Bis bald, Sharma!
Stunden: eine Ewigkeit - eine Sekunde! Gemeinsam schliefen wir ein und der Regen klopfte an das Fenster. Ich hatte wieder einen meiner Bahnhofsträume und ich weinte. Sharma, mein süßer Mann, tröstete mich wie ein Vater sein Kind. Danke Sharma! Mit gesenkten Köpfen schlenderten wir zum Bahnhof, der nur fünf Minuten von der Wohnung entfernt war. Diesmal wollte ich auf keinen Fall weinen. Er stieg mit mir in den Zug ein, wir hatten noch fünfzehn Minuten, und er küsste mich besinnungslos. Als das Signal zur Abfahrt ertönte, sprang er auf den Bahnsteig zurück, hielt kurz meine Hand und flüsterte „Ich liebe dich, Jasmin.“. Dann setzte sich der Zug in Bewegung und ich quetschte meine Nase am Fenster platt, um ihn ein letztes Mal noch zu sehen. Dann war er verschwunden - aber ich weinte NICHT. Später erzählte mir Sharma, dass er noch eine Zeitlang am Bahnsteig gestanden und geweint habe – ja, er hatte geweint.
Zuhause gefiel es mir gar nicht mehr. Ich vermisste meine Liebe so sehr, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Ich hatte viel Zeit nachzudenken - über ihn und unsere Liebe.
Warum liebte ich diesen Mann so? Es schien mir, als würde ich ihn schon hundert Jahre kennen und noch viel länger. Sharma sagte, als er mich das erste Mal im Leben sah, dass er mich schon kannte aber ich schwöre, noch nie in meinem Leben war er mir begegnet. Woher kannte er mich also? Konnte es sein, dass er vor vielen, vielen Jahren, als ich schon einmal gelebt habe, meine große Liebe war und ich diese Liebe vielleicht durch den Tod verloren habe - oder er mich? Diese Gedanken spukten in meinem Kopf herum und ich wüsste gerne die ganze Wahrheit und das Geheimnis meiner früheren Leben.
Unsere Seelen standen auch über viele Kilometer hinweg ständig miteinander in Verbindung. Wenn es ihm schlecht ging, dann wusste ich das mit hundertprozentiger Sicherheit. Wenn ich ihn gerade anrufen wollte, dann rief er mich zuvor an. Wenn ich mir sehnlichst eine SMS von ihm wünschte, dann erschien sie in der nächsten Sekunde auf dem Display meines Handys. Manchmal hatte ich ein seltsames, dröhnendes Klingen in meinen Ohren und ich wusste ganz sicher, dass er mit seinem Herzen an mich dachte. Wenig später bestätigte er mir, er habe mit riesengroßer Wehmut an mich gedacht. All unsere Gemeinsamkeiten und diese tiefe Verbundenheit ließen unsere Liebe mehr und mehr wachsen. Ich konnte mir nie und nimmer vorstellen, dass Sharma in meinem Leben auf einmal nicht mehr da sein würde. Das wäre, als würde man mir das Herz aus meinem Körper reißen. Es klingt vielleicht schnulzig wenn ich schreibe, was früher immer in alten Gedichten stand; aber es ist ganz sicher so. Dem Liebenden „bricht sein Herz“, wenn er die Geliebte verliert. Schon allein daran zu denken, dass mein Traumprinz nicht mehr bei mir wäre, würde mir das Herz brechen. Oh, Liebe …!
Ich dachte nicht nur an unsere große Liebe, sondern ich fragte mich auch, was sein würde, wenn unsere Liebe plötz lich sterben würde. Was, wenn ich nicht mehr nach Salzburg fahren würde und ihn nicht mehr anrufen würde? Was würde er tun? Würde er nach mir schauen und um mich kämpfen? Oder würde er sich in sein Schicksal ergeben und glauben, ich liebte ihn nicht mehr? Ich hätte gern einmal so einen Test machen wollen, aber meine Liebe war mir dafür zu schade. Sharma war zudem der Anschauung, dass man mit seiner Liebe keine Tests macht. Was wäre, wenn wir später richtig zusammenleben und gegenseitig unsere Fehler entdecken würden, die wir vorher voreinander versteckt hielten? Nicht absichtlich, eher unbewusst. Was, wenn es mich später stören würde, dass er seine Nase ausrotzt oder seinen Schleim lautstark aus seinem Rachen heraushustet? Würde ich ihn dann hassen? Wo war die Grenze unserer Liebe? Gab es eine Grenze? Wenn wir uns beide verändern und er würde anfangen zu saufen und zu rauchen - oder ich? Wenn er keine Lust mehr hätte, mit mir Sex zu machen - oder ich? Was wäre, wenn er ernsthaft krank würde und ich ihn jahrelang pflegen müsste? Oder wenn ich dahinsiechen würde, würde er mich in meinem Bett verfaulen lassen?
Was wäre, wenn seine Liebe sich in Besitzanspruch ver wandeln würde und er mich zuhause einsperren würde, damit kein Mann mich anschauen könnte? Wenn er Depressionen bekäme und keinen Sinn mehr in seinem Leben sehen würde, trotz meiner Liebe zu ihm? Wenn er mich von heute auf morgen ohne einen Grund und ohne mir Tschüss zu sagen,
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