Bis bald, Sharma!
Materialist, aber ich dachte mir, dass es gerecht wäre, wenn er eine Kleinigkeit zu unserem vorhandenen Inventar beisteuern würde. Schließlich würde er mit mir in einer komplett nobel eingerichteten Wohnung leben, bei der ich drei Monate zuvor Bad und Toilette hatte renovieren lassen.
War er ein geiziger Mensch? Das konnte ich bislang nicht feststellen. Es fiel mir aber immer öfter auf, dass er ein äußerst sparsamer Mensch war. Er wägte bei jedem Einkauf ab, ob man etwas auch günstiger bekommen könnte. Oft fragte er mich, ob wir nicht lieber zuhause Brot und Bana nen essen könnten, statt im Restaurant viel Geld auszugeben. Ich setzte mich aber immer durch mit dem Resultat, dass ich für uns zwei die ganze Rechnung bezahlte. Er war ein geduldiger Mensch, das wusste ich. Aber wie würde er reagieren, wenn ich mit einem anderen Mann freundlich sprechen würde? Würde er aus Eifersucht durchdrehen und mir die Kehle durchschneiden? Ich hatte ihn einmal gefragt, wie er in Indien reagieren würde, wenn seine angetraute Ehefrau mit einem anderen Mann Sex haben würde und das ganze Dorf davon wüsste. Ich erschrak furchtbar über seine Worte! „Jasmin, es ist eine große Schande und eine Entehrung der ganzen Familie, wenn eine Frau fremdgeht. Entweder muss die Frau sterben oder der Mann. Das ganze Dorf würde keine Ruhe geben, bis die Schande gesühnt ist. Man schlägt der Frau mit einem Säbel den Kopf ab. Und wenn ich mit einem Mädchen heimlich Sex machen würde, ohne sie zu heiraten und es käme ans Tageslicht, würde die Familie des Mädchens entweder die Heirat verlangen, oder wenn ich nicht einwilligen würde, mich bei Nacht und Nebel totmetzeln.“
Der sogenannte Ehrenmord ist auch in Indien heute noch weit verbreitet. Ich habe schon viele Bücher darüber gelesen. Zum Beispiel hatte ein türkischer Vater seine Tochter nur deshalb mit Benzin übergossen und angezündet, weil sie einen anderen als den ausgesuchten Mann heiraten wollte. Ein anderes, pakistanisches Mädchen wurde von ihrem eigenen Bruder mit einem Telefonkabel zu Tode gewürgt, weil sie von einem Verwandten vergewaltigt worden und dadurch nicht mehr Jungfrau war. Ich habe erst letzthin ein Buch gelesen, das von einem Mädchen namens Souad handelte. Der Titel lautete „Bei lebendigem Leib“. Souad war siebzehn Jahre alt, als ihre Eltern sie zum Tode verurteilten, weil sie schwanger war und Schande über die Familie gebracht hatte - was im Westjordanland einen „Ehrenmord“ rechtfertigt. Ihr Schwager vollstreckte das Urteil. Er übergoss die junge Frau mit Benzin und wollte sie bei lebendigem Leib verbrennen. Doch wie durch ein Wunder hatte Souad den heimtückischen Anschlag überlebt. Im Gedenken an die zahllosen Mädchen und Frauen, die nicht so viel Glück hatten wie sie, und um die Weltöffentlichkeit auf diese grausame, archaische Tradition hinzuweisen, legt sie mit ihrem Buch davon Zeugnis ab. Ein erschütterndes Buch.
Mein indischer Traumprinz lachte, als ich riesige Augen machte und nicht glauben konnte, was er mir da erzählte. „Nein, nein, Jasmin, meine Prinzessin ... dir schneide ich den Hals nicht durch, du bist meine Liebe, keine Angst, wir sind doch hier in Deutschland.“
All diese Geschichten gingen mir durch den Kopf, wenn ich so allein in meinem Bett lag. Ich schüttelte meinen Kopf, um diese furchtbaren Gedanken loszuwerden, aber sie ver folgten mich. Vor allem wenn ich allein war, fiel ich in den Abgrund meiner eigenen schrecklichen Gedanken und ich wünschte mir nichts sehnlichster, als in den Armen meines Lieblings zur Ruhe zu kommen, denn ich liebte meinen Sharma.
Es hatte auch ein paarmal riesigen Krach zwischen uns gegeben, der angeblich auf Missverständnissen beruhte. Seitdem wusste ich jedoch nicht mehr, wie ich meine Eifersucht in den Griff bekommen könnte. Manche Psychologen und Familientherapeuten behaupten, Eifersucht sei kein Beweis für Liebe sondern einer für fehlendes Selbstwertgefühl. Aber das stimmt meiner Meinung nach nicht, denn wenn ich mich beurteile, so würde ich sagen, dass ich schon eine gehörige Portion Selbstbewusstsein besitze. Meine Eifersucht resultierte vielmehr daraus, dass ich mir in bestimmten Situationen einfach nicht sicher war, ob Sharma die Wahrheit sagte oder mich belog. So etwas passierte immer, wenn ich wieder zuhause war und wir nur per SMS oder telefonisch Verbindung halten konnten.
Ich schrieb ihm also SMS und wir vereinbarten, dass jeder jedem mit
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