Bis bald, Sharma!
Windeseile mit dem Schreiben zum Bahnhof und nahm den nächsten Zug nach Bayerisch Gmain. Wieder Landstraße in glühender Hitze, wieder klopfendes Herz und Angstschweiß am Rücken. Ich atmete tief durch und ging erneut zum Landratsamt - auch diesmal war mir das Glück hold, an diesem Tag war das Amt nachmittags geöffnet. Der Rotschopf mit den strengen Augen sah sich die Papiere noch länger und genauer an und erklärte mir dabei:
„Wissen Sie, Indien ist ein Problemland . Die Ämter sind korrupt und arbeiten ungenau und langsam. Man kann mit Geld dort alles kaufen. Eigentlich müsste ich diese Papiere nach Indien schicken und sie dort auf ihre inhaltliche Richtigkeit und auf die Identität der Person durch einen Vertrauensanwalt überprüfen lassen. Das würde circa ein halbes Jahr dauern, manchmal sogar ein ganzes Jahr oder noch länger. Aber ich sehe hier, auf dieser Scheidung ist die Rechtskraft und alle anderen Papiere sind auch in Ordnung und mit allen wichtigen Stempeln versehen, von Indien, von der Botschaft und dem Ministerium. Außerdem hat Ihr Verlobter selbst erklärt, dass er mit seiner Scheidung einverstanden ist. Aber Indien ist und bleibt ein Problemland.“
„Welcher Teil von Indien ist denn problematisch?“, fragte ich ihn und hielt den Atem an.
Er öffnete seinen Computer und es erschien eine lange Liste der Länder, die aus der Anerkennung herausfallen. Er zeigte mir die Länder und als Oberbegriffe erschienen Indien, Pakistan, Sri Lanka und viele afrikanische Länder. Ich bat ihn, Indien genauer anzuschauen, denn Indien ist groß. Nicht in jedem Regierungsbezirk war Korruption an der Tages ordnung. Als Unterbegriffe erschienen Indien-Mumbai, Indien-Bombay - aber nicht Indien-Punjab. Ich erklärte ihm, dass mein Verlobter aus Punjab käme und dieser Bezirk nicht in seiner Liste vorhanden war. Er schaute ganz überrascht und verschmitzt sagte er:
„Da haben Sie aber Glück gehabt, dass dieser Bezirk nicht hier verzeichnet ist. In diesem Fall genügt die einfache Prü fung“. Er nahm den Zettel mit der Aufschrift „Anerkennung einer Ausländischen Eheentscheidung“, den ich aus Freilassing mitgebracht hatte, schaute sich ihn noch einmal genauestens an, drehte ihn um und auf der Rückseite stand die Beurteilung: Zwei kleine Kästchen – „Scheidung anerkannt“ und „Scheidung nicht anerkannt“.
Ich beschwor ihn im Stillen „Mach bitte oben das Kreuz, mach bitte oben das Kreuz, mach oben das Kreuz!“ Das sagte ich leise in einem fort - bis seine Hand bei dem Käst chen „Scheidung anerkannt“ ein Kreuz machte. Man konnte meinen Erleichterungsseufzer fast hören.
„Danke, lieber Herr Schneider, Sie haben uns sehr gehol fen!“
„Sie brauchen sich nich t zu bedanken, es ist Ihr Recht.“
Völlig aufgelöst vor Glück verließ ich mit diesem so wich tigen Dokument den Raum und erholte mich im Schatten des „Café Frohsinn“ in Bayerisch Gmain bei einem großen Salat und einem kleinen Rotwein. Ich war vollkommen erschöpft. Ich schwitzte wie ein Schwein - es war sicher vierzig Grad heiß. Ich presste die Mappe mit den Dokumenten fest an mich und schaute immer wieder hinein, ob auch kein Papier davongeflogen war. Ich schrieb sofort eine SMS an meinen Liebling, dass alles gut gelaufen sei und dass ich mit einem der nächsten Züge heimkommen würde.
Jetzt brauchte ich nur noch mit dieser Bestätigung wieder nach Freilassing zu fahren und diese dem Standesbeamten aus händigen, dann würde ich sofort dieses elende Ehefähigkeitszeugnis bekommen und unserer Heirat würde nichts mehr im Wege stehen.
Am 28. Juli, nur drei Tage später, düste ich wieder nach Freilassing. Ich war viel zu früh dort und kaufte im Penny einen Strauß Blumen und einen großen Kuchen. Das alles wollte ich Herrn Maier schenken. Diesmal zitterten meine Knie nicht und auch kein Angstschweiß lief über meinen Rücken, denn ich wusste, dass dieses einzige kleine Kreuz, das Herr Schneider gemacht hatte, uns den Weg freimachen würde zu unserer Heirat. Der Beamte schaute mich wieder mit seinen warmen Augen freundlich an und begrüßte mich. Ich überreichte ihm den Strauß Blumen und den Kuchen. Er freute sich sehr. Dann sah er sich die Papiere nur kurz an und füllte per Computer das Ehefähigkeitszeugnis sorgfältig aus. Hier wurden von uns beiden alle Angaben komplett eingetragen, sogar die Namen unserer früheren Lebenspartner. Ein großer Ausdruck in sieben verschiedenen Sprachen kam aus dem Drucker
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