Bis das Glück mich findet
lang regelmäßig einmal in der Woche mit ihm telefoniert und ihm ihre Ängste anvertraut, die sie Brendan einfach nicht eingestehen konnte. Mit der Zeit waren die Telefongespräche seltener geworden. Und nach Gregs Heirat hatten sie ganz aufgehört, weil ein Dritter, wie Dominique sich vorstellen konnte, niemals die enge Bindung hätte verstehen können, die sie beide miteinander hatten.
»Kelly und ich verstehen uns großartig«, erwiderte Dominique mit Wärme. »Wir haben viel Spaß miteinander, und ich genieße es, ihre Mutter zu sein. Ich kann nicht behaupten, meinen Eltern je nahegestanden zu haben, aber Kelly fühle ich mich wirklich sehr, sehr nahe.«
»Das freut mich«, erwiderte Gabriel. »Offenbar haben meine Gebete für dein Glück Gehör gefunden.«
»Ich glaube, dass es dabei eher darauf ankommt, wie viel man selbst bereit ist, für sein Glück zu tun, und weniger auf Gebete.«
»Aber schaden tun sie auch nicht.« Gabriel grinste.
»Dann betest du also jeden Tag für mich?«, fragte sie.
»Aber sicher.«
»Ehrlich?«
»Ja.«
Sie kicherte. »Glaubst du, dass dein Beten der Grund dafür ist, dass unsere Firma so boomt und wir dieses wunderschöne Haus bekommen haben?«
»Ich bete nicht um materielle Dinge«, erwiderte Gabriel. »Es gibt noch anderes im Leben, weißt du? Jeder Mensch braucht ein Gegenwicht im geistig-seelischen Bereich.«
»Natürlich geht es nicht nur um materielle Dinge«, pflichtete sie ihm bei. »Brendan zum Beispiel bedeutet materieller Erfolg Sicherheit. Und auch ich habe geistig-seelische Interessen. Aber ich muss dazu nicht in die Kirche gehen und mich hinknien.« Dann erschien plötzlich ein freches, frivoles Glitzern in ihren Augen. »Wenn ich mich mal hinknie, dann bestimmt nicht, um zu beten.«
Woraufhin Gabriel sich an seinem Tee verschluckte und Dominique gar nicht mehr aufhören konnte zu lachen.
Kapitel 9
A m folgenden Freitag, Dominique belud gerade ihre Waschmaschine, kam ein Anruf von Emma, sie stehe am Bahnhof Heuston, und ob Dominique Lust hätte, sich mit ihr zum Mittagessen zu treffen.
»Sehr gern«, antwortete Dominique. »Kelly geht gleich nach der Schule in ihre Theatergruppe, also habe ich Zeit.«
»Ich bin ab zwölf im Blooms«, sagte Emma. »Wir treffen uns dort.«
Dominique schaute auf ihre Armbanduhr. »Ich fürchte, bei mir wird es wohl eher eins werden.«
»Kein Problem«, sagte Emma. »Ich warte einfach auf dich.«
Dominique beendete das Gespräch, füllte Waschpulver in den Behälter und schaltete die Maschine ein. Dann lief sie schnell nach oben in ihr Schlafzimmer und öffnete ihren Kleiderschrank. Es war ihr klar, dass sie mit Emma, die stets die angesagtesten Klamotten trug, nie im Leben mithalten konnte, aber immerhin konnte sie dafür sorgen, dass sie nicht wie eine biedere Vorstadthausfrau daherkam. Also tauschte sie rasch ihre bequemen, weit geschnittenen Jeans von Marks & Spencer und ihren Fleecepulli gegen knapp sitzende Jeans von Calvin Klein und ein schlichtes weißes T-Shirt ein. Obwohl Dominique abgenommen hatte, war es immer noch ein Kampf, sich in diese Jeans zu zwängen, aber es musste sein, damit sie neben Emma nicht allzu hausbacken wirkte. Immer wenn ihre Minderwertigkeitsgefühle überhandnahmen, sagte sie sich, dass sie eine patente, tüchtige Frau war, die sich bemühte, alles so gut wie möglich zu machen. Sarah, ihre Psychologin, hatte sie gelehrt, dass es völlig okay war, wenn man sich manchmal unzulänglich fühlte. Greg fand das auch. Aber Dominique wollte auf keinen Fall das Gefühl haben, dass sie sich nicht wenigstens bemüht hatte.
Sie stäubte sich Bronzepuder ins Gesicht, trug Lipgloss auf und fuhr sich mit der Bürste durch die Haare. Dann füllte sie den Krimskrams aus ihrer alten schwarzen Handtasche um in eine kleinere, etwas modischere Variante dieser Tasche. Sie betrachtete sich noch einmal prüfend im Spiegel, gab sich selbst sechs von zehn Punkten und eilte aus dem Haus, um den Bus noch zu erreichen.
Emma saß in der Hotelbar und blätterte in einer Zeitschrift. Ihr kastanienbraunes Haar war zu einem lässigen Pferdeschwanz zurückgebunden. Sie trug ein Kleid mit passender Jacke in einem hellen, pastelligen Fliederton, und ihre Nägel waren, wie Dominique bemerkte, als Emma eine Seite umblätterte, perfekt manikürt und im gleichen extravaganten Rotton wie ihr Lippenstift lackiert. Unwillkürlich seufzte Dominique. Niemals würde sie es schaffen, so cool und stylish auszusehen wie Emma, auch
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