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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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sitzen und sah in den dunkler werdenden Himmel hinaus. Das war die Atempause, die ich gebraucht hatte. Ich holte tief Luft und atmete aus. Dann noch einmal. Ich schloss die Augen. Für jeden in meinem Beruf ist die Einsamkeit ein teurer Freund. Den meisten Menschen, denen ich begegne, kann ich nicht trauen, kann ihnen nicht glauben, mich nicht auf sie verlassen. Das Einzige, was die Mehrzahl der Menschen, für die ich arbeite, von denen unterscheidet, die ich observiere, ist die Tatsache, dass meine Klienten für das Privileg meiner Aufmerksamkeit zahlen. Es gibt nur wenige Menschen, auf die ich mich verlassen kann oder denen gegenüber ich gar freundliche Gefühle hege – darum war dieser Augenblick des Alleinseins, selbst in diesem ungemütlichen Farbspektrum, reiner Balsam für mich.
    Nach fünf, sechs Minuten Luftholen stand ich auf und sah mir die Bücher an, die aufgereiht standen wie Dominosteine in einer Schachtel. Der erste Band, den ich aufschlug, war ein Schundroman über eine Kriegerin namens Zarra die Prächtige. Das nächste Buch war ein Band aus der Tarzan -Reihe von Edgar Rice Burroughs. Ich muss mir wohl ein Dutzend dieser billigen Romane und sündteuren Neubindungen angesehen haben. Da gab es John Carter vom Mars , Doc Savage , einen Band aus der Fu Manchu -Reihe, Der Schatten und andere weniger unvergessliche Gestalten.
    Es musste Tausende Dollar gekostet haben, diese wertlosen Reprints aus den Fünfzigern von Abenteuermagazinen aus den Dreißigern neu binden und mit Schubern versehen zu lassen. Aber was bedeutete das schon für einen Mann, der sich den Tod eines Anderen erträumen und Wirklichkeit werden lassen konnte?
    Es gab ein leises Geräusch wie das Seufzen einer Spielzeugtrompete. Ich drehte mich nach links um und sah, dass in der glatten braunen Wand eine Tür verborgen war. In der Tür stand ein schlanker weißer Mann, der dem untersetzten Blender sehr ähnlich sah, aber doch eher dem kräftigen Mann auf dem Foto glich, der mit einer Frau posiert, die seiner Frau ähnlich sah.
    »Mr. Tyler?«, fragte ich.
    Der Mann blieb stehen, trat nicht sofort durch die geheime Tür.
    »Mr. McGill?«
    »Richtig«, sagte ich und strahlte.
    Einer seiner Finger ruhte auf dem Türrahmen.
    »Ich habe mir Ihre Bücher angeschaut«, sagte ich. »Ich glaube nicht, dass es irgendwo auf der Welt eine zweite derartige Sammlung gibt.«
    Er legte seine Hände zusammen und betrat das braun in braun auf braun gehaltene Zimmer.
    »Setzen Sie sich, Mr. McGill«, meinte er. »Lassen Sie mal hören, was Sie zu sagen haben.«

8
    Ich kam mir vor wie bei einem Vorsprechen, bei dem ein und dieselbe Szene nacheinander von verschiedenen Schauspielern vorgetragen wird, die sich um die eine Rolle bewerben. Der neue Kandidat gab mir die Hand, bevor er zu dem Sessel ging, in dem ein anderer Schauspieler vor ihm gesessen hatte.
    Cyril Tyler, wenn er es denn tatsächlich war, hatte einen fleischigen, feuchten Händedruck. Er ging um das große braune Nilpferd herum und setzte sich, wobei er übertrieben große Gesten machte, so als sei er eigentlich viel größer. Vor allem diese Gestik bestärkte mich in dem Glauben, dass er es tatsächlich war.
    Ich kehrte zu meinem gebrandmarkten Stuhl zurück, legte meine Ellbogen auf die Lehnen und bildete mit meinen Händen eine große Faust.
    »Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. McGill?«, flüsterte der Mann.
    Ich konnte ihn kaum verstehen, widerstand aber der Versuchung, mich vorzubeugen.
    »Wie bitte?«, fragte ich laut.
    Er lächelte und grinste dann leicht.
    »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«, wiederholte er nur wenig lauter als zuvor.
    Ich lächelte und nickte, aber nicht seinet-, sondern meiner selbst wegen. Der Grund, warum ich in diesem Beruf voller Täuscher tätig war, bestand darin, dass ich ebenso häufig log wie meine Klienten, ganz zu schweigen von meinen Zielpersonen. Ich konnte ihnen nicht vertrauen, aber sie mir auch nicht, ob sie das nun wussten oder nicht.
    Ich log am besten. Ich könnte Ihnen eine neunundneunzigprozentige Wahrheit auftischen, doch die Art, wie ich sie vorbrachte, würde sie völlig auf den Holzweg führen.
    »Heute Nachmittag kam eine Frau zu mir ins Büro, Mr. Tyler. Sie sagte, ihr Name sei Chrystal Chambers-Tyler, und …«
    »Chrystal?«, sagte er in ganz normaler Lautstärke.
    Ich nickte und fuhr fort. »Sie sagte, sie würde gern meine Dienste in Anspruch nehmen. Wie es scheint, ist ihr ein wertvoller Schmuck abhandengekommen, und sie hat

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