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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Bhullar
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hatte ich etwas vergessen oder ich war zu früh oder zu spät ausgestiegen. Seltsam. Immer war ich in meinen Träumen auf der Suche nach meinem Traumprinz und konnte ihn nicht erreichen. Mir schauderte vor diesen Träumen. Sie waren ungerecht, denn solche Träume hatte ich nicht verdient. Mein Unterbewusstsein hatte wirklich ein seltsames Eigenleben.
    Lange, lange streichelte mich mein Prinz so zart und ruhig, dass ich wieder in seinen haarigen, warmen Armen einschlief und eine traumlose Nacht hatte. Am Morgen wurde ich natürlich wachgeküsst und ehe ich mich versah, war er schon auf den Beinen und bereitete wie schon so oft den Frühstückstisch für uns beide. Diesmal musste er das Wasser für die Eier nicht in einem Wasserkocher mit dem Tauch sieder erhitzen, sondern er hatte dafür einen schönen Topf auf einem sauberen Herd. Ich musste über seine selbstgebaute Stecker-Kreation lachen. Das Starkstromkabel des Herdes hatte am Ende keinen Stecker. So steckte es, provisorisch mit Kabelband umwickelt, in einem Verlängerungskabel, welches zur Steckdose führte.
    „Oh, das ist gefährlich, das muss ein Elektriker richtig anschließen, Schatz“, sagte ich empört.
    „Ach ne, wir in Indien machen das auch einfach so, das ist schon okay. Dann arbeiten eben nur zwei Platten anstatt vier, kann man Energie sparen, haha ...“
    Sharma fütterte mich ununterbrochen mit Leckerbissen. Er tauchte Bananenstücke in Haselnuss-Mus und steckte sie mir in den Mund. Er mästete mich mit seinem schön gemachten Bananen-Haselnussmus-Honigvollkornbrot, dass mir fast schlecht wurde. Nach dem Frühstück wollte ich abwaschen, aber er riss mir die Spülbürste aus der Hand und zeterte: „Nein, nein, lass das, ich mache das, es ist nicht de ine Arbeit, du bist meine Liebe.“ Ich musste innerlich lachen - so wollte er mir also seine Liebe zeigen.
    Am Nachmittag besuchten wir einen Sikhtempel. Dort beten Inder seiner Religion und hören die Worte eines Guru, der die weisen Worte des Guru Nanak liest. Bevor wir den Tempel betraten, mussten wir uns ein orangefarbenes Tuch um den Kopf binden, unsere Schuhe ausziehen und unsere Hände waschen. Wir betraten einen riesigen Raum, der bis auf den Altar vollkommen leer war. Als ich den Altar sah, stutzte ich. Wenn die Situation nicht so heilig gewesen wäre, hätte ich laut losgelacht, denn was ich da sah, hatte ich noch nie gesehen. Der Altar glich einer Schaubude mit tausenden, hell leuchtenden Elektrokerzen. Er wurde von Lampions, Weihnachtslametta, Faschingsgirlanden und künstlichen Blumensträußen fast erdrückt. Über dem Altar war ein farbenprächtiger Baldachin gespannt, von dem wiederum blinkende Lichterketten herabwippten. Die bunte Lichterpracht erinnerte mich an Las Vegas. Dahinter saß ein ehrfürchtiger alter Guru mit Turban und langem Bart und las ununterbrochen aus dem Gottbuch der Sikhs. Mein Traumprinz ließ sich vor dem Altar am Boden nieder, strich sich übers Gesicht, schloss die Augen und versank in ein Gebet. Ich versuchte so gut wie möglich, es ihm gleichzutun, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht ernsthaft konzentrieren, weil mich die kitschige Aufmachung des Altars verwirrte. Da ich aber meinen Traumprinz nicht mit meiner Zerstreutheit blamieren wollte, betete ich kurz und schlich mich auf leisen Sohlen wieder aus dem heiligen Saal hinaus. Draußen atmete ich in der frischen Luft auf und wartete auf meinen Sharma, bis er mit seinem Gebet fertig war. Alle Gläubigen, die den Tempel besuchen, bekommen eine Gabe. Dies ist meistens Obst. Sharma brachte einen ganzen Arm voll Äpfel und Bananen mit und wir aßen davon auf unserem Heimweg.
     
    Als wir zuhause in unserem herrlichen Luxusbett lagen, kramte ich mein kleines Diktiergerät heraus und bat Sharma, mir ein paar Sätze in seiner Sprache draufzusprechen. Ich merkte, er hatte Hemmungen und wusste nicht, was er sagen sollte. „Me tenhu piar kardi mere patni mere piari“, sagte er und ich wusste, was das hieß. Er sagte, dass er mich sehr liebe und dass ich seine Frau, sein Liebling sei. Ich wollte aber, dass er mir viel, viel mehr auf das Band sprach, weil ich seine Sprache interessant fand und sie auch ein bisschen lernen wollte. Ich fragte ihn also simple Sätze, wie „Ich gehe heute in die Stadt“, „Ich liebe Blumen“, „Ich bin glücklich“, „Du bist meine zukünftige Frau“, „Ich esse Gemüse mit dir“ und „Ich liege heute mit dir im Bett“. Jedes Mal, wenn er die Sätze in seine

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