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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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fettere der beiden Kerle.
    Ich grinste breit.

14
    Übermut war der Tod der Katze, des Hundes, des Löwen im Sprung und der Achsenmächte. Soll heißen, wenn sich einem zwei Männer in den Weg stellen, die genug Kraft haben, aufrecht zu stehen, dann muss man schnell und mit einiger Sicherheit agieren.
    Ich ging einen Schritt auf sie zu und streckte ihnen meine rechte Hand entgegen, als würde ich erwarten, dass jemand sie schüttelte. Die Geste sollte bedeuten, wir seien doch alle Brüder hier in diesem Rattennest hinter den verdreckten Backsteingebäuden. Der Kleinere der beiden war zwölf Zentimeter größer und achtzehn Kilo schwerer als ich. Damit wog er deutlich mehr als neunzig Kilo. Nicht nur Fett, wie ich sehen konnte. Als ich nahe genug war, versuchte er, mich mit steifen Armen abzudrängen. Ich ging in die Knie und verpasste ihm einen linken Haken in den Magen, der ihn wimmern ließ. Sofort donnerte ich Shortys Jumbo-Partner eine rechte Faust ans Kinn. Er wäre zu Boden gegangen, wenn ich nicht mit sechs, sieben Hieben nachgesetzt hätte, die ihn außer Gefecht setzten, aber auf den Beinen hielten. Dann wandte ich mich wieder dem Wimmerbubi zu und verpasste ihm eine lange Rechte.
    Das war ein Fehler.
    Manchmal vergesse ich, dass man sich auf der Straße nicht an die Regeln der Boxkunst halten muss. Der zweite Mann stand auf und drückte mir gegen die Schultern, ich geriet aus dem Gleichgewicht und fiel zu Boden. Trotz seiner ein, zwei gebrochenen Rippen versuchte der Kerl, mir gegen den Kopf zu treten. Ich rollte über die linke Schulter ab, schnappte mir seinen Knöchel und zog. Im Fallen schrie er erneut auf. Ich setzte mich auf den Liegenden und ließ die Fäuste auf alles regnen, was Fleisch war. Ich setzte ein halbes Dutzend Punches und kam gerade noch rechtzeitig auf die Füße, um Jumbos Faust zu entgehen, die auf meinen Kopf zielte. Die Tatsache, dass er noch immer bei Bewusstsein war, bewies, dass er ein guter Lehrling der Boxkunst gewesen wäre. Doch er war roh, untrainiert.
    Wir droschen wohl neunzig Sekunden aufeinander ein, ich landete Treffer, er nicht. Als es vorbei war, hatte er ein paar Zähne verloren, sich die rechte Hand an der Ziegelwand gebrochen, und Blut floss ihm aus drei Platzwunden im Gesicht.
    Ich tat einen Schritt zurück und bedeutete den beiden Männern, wenn sie mehr wollten, würde ich ihnen gern auftischen. Der Größere hockte auf einem Knie, Shorty lag auf der Seite und fragte sich, wie er richtig Luft holen sollte.
    Sie schafften es schließlich, auf die Füße zu kommen und davonzustolpern.
    Zu meiner Überraschung war Tally nicht abgehauen. Er hatte beim Kampf nicht geholfen, stand aber vor der Hütte und hielt in jeder Hand einen faustgroßen Stein.
    »Wollten Sie warten, bis ich sie weich geklopft habe?«, fragte ich den verängstigten jungen Mann.
    Ein Schaudern durchfuhr ihn von den Schultern bis in die Hände. Er bleckte die Zähne, was alles hätte bedeuten können, ein Grinsen oder die ersten Anzeichen eines Herzinfarktes.
    »Sollen wir reingehen?«, bot ich ihm an.
    Er schaute ihn die Richtung, in der die Angreifer verschwunden waren.
    »Die brauchen medizinische Hilfe, bevor sie wieder hier auftauchen«, beruhigte ich ihn. »Glauben Sie, die schicken uns ihre Freunde?«
    Tally schüttelte den Kopf und sah mich aus seinen ungesunden Augen an.
    Er ließ die Steine fallen und sagte: »Sie wissen zu kämpfen.«
    »Kann man in Hintergassen und Knastzellen gut gebrauchen.«
    Tally zog einen Schlüssel aus der Tasche und drehte sich zum Eingang um. Er trat durch die grob gehauene Tür in den Verschlag, der wohl mal eine Baubude gewesen war.
    Es handelte sich um einen mittelgroßen Raum ohne Fenster, mit einer Pritsche an der einen und einer langen Planke als Tisch an der anderen Wand. Auf dem Boden lagen Klamotten und Comichefte herum. An den Wänden klebten blau linierte Notizblätter mit Gesichtern darauf. Ein großes angeborenes Können mit wenig Ehrgeiz, es weiter zu bringen. Die Kritzeleien eines talentierten, aber hyperaktiven Verstandes, zu dem die Lehrer niemals durchgedrungen waren – wenn sie es denn überhaupt versucht hatten.
    Es gab kein Bad, soweit ich sehen konnte, aber ein verchromtes Spülbecken voller dreckiger Teller. Das Heim eines armen, ungebildeten Mannes, versehen mit allen Anzeichen der Armut à la 21. Jahrhundert. Auf dem Tisch standen zwischen leeren Pizzakartons, Avengers -Comicheften und einem Haufen linierter Blätter, die bekritzelt

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