Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
trommeln, da hat sie mich immer schon böse angekuckt. Aber ich hab’s geschafft, ich konnte mich abnabeln. Ich muss meine Eltern nur einmal im Dreivierteljahr anrufen, es ist nicht zu eng, aber auch nicht zu weit. Ich fahre Weihnachten schon zu ihnen oder sie zu mir.“
Pauls Familie ging im Laufe seines dritten Schuljahres nach Russland, wo seine Mutter an der Fachschule für Außenwirtschaft Russisch lehrte und sein Vater als Professor für slawische Sprachen arbeitete.
Paul lernte in dieser Phase seines Lebens nicht nur, akzentfrei Russisch zu sprechen, sondern auch viel über die Menschen des Landes und deren Mentalität. Es fiel ihm schwer, nach einem Jahr wieder nach Deutschland zurückzukehren, weil er sich in Moskau sehr wohl gefühlt hatte. Paul lebte sich dennoch in seiner alten Heimat wieder ein und entdeckte seine Leidenschaft für Sport. Er begann mit Gymnastik, musste allerdings mit zwölf Jahren wegen einer Verletzung damit aufhören.
Zur gleichen Zeit kam er mit der Musik in Kontakt. Seine Eltern hatten seine drei Jahre älteren Schwester Klavierunterricht geben lassen und versuchten das Gleiche bei Paul. Sie schickten ihn zu einer Klavierlehrerin, was ihm gar nicht gefiel. Seinen Freunden, die er ab und zu nach der Schule zum Unterricht mitnahm, passte das auch nicht. Sie langweilten sich und gingen schnell wieder. Der Versuch wurde abgebrochen, und es ging mit Klarinettenunterricht weiter. Aber Paul konnte mit dem permanenten Üben nichts anfangen und hörte auch damit bald auf.
Außerhalb des aufgezwungenen Unterrichtes ließ sich der spätere Rammstein-Gitarrist in dieser Zeit von Musik aus den verschiedensten Richtungen beeinflussen: von Jean-Michel Jarre und seinen sphärischen Synthesizer-Klängen, von Klaus Schulze, einem Pionier der elektronischen Rockmusik, der als Schlagzeuger bei Tangerine Dream anfing, und von Ideal und ihrem rotzigen Neue-Deutsche-Wellen-Sound.
Dazu kam die musikalisch härtere Gangart, die Paul schon damals mochte, wie er später in einem Interview vom 23. 07. 2004 mit
fritz.com
verriet: „Ich fand Heavy Metal gut als Kind, nur weil’s laut und hart war. Eigentlich fand ich den Inhalt nicht gut. Das würd’ ich vielen Kids jetzt einfach ’mal so unterjubeln, dass sie Metal einfach nur gut finden, weil’s hart ist und nicht weil’s gut ist.“
Schließlich entdeckte Paul das Gitarrespielen für sich. Das Instrument, das im Schrank seines Vaters verstaut war, nahm er eines Tages heraus und probierte darauf herum, wobei er nur das alte Arbeiterstück „Wer kann die Lieder der Freiheit verbieten?“ spielen konnte. Es blieb zunächst bei diesem einen Song, der ihm das Instrument vertraut machte. Andere konnte Paul noch nicht nachspielen. Also versuchte er zu improvisieren – und wurde dadurch vom Musik-Virus infiziert. Auf einmal probierte er es sogar wieder mit dem vorher so ungeliebten Klavierspielen, um noch weiter in die Welt der Töne einzusteigen.
Das Instrument, das in dort hinführte, blieb aber die Gitarre. Als Paul in der neunten Klasse war, kaufte er sich als erste E-Gitarre ein sehr dünn klingendes DDR-Modell namens „Iris“. Wie man deren Saiten Rock-Töne entlockt, schaute sich Paul auf Konzertbesuchen der Punk- und New-Wave-Formation Keks ab. Er notierte sich die Griffe des Gitarristen im Gedächtnis, eilte rasch nach Hause und probierte das gerade Gesehene vor dem Spiegel aus. Heutzutage ist es umgekehrt, und er selbst ist für seine Fans ein Gitarrenheld. Die DDR-Klampfe hat er längst abgelegt und spielt dafür hochklassige Modelle von „Music Man“, oder er bearbeitet eine „Les Paul“. Von der „ESP Guitar Company“ ließ er sich eine Eclipse-Gitarre nach seinen Vorstellungen modifizieren. Die „1 CTM ‚Paul Landers‘ Vintage Black“ ist sogar in die Serienproduktion gegangen.
Als 15-Jähriger war Paul allerdings gerade mal auf seinem Weg zum Gitarren-Ass. Er hatte just die ersten Schritte in Richtung Rock unternommen und wollte das, was er autodidaktisch durch seine Konzertbesuche und das Nachspielen gelernt hatte, verfestigen. Also meldete er sich an der Musikschule Berlin-Friedrichshain in der Abteilung „Tanzmusik“ für den Unterricht an der E-Gitarre an und schaffte die Aufnahmeprüfung, indem er Improvisationen spielte.
Neben der E-Gitarre begann Paul mit dem Schlagzeugspielen, weil ihm langweilig war. So trommelte er ab und zu in der S-Bahn auf seinen Knien unterschiedliche Rhythmen. Später übte er, wenn er bei
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