Bis aufs Blut - Thriller
gewesen. Er brauchte eine Weile, um sich alles zurechtzulegen: Spiegel, Taschenmesser, Stoff. Bei der Sicherheitskontrolle im Flughafen hatten die sich wegen des Messers angestellt, bis er ihnen klarmachen konnte, dass er ein New Yorker Privatdetektiv und kein palästinensischer Terrorist sei und das Messer ein Mitbringsel für seinen Cousin in London.
»Seit wann«, hatte er als letztes Argument angebracht, »gibt es fette Terroristen? Und wenn wir schon dabei sind - wann haben Sie zuletzt einen Taschenmesserterroristen gesehen? Da wär ich ja mit dem Plastikbesteck vom Flugzeuglunch noch besser bewaffnet.«
Also hatten sie ihn durchgewinkt.
Er zog einen zerknüllten Dollarschein aus der Tasche und rollte ihn auf. Die einzige Alternative wäre ein Strohhalm von den Softdrinks gewesen, die man während des Flugs bekam, und diese Strohhalme waren so dünn, dass man da kaum was durchgeschnieft kriegte. Er hatte mal irgendwo gelesen, dass achtzig Prozent aller im Umlauf befindlichen Zwanzig-Dollar-Scheine Spuren von Kokain aufwiesen. Ja, aber er war ein Ein-Dollar-Typ. Selbst aufgerollt, blieb der Geldschein allerdings zerknittert. Er spielte mit dem Gedanken, ein two-and-two zu machen, den Puder mit dem kleinen Finger aufzustippen und ihn so zu schniefen, aber auf die Weise ging immer eine Menge daneben. Außerdem hatte er einen solchen Tatterich, dass er den Koksfinger nicht mal in die Nähe seiner Nase kriegte.
Er hatte ein paar Lines gelegt. Toller Koks war das nicht, aber brauchbar. Er erinnerte sich an die Zeiten, als es noch richtig tollen Koks gegeben hatte, Stoff, der auf der Zigarettenglut zu weißer Asche verbrannte. Heutzutage war das Zeug reextrahierter Kolumbien-Miami-Dreck, nicht der wunderbare peruanische blow . Wenn man versuchte, ihn auf der Zigarettenglut zu testen, wurde er schwarz und roch wie eine ganze jamaikanische Party. Er wusste, dass dieser Stoff in der Nase brennen würde. Er sah sein Gesicht im Spiegel über dem Waschbecken. Er sah die Falten um seinen Mund und unter seinen Augen, Koksfalten. Dann wandte er sich wieder wichtigeren Dingen zu und zog sich eine ordentliche Nase rein.
Er wischte alles, was auf dem Spiegel übrig geblieben war, mit dem Daumen auf und rieb es sich auf das Zahnfleisch. Eine Sekunde lang schmeckte es sauer, dann kam der Kälteschock. Okay, dann hatte er sich also die Nase gepudert. Er bezweifelte zwar, dass der Film davon besser werden würde, aber vielleicht fände er ja was anderes, worüber er lachen könnte. Man wusste ja nie …
Hoffer leitete seit einiger Zeit eine eigene Detektei, auch wenn das Geld lediglich für zwei weitere Schnüffler und eine Sekretärin reichte. Angefangen hatte er in einer schäbigen Bruchbude über einer Peepshow am Times Square, weil er sich sagte, dass die Privatdetektive in den Filmen immer in einem solchen Ambiente arbeiteten. Bald erkannte er aber, dass die Location potentielle Klienten abschreckte, also mietete er stattdessen ein paar saubere Büroräume in SoHo an. Das einzige Problem war, dass die im dritten Stock lagen und es keinen Fahrstuhl gab. Also ging Hoffer seinem Beruf meist von zu Hause aus nach, per Telefon und Fax. Einer der zwei Schnüffler arbeitete ihm zu; er hatte den Typen erst zweimal getroffen, beide Male in einem McDonald’s. Aber die Klienten waren zufriedener, jetzt, wo Hoffer Private Investigations über einer Schickimicki-Galerie residierte, in der Gemälde verkauft wurden, die so aussahen, als wäre jemand auf der Leinwand abgeschlachtet und anschließend obduziert worden. Das preisgünstigste Bild in dem Laden nahm eine halbe Wand ein und hätte den Käufer um zwölftausend Dollar ärmer gemacht. Hoffer wusste, dass die Galerie es vielleicht noch sechs Monate machen würde. Er sah, wie ständig neue Bilder reingetragen wurden, aber es kam nie eins wieder raus. Trotzdem - wenigstens hatte Hoffer Klienten. Es war schon einige Zeit her, dass die Geschäfte allein aufgrund seines Namens gelaufen waren, als die Medien noch für gute Publicity gesorgt hatten. Aber Storys gerieten rasch in Vergessenheit, und seit einer Weile reichte der Name Hoffer nicht mehr.
Für zwölftausend Dollar würde die Hoffer-Detektei rund acht Wochen arbeiten, die Spesen nicht mitgerechnet. Bei seinem Telefonat mit Hoffer hatte Robert Walkins versprochen, exakt diesen Betrag auf das Firmenkonto zu überweisen. Es war komisch, wieder mit dem Mann zu reden. Schließlich war Walkins Hoffers erster Klient gewesen. In
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