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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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hinausgeleiten?«
    Stählerne Kälte beherrschte seinen Blick. Seine Mundwinkel fielen nach unten.
    »Sicherlich nicht.« Er erhob sich so würdevoll, wie er nur konnte, und machte sich tatsächlich selbst die Tür auf.
    Ich sah ihm hinterher, wie er an Iran vorbeischlenderte und zum Ausgang ging.
    Ich hätte wohl darüber nachdenken sollen, wie ich Tyler ein Geständnis abringen oder ihm zumindest eine ordentliche Falle stellen konnte. Stattdessen dachte ich an Mardis Worte: Er stand schon vor der Tür, als Iran und ich hier eintrafen .
    »Ha.«
     
    Ich hatte noch etwas Zeit totzuschlagen, eigentlich den ganzen Tag. Cyril musste eine Weile schmoren und sich vielleicht auch erst mit seinen Verbündeten beraten. Ohne den Milchbubi vor Augen zu haben, war ich mir sicher, dass er den Tod seiner Frauen und von Shawna herbeigeführt hatte. Sein Gelaber von besonderen psychischen Fähigkeiten war nur Blendwerk, um Polizei und Gericht eine Entschuldigung zu liefern, ihn davonkommen zu lassen.
     
    Ich rasierte mich in der kleinen Toilette und putzte mir die Zähne. Auf dem Rückweg fiel mir auf, dass Iran Ohrhörer trug und einen iPod auf dem Tisch liegen hatte.
    »Gute Musik?«, fragte ich.
    Er bekam die Frage nicht mit, bemerkte aber, dass ich neben ihm stehen geblieben war, also zog er die Stöpsel aus den Ohren und fragte: »Was?«
    »Die Musik. Gut?«
    Der junge Mann lächelte und reichte mir die Stöpsel. Ich nahm sie.
    »… Mr. Martins sitzt noch immer in seinem Sessel und liest«, sagte ich mir ins Ohr. »Genau wie vor einer Stunde …«
    »Mardi hat Ihre Diktaphonnotizen auf den iPod geladen, damit man leicht an alle Fälle kommt«, erklärte Iran. »Sie hat gesagt, ich solle mir ein paar davon anhören, für den Fall, dass ich mir überlege, hier einen Job anzunehmen.«
    »Und, was denkst du?«
    »Ich denke, wenn ich mich zu Tode langweilen will, kann ich auch in den Knast zurück.«
     
    Auf dem Weg hinaus blieb ich noch an Mardis Schreibtisch stehen.
    »Ich wusste nicht, dass du meine Bänder auf MP3 umformatierst.«
    »Soll ich nicht?«
    »Glaubst du, Iran würde einen guten Detektiv abgeben?«
    »Ich gehe nicht mit ihm aus«, beruhigte sie mich. »Keine Sorge.«
    Wie machte sie das nur?
     
    Ich ging zur PATH-Station 33rd Street und nahm den Zug nach Hoboken. Chalker Road lag nur neun Blocks vom Ausgang entfernt. Haus Nummer 243 lag noch etwa fünf Blocks weiter.
    Ich hätte erst anrufen sollen, doch aus irgendeinem Grund wollte ich das Überraschungsmoment ausnutzen.
    Es handelte sich um ein Haus im Ranch-Stil, dunkelblau und hellrot, kleiner, aber Cyrils Bleibe nicht unähnlich. Es gab zwei betonierte Wege, einer führte direkt über den ungepflegten Rasen zum Eingang, der andere an einer Grenzhecke rechts vorbei hinter das Haus.
    Ich drückte auf den perlmuttartigen, viereckigen Knopf und wartete geduldig. Nach einer Weile wurde geöffnet, und hinter der Fliegengittertür tauchte eine junge Frau Anfang dreißig in einem schnittigen Rollstuhl neuester Bauart auf.
    »Ja bitte?«
    »Leonid McGill«, stellte ich mich vor. »Ich hatte wegen Mr. Williams angerufen.«
    »Ach ja«, sagte sie fröhlich. »Kommen Sie rein. Kommen Sie rein.«
    Sie bewegte den Rollstuhl mit großer Geschicklichkeit aus dem Weg, und ich zog die Fliegentür auf.
    Der Flur wäre breiter gewesen, wenn nicht zu beiden Seiten Bücherregale gestanden hätten. Die unteren Ablagen waren voller Bücher, Nippes und Papiere, die oberen fast leer.
    Das verriet mir, dass Fawn David allein lebte, dies aber nicht immer der Fall gewesen war.
    Sie führte mich den Flur entlang und durch ein streng wirkendes Wohnzimmer in einen Wintergarten. Die mehrreihigen Metallregale zu allen Seiten waren mit allem möglichen Grünzeug besetzt. Hier und da gab es kleine Blumen, winzige grüne Tomaten und alle möglichen Ranken. Zwei Katzen, eine weiß, die andere mehrfarbig, beäugten mich aus dem unteren Gestrüpp heraus.
    »Setzen Sie sich, Mr. McGill«, sagte Fawn und deutete auf einen Platz.
    Neben einem violetten Eisentisch stand ein kleiner weiß gestrichener gusseiserner Stuhl. Ich setzte mich, bequem abgepolstert von nur wenig Fett und jeder Menge Muskeln. Fawns herzförmiges Gesicht war weiß wie Porzellan und wirkte doch so sanft, dass ich mich zurückhalten musste, nicht die Hände auszustrecken und es zu berühren.
    Fawn lächelte, und ich spürte, wie mein Herz gepackt wurde. Das verwirrte mich, aber, so ermahnte ich mich, ich war ja nicht zur

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