Bis aufs Blut - Thriller
Mädchen. Tatsächlich war sie durch die vielen amerikanischen TV-Serien, die sie sich in England reingezogen hatte, zumindest auf manche Aspekte der American experience ganz gut vorbereitet. Sie wusste, dass sidewalk »Bürgersteig« und jay-walking »regelwidriges Überqueren der Straße« bedeutete. Sie wusste, dass man zu einem Taxi hier cab sagte und englische Chips, also Fritten, » fries « hießen, während chips Kartoffelchips waren. Sie wusste sogar, was Amtrak war, und drückte meinen Arm, als sich gegen Ende unserer Fahrt hinter der völlig unglamourösen Kulisse der endlosen Vororte hier und da die Skyline von Manhattan abzuzeichnen begann.
Unser Bostoner Hotel gehörte zu einer Kette, und ich hatte schon von dort aus ein Zimmer bei seiner New Yorker Dependance reserviert. Wir stellten uns für ein typisch ungefedertes Gelbes Taxi an und versuchten anschließend, die Fahrt ohne innere Verletzungen zu überstehen. Das Hotel lag an der Ecke 7th und 42nd Street. Auf dem Bürgersteig davor wurden Billignutten von Straßenhändlern verscheucht, die billigen Tinnef, Halstücher und Regenschirme an den Mann zu bringen versuchten. Die Sonne war ein verwaschener Fleck am Himmel. Andere Männer schlurften ziellos herum oder standen in Hauseingängen, ohne auf den Verkehr oder die vorüberhastenden Passanten zu achten. Ich musste Bel praktisch gewaltsam durch den Hoteleingang schieben.
Die Rezeption glich einem Kriegsgebiet. Eine Busladung Leute war gerade eingetroffen und checkte ein, während ein weiterer Schwung Touristen versuchte auszuchecken. Die zwei Gruppen waren ineinandergeflossen, und die eine verriet der anderen allerlei Insidertipps und interessante Sehenswürdigkeiten. Wir gingen mit unserem Gepäck geradewegs ins Restaurant.
»Zwei Kaffee, bitte«, sagte ich zur Kellnerin.
»Sie wollen Kaffee?«
»Bitte.«
»Irgendwas dazu?«
»Für mich nur Milch, bitte«, sagte Bel. Die Kellnerin sah sie an.
»Zu essen nichts, danke«, sagte ich zu ihr. Sie entfernte sich.
»Denk dran«, erklärte ich Bel, »wir sind nur die eine Nacht hier, also fang mir nicht an, hier einen auf Touristin zu machen. Wenn du ein bisschen was sehen willst, schön, ich erledige, was ich zu tun habe, und dann können wir zusammen losziehen. Worauf hättest du Lust: Museen, Galerien, Einkaufen, eine Show, das World Trade Center?«
»Ich möchte mit einer Pferdedroschke durch den Central Park.«
Also kutschierten wir durch den Central Park.
Zuerst aber kam das Geschäftliche. Mein Bankschließfach befand sich in einem unauffälligen, aber gut gesicherten Gebäude auf der Park Avenue South, direkt nördlich vom Union Square. Ich meldete mich telefonisch an und sagte, wann ich da sein würde. Bel bestand darauf, zu Fuß zu gehen oder die U-Bahn zu nehmen. Wir taten beides, liefen erst ein paar Blocks und stiegen dann in einen Zug.
Bei Liddle Trusts & Investments mussten wir klingeln, worauf uns ein Wachmann die Tür öffnete. Ich sagte ihm, wer ich sei. Man ließ uns in einen Vorraum, wo mein Reisepass überprüft und meine Identität verifiziert wurde; anschließend geleitete man uns in ein kleines Zimmer, das sich nur wenig von dem in Knightsbridge unterschied. Hier musste Bel warten, während der Bankangestellte und ich in den Tresorraum gingen. Um mein Schließfach zu öffnen, waren zwei Schlüssel erforderlich, seiner und meiner. Er zog die Schublade heraus und händigte sie mir aus. Ich ging damit zurück in das kleine Zimmer und stellte sie auf den Tisch.
»Was ist da drin?«, fragte Bel.
Die Schublade hatte einen aufklappbaren Deckel. Ich öffnete ihn und holte einen dicken Packen Dollarscheine, Fünfziger und Zwanziger, heraus. Bel nahm das Geld und stieß einen leisen Pfiff aus. Als Nächstes kam ein zusammengefalteter Geldgürtel.
»Hier«, sagte ich, »pack schon mal das Geld hier rein.«
»Aye, aye, Sir. Was hast du sonst noch da drin?«
»Nur noch das.«
Die Box war leer, und ich hielt eine Handvoll gefälschter amerikanischer Ausweise in die Höhe: Reisepass, Sozialversicherungskarte, Krankenversicherungskarte, von verschiedenen Bundesstaaten ausgestellte Waffen- und Führerscheine und noch einiges mehr von der Sorte. Bel sah sich die Ausweise an.
»Michael West«, sagte sie.
»So heiß ich von jetzt an, aber mach dir keine Sorgen, du wirst keine Probleme damit haben.« Ich lächelte. »Für meine Freundinnen bin ich weiterhin schlicht Michael.«
Sie stopfte ein paar Banknotenbündel in den
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