Bis dass der Tod uns scheidet
kann, werde ich Sie anrufen, versprochen.«
Er blieb noch einige Sekunden sitzen und stand dann langsam auf.
»Warten Sie nicht zu lange«, mahnte er. »Tyler muss nur lauter werden, dann werden Sie in einem Loch verschwinden, aus dem Sie selbst Alphonse Rinaldo nicht herausbuddeln kann.«
25
Als der gute Lieutenant ging, zog ich die unterste Schublade meines Schreibtischs auf und fummelte an den Schaltern herum, bis die vier Monitore darin mir zeigten, wie er den Gang entlangging und Mardis Büro durchquerte. Ich musste ihn nicht beobachten. Kitteridge war hoch anständig. Er würde keine illegale Durchsuchung durchführen, keine Wanzen installieren. Wenn er mich schnappte, dann kraft seiner Polizeiarbeit, nicht mit den krummen Mitteln von Leuten wie mir.
Iran sprang auf, als der Cop das Vorzimmer betrat. Das gefiel mir. Der Bursche wusste, wie man sich benahm. Mardi lächelte freundlich und nickte zu irgendeiner Schmeichelei, die Kitteridge von sich gab.
Als er draußen war, schloss ich die Schublade.
Die Worte »Alphonse Rinaldo« hallten im Raum wider, so als würde Kitteridge sie immer und immer wieder sagen. Rinaldo war der einflussreichste Mann, dem ich je begegnet war. Der selbsternannte Sonderassistent der City of New York hatte viele Male geholfen, wenn ich mich in der dünnen Luft der Milliardäre und hochrangigen Politheinis wiederfand. Doch der Direktor des Zirkus Downtown hatte jeden Kontakt abgebrochen, nachdem ich eine Privatangelegenheit zu gut erledigt hatte. Rinaldos Unterstützung zu verlieren war so, als hätte ich die George Washington Bridge in die Luft gejagt.
Tja.
Ich stand auf, Boxer bis zum Schluss, und nahm denselben Weg, den Kitteridge gerade gegangen war.
»Iran«, sagte ich, und wieder stand er auf. »Es gibt hier acht Kabinen mit Schreibtischen. Such dir einen aus und bleib dort, bis ich zurückkomme oder anrufe.«
Er schob die Unterlippe vor und nickte.
»Wenn Mardi etwas braucht, tu, um was sie dich bittet«, fuhr ich fort. »Und Mardi?«
»Ja, Mr. McGill?«
»Wenn Iran sich einen Computer oder sonst was hinstellen will, gib ihm, was du kannst.«
»Was haben Sie vor, Sir?«, fragte sie.
»Einen Fehler machen, höchstwahrscheinlich.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich tue einem Freund einen Gefallen.«
Corinthia Highgate wohnte in den Slums der Upper East Side. Kein Ghetto, nur ein Block heruntergekommener Stadthäuser mit winzigen Ein-Zimmer-Apartments und nur wenigen funktionierenden Fahrstühlen. Im Norden und Süden, Osten und Westen lagen die schicken Blocks, durch die die Reichen mit teuren Limousinen herumfuhren, während die Bewohner dieser Straße ausgelatschte Turnschuhe trugen und klapprige Einkaufsrollis hinter sich herzogen.
»Hallo?«, fragte sie über die Gegensprechanlage.
»Miss Highgate?«
»Ja?«
»Ich bin’s, Ambrose Thurman.«
»Wer?«
»Ich hatte wegen William Williams angerufen.«
Die Lady brauchte einen Augenblick, um sich zu erinnern.
»Ach«, sagte sie. »O ja. Sie, Sie wollten seine Bücher.«
»Ich wollte sie Ihnen abkaufen«, erinnerte ich sie.
»Ach. Wie viel zahlen Sie denn?«
»Ich möchte sie mir erst mal ansehen, Ma’am.«
»Wer sind Sie noch mal?«
»Bills Stiefneffe.«
»Ach ja.«
Der Summer ertönte, und ich stieg in den dritten Stock hinauf, Apartment 4C, wo mir die Klingel verriet, dass hier C. Highgate wohnte.
»Hallo?«, fragte sie nach meinem Klopfen.
»Ambrose Thurman, Ma’am.«
Falls ein unbelebter Gegenstand so etwas wie zögern konnte, dann Miss Highgates Tür. Erst rührte sie sich überhaupt nicht, dann wackelte, schüttelte, drehte sich der Knauf. Die Tür ging vielleicht sieben Zentimeter weit auf und wurde jäh gestoppt.
»Ach, herrje«, flüsterte Miss Highgate, und die Tür schloss sich wieder.
Dann klapperte es, die Kette schabte an Riegel und Türrahmen. Der Knauf vollführte wieder seinen Tanz. Die Tür öffnete sich langsam, bis schließlich eine kleine weiße Frau mit blaugrauen Haaren zu sehen war, die durch dicke, runde Brillengläser linste, die ihre Augen vergrößerten.
Sie trug ein dunkles Kleid mit weißen Mustern. Was die Muster darstellten, konnte ich wegen des locker gestrickten braunen Schals nicht erkennen, der das Kleid bedeckte.
»Miss Highgate«, sagte ich und lächelte so sehr, wie ein Mann wie ich nur kann.
»Ja.« Das Wort klang so endgültig, als sei ich der Schnitter und als ob sie verstanden habe, dass sie mir nicht länger den Eintritt verwehren
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