar Leute fragen, aber dann landete er einen Treffer. Ein anderer Camper verriet ihm, dass die Deutschen in die Stadt gefahren seien, aber ihren Wohnwagen dagelassen haben, also würden sie schon zurückkommen. Als sie eingetroffen waren, hatte der Mann noch immer vor Wut geschäumt und von dem Stau erzählt, in den er geraten war.
»Ich denk, ich werd auf sie warten«, erklärte Hoffer. Dann sagte der Camper, seine Frau und Kinder wären spazieren, und ob Hoffer zufällig Amerikaner sei? Letztes Jahr wären sie alle in Florida gewesen, und das wäre toll gewesen,
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