Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
saßen, sind bereits tot. Sie haben sich das Leben genommen, nachdem sie an ihrer Tat völlig zerbrochen waren. Einer der Piloten hat direkt nach dem Abwurf gerufen: ‚Oh, mein Gott! Was habe ich getan?‘ Die Piloten hatten jedenfalls ihr Leben verwirkt. Wir wollten zeigen, wie sechs Menschen so etwas tun können.“
„Diesen Clip“, mischte sich Mühlmann an jener Stelle des Gesprächs wieder ein, „hätte kein einziger Musiksender ausgestrahlt, vor allem nicht in den USA.“ Dazu meinte Paul nur: „Das darf man nicht denken. Man darf als Künstler lediglich denken, dass man ein gutes Video machen will. Ob es dann gesendet wird, ist die zweite Frage. Aber wie auch immer, das war eine von vielen Ideen, die wir letztlich wieder verworfen haben. Wir kalkulieren mittlerweile auch, ob die Masse uns und unser Anliegen missverstehen könnte. Ich merke ja an deiner Reaktion, dass die Leute uns nicht verstanden hätten. Ich zumindest hätte es gut gefunden, wenn im Kontrast zu dem wunderschönen Refrain die Atombombe hochgegangen wäre. Da hätte sich niemand eines entsprechenden Gefühls erwehren können.“
„Sicherlich nicht“, gesteht der
Rock Hard
-Autor ein, „aber die breite Masse würde euch komplett missverstehen. Sie wäre empört“, meinte Mühlmann. „Genau das denkt jeder“, stimmte Landers zu, „und deshalb ist es Quatsch.“
Anhand der 2003 erschienenen DVD „Lichtspielhaus“ erläuterte Gitarrist Paul dem Magazin
Rock Hard
für dessen Ausgabe 06/04 nochmals die typische Rammstein-Vorgehensweise bei einem Videodreh, speziell am Clip zum Song „Ich will“, in dem die Rammstein-Mitglieder Bankräuber mimen. „Ich glaube nicht, dass dahinter eine enorme schauspielerische Leistung steckt“, widerspricht er der wohlwollenden Einschätzung des Journalisten: „Wenn Jungs Schießen spielen dürfen, brauchen sie dafür nicht extra trainieren“, ergänzte er lachend. „Nein, das ging uns leicht von der Hand, zumal jeder von uns kriminelle Tendenzen in sich trägt. Aber es war teilweise auch hart: Nach diesem Dreh würde ich jedenfalls keine Bank überfallen wollen, weil dieses Sondereinsatzkommando KSK – oder SEK oder so ähnlich – echt heftig ist. Richard meinte zu denen, dass sie keinen Schongang einlegen, sondern es echt aussehen lassen sollen. Die Typen haben uns dermaßen brutal auf den Boden geklatscht, dass ich gleich beim ersten Dreh ’ne blutige Nase hatte. Das sieht man gar nicht im Clip. Leider lief das Video nicht besonders lange im Fernsehen, weil es zu einer Zeit kam, in der zwei Flugzeuge ins World Trade Center gekracht sind. Die Leute hatten deshalb keinen großen Bock auf einen Videoclip, in dem Bankräuber Geiseln nehmen. Osama Bin Laden war damals auf Platz 1, den konnten wir nicht toppen.“
Das visuelle Rammstein-Repertoire umfasst immer wieder ungewöhnliche, oftmals schroffe Ästhetik einerseits, die Neigung zur Provokation sowie zum Tabubruch andererseits. Und nicht zu vergessen: jede Menge – wenn auch garantiert nicht für jedermann nachvollziehbarer, da meist tiefschwarzer – Humor. Das zieht sich durch sämtliche Aspekte des Rammstein-Auftritts in der Öffentlichkeit, ob bei den Songs, den Videos, den Konzert-Choreografien oder den CD- und DVD-Covern. All das folgt einer extrem stringenten Form des Anspruchs, ein lebendes Gesamtkunstwerk sein zu wollen.
So auch geschehen beim Cover zur CD/DVD „Live aus Berlin“. „Aus einem kleinen roten Radio dringt offenbar Musik, sechs Männer lauschen mit gespannter Andacht“, beschrieb
ME/Sounds
-Redakteur Arno Frank in der Ausgabe 09/99 des Magazins anlässlich seiner „Live aus Berlin“-Plattenkritik das äußere Erscheinungsbilddes damals aktuellen Albums. Und fährt fort: „Drollig wirkt diese kabarettistisch gestellte Szene einer geschniegelten Herrengruppe auf dem Plattencover, wenn auch die Säulenreihe im Hintergrund von der imperialen Architektursprache eines Albert Speer flüstert. Olympiastadion vielleicht. Ist ja nix dabei. Die freiwillige und sorgsam berechnete Komik des Covers setzt sich musikalisch fort. Gewalt in allen ihren sexuellen, politischen und musikalischen Ausprägungen ist das brennende Thema, von Rammstein auf der Bühne visuell auch entsprechend umgesetzt.“
Nachdem
ME/Sounds
-Mitarbeiter Christoph Lindemann im Interview mit Richard Kruspe in der Ausgabe 09/99 wie auch schon Kollege Arno Frank in seiner Rezension einmal mehr auf den alten Vorwurf der Rammstein-Liebäugelei mit
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