Bis dass der Tod uns scheidet
Angst, es Ihnen zu beichten.«
»Angst? Ich verstehe nicht«, sagte der Mann, und seine Blicke schossen im Zimmer umher, so als würde ein komisches Geräusch durch die braunen Wände dringen.
»Ich auch nicht«, meinte ich. »Es handelt sich offenbar um eine reiche und erfolgreiche Frau, Gattin eines sehr reichen Mannes. Warum sollte sie sich Sorgen um ein Collier für unter einer Million machen?«
Tyler stand auf – unbewusst, wie es schien.
»Wo ist sie, Mr. McGill? Und was meinen Sie mit ›Angst‹? Was hat sie über mich gesagt? Über uns? Was hat sie getragen?«
Der Milliardär wirkte weder gebieterisch noch dominant. Er war fast fünfzig, wirkte aber jünger. Etwas Jungenhaftes war an ihm, das die Jahre noch nicht abgeschliffen hatten. Tyler war der klassische Milchbubi, der zufällig Milliardär geworden war, aber Abenteuergeschichten las, um sich in einer Welt als Held zu fühlen, in der Taten zählten, nicht Geld.
Ich mochte ihn.
»Eierschalenfarbenes Kleid und eine Goldkette mit einer Perle«, erinnerte ich mich an das Bild, das Bugs Programm mir ausgespuckt hatte. »Sie meinte, das fehlende Collier könnte der Tropfen sein, der das Fass einer eh schon strapazierten Beziehung zum Überlaufen bringen könne. Zitat Ende.«
»Welche Strapazen? Zwischen uns ist alles in Ordnung.«
Meine Lüge nahm an Fahrt auf.
Ich mochte den Mann zwar, aber ich hatte nicht vor, ihn die Oberhand gewinnen zu lassen. Ich atmete durch die Nase ein und hielt die Luft dreimal so lange an wie üblich, weil ich mich an ein Gefühl zu verlieren drohte, das schlimmer war als Wut. Ich ließ mich durch das Rätsel von Mann und Frau ablenken und vielleicht auch durch das von jenem Mann und jener Frau, die sich für sie ausgaben.
»Sie kennen doch die Frauen, Mr. Tyler«, sagte ich. »Die werden doch in den unmöglichsten Augenblicken nervös. Vielleicht macht sie sich Sorgen, Sie würden sie vor die Tür setzen, weil sie so etwas Wertvolles verloren hat …«
»Niemals.«
»Vielleicht«, vermutete ich, »vielleicht weiß sie, was mit dem Collier passiert ist, und hat Angst vor den Folgen, wenn Sie es herausfinden.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Vielleicht gibt es einen Liebhaber.«
»Nein. Nein. Niemals.« Er setzte sich wieder. »Und selbst wenn, könnte sie immer noch zu mir zurück.«
Ich sah ihn skeptisch an.
»Sie verstehen das nicht, Mr. McGill. Chrystal ist mein Leben. Ohne sie wäre ich verloren.«
»Das kann gut sein«, räumte ich ein, »aber Leben und Liebe sind häufig viel komplizierter, als es den Anschein hat.«
»Wovon reden Sie?«
»Die Menschen reagieren häufig auf Ängste, die sich in ihrem Kopf abspielen, nicht in der wirklichen Welt um sie herum. Sie reagieren, wie sie es in dem Elternhaus gesehen haben, in dem sie aufgewachsen sind, vielleicht aber auch … missbraucht.«
»Chrystal hat eine ganz normale Kindheit verbracht«, widersprach Tyler. »An ihr ist nichts falsch.«
»Das wollte ich damit auch nicht andeuten«, erklärte ich. »Aber vielleicht hegt sie Schuldgefühle und hat dies nun auf Sie projiziert.«
»Das ist lächerlich. Ich liebe sie«, widersprach er, und fast glaubte ich ihm. »Ich würde nie etwas tun, was ihr Schmerzen bereiten würde.«
»Das mag schon sein«, zitierte ich eine Phrase, die mein Vater bei meiner radikalen Erziehung immer und immer wieder benutzt hatte. »Diese Frau ist jedenfalls zu mir gekommen und hat mir gesagt, was ich Ihnen weitergegeben habe.«
»Wo ist sie?«, wollte er wissen. »Ich muss mit ihr persönlich sprechen.«
»Sie sagte, Sie würden wohl danach fragen. Sie meinte, Sie würden mir Geld anbieten, damit ich ihren Aufenthaltsort preisgebe, deshalb hat sie mir nicht verraten, wo sie sich aufhält oder wie man sie erreicht. Sie sagte, sie würde mich anrufen und nachfragen, was ich herausgefunden hätte.«
»Wie sollte sie darauf kommen, dass Sie mit mir reden, wo sie Sie doch nur engagiert hat, um nach dem Collier zu suchen?«, fragte Tyler. Er war vielleicht ein Schwächling, aber er war nicht dumm.
»Sie befürchtete, ich würde zu Ihnen gehen und einen höheren Preis herausschlagen. Sie meinte, ihren Aufenthaltsort geheim zu halten, würde meine … Redlichkeit stärken.«
»Aber Sie könnten sie doch für mich finden«, beharrte er.
»Möglich. Aber das werde ich nicht tun.«
»Und warum sind Sie dann hier? Warum tun Sie nicht, wofür sie Sie bezahlt?«
»Ich glaube, sie hat mich engagiert, um ihre Ehe zu retten«, erklärte
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