Bis aufs Messer
als mich den Rest der Nacht mit Ihnen
zu amüsieren und die Polizei die Arbeit besorgen zu lassen?«
»Polizei?«
Sie fuhr zusammen. »Was hat die Polizei damit zu tun?«
»Helen
Christie wurde ermordet, vergessen Sie das nicht«, sagte ich leichthin. »Sie
werden also Ermittlungen wegen dieses Mordes anstellen. Ich habe Sie gestern abend gefragt, ob Sie je von einem Burschen namens Boler gehört hätten, aber ich habe Ihnen nicht gesagt,
warum ich danach gefragt habe. Boler ist der Mann,
der die Erpressung organisiert — im Namen eines unbekannten Kunden, behauptet
er — , und zufällig war er auch Helen Christies Agent. Es wird nicht lange
dauern, bis die Polizei die Verbindung zwischen Helen Christie und Boler einerseits und von Boler zu
Kendall andererseits entdeckt.«
Sie
schob meine Hand von ihrem Oberschenkel weg, als handle es sich um etwas, das
aus Versehen dorthin gefallen sei, und stand auf. »Wenn die Polizei anfängt, in Rafes Haus Fragen zu stellen«, sagte sie mit gepreßter Stimme, »wird sie herausfinden, daß Helen dort
war. Sie werden die Erpressungsaffäre entdecken, und sie werden alle vernehmen
und —«
»-
sie werden alles herausfinden«, beendete ich den Satz. »Das habe ich ja eben
gesagt; warum, zum Teufel, sollte ich mir Gedanken machen? Die Polizei kann
ruhig die Schwerarbeit leisten.«
Jackie
stand da und blickte mit bleichem Gesicht zu mir herab, dann hob sie die Hand
zum Mund und nagte eine Weile an ihren Knöcheln.
»Natürlich«,
sagte ich in dem Ton, in dem Leute bei einer Beerdigung zu sprechen pflegen,
»für alle, die während der Zeit im Haus waren, als das Manuskript gestohlen
wurde, wird das Ganze unangenehm werden. Ihre Namen werden in allen Zeitungen
erscheinen, und das wird keinem gut bekommen.« Ich lächelte ihr mitleidig zu.
»Vor allem für Sie, Süße. Wenn man in einer so empfindlichen Branche wie dem
Fernsehen tätig ist...«
»Ich
habe nicht das geringste mit dem Diebstahl dieses verdammten Theaterstücks zu
tun«, sagte sie schnell. »Wenn jemand es gestohlen hat, dann muß es Helen
selber gewesen sein.«
»Wer
hat sie also ermordet?«
»Ich
weiß es nicht! Vielleicht dieser Boler ?«
»Es
wird auch für Antonia hart sein«, sagte ich. »Ich meine, wenn dabei
herauskommt, daß sie gar nicht Kendalls Tochter ist.«
»Dieses
kleine Luder hat es nicht besser verdient!« sagte sie geistesabwesend. »Wenn
Sie sehen, wie sie die ganze Zeit um ihn herumlungert, könnte man denken, er
sei ihr Vater und ihre Mutter zugleich und nicht der blöde Ehemann, der nicht
einmal merkte, daß das Kind seiner Frau von einem anderen stammte.«
»Woher
wissen Sie das?« fragte ich leise.
»Nun,
ich...« Sie hielt plötzlich inne, und ihre Augen weiteten sich langsam, während
sie mich anstarrte. »Ich...«
»Wer
hat Ihnen das erzählt?«
Sie
bearbeitete ihren Fingerknöchel wieder eine Weile mit scharfen weißen Zähnen
und sagte dann mit zaghafter Stimme: »Helen.«
»Helen
Christie?«
Jackie
nickte unglücklich. »Ich war — na ja — , ich war eifersüchtig auf sie. Okay,
ich war Rafes Geliebte und wohnte in seinem Haus,
aber ich hatte meinen Stolz. Dann hatte er den Nerv, diese andere Frau ins Haus
zu bringen und sich mit ihr Tag und Nacht in seinem Arbeitszimmer
einzuschließen. Ich konnte es schließlich nicht mehr länger ertragen und
schaffte es, sie allein zu erwischen, und sagte ihr die Meinung. Als ich ihr
sagte, sie solle die Finger von Rafe lassen, lachte
sie mir ins Gesicht. Sie sagte, er sei ein großer Dramatiker, aber als Mann
zähle er nicht, und ich würde bald genug herausfinden, was für ein einfältiger
Weichling er sei! Das half mir auch nicht weiter; und so begannen wir, einander
anzuschreien. Mittendrin sagte sie — , daß Rafe nicht
wisse, daß Antonia nicht seine Tochter sei.«
»Woher
wußte sie es denn?«
»Ich
habe gar nicht danach gefragt«, sagte Jackie langsam. »Aber nach dem zu urteilen
wie sie sprach, wußte ich irgendwie, daß sie die Wahrheit erzählte.«
»Und
Sie haben es Antonia weitererzählt?«
»Ja.«
Zwei rote Flecken brannten auf ihren Wangen. »Ich wollte mich dafür, wie sie
mich während meines Aufenthalts in Rafes Haus behandelt
hatte, revanchieren. Immer war sie reizend, wenn Rafe um den Weg war, und eine absolute Hexe, wenn er weg war.« Sie lachte schroff.
»Ich habe Antonia unterschätzt, und das war ein weiterer Fehler. Zwei Nächte
später arrangierte sie die kleine Szene zwischen mir und Pete, und draußen
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